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„DIE ÜBERSINNLICHEN – EXTRA“ und der Kongress: Cashback Aktion

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Vielleicht haben Sie schon unseren erfolgreichen Dokumentarfilm „DIE ÜBERSINNLICHEN“ gesehen. Aber kennen Sie auch „DIE ÜBERSINNLICHEN – EXTRA“? Diese DVD beinhaltet 90 Minuten weitere Interviews mit Protagonisten des Films, ist also eine ideale Ergänzung zum Hauptfilm.

Der besondere Clou: In der DVD befindet sich ein „Cashback“-Gutschein: Jeder, der für den Kongress am 25. und 26. März in Taufkirchen bei München Kongresstickets kauft oder gekauft hat und den Gutschein mitbringt, bekommt von uns 10 Euro zurück (nicht mit anderen Rabatten kombinierbar). Damit erhalten Sie als Kongress-Besucher die EXTRA-DVD quasi zum Sonderpreis von nur 4,90 Euro!

 

Infos zum Film:

DIE ÜBERSINNLICHEN – EXTRA
Weiteres Wissen aus der Welt der Medialität

Während der Dreharbeiten zum erfolgreichen Dokumentarfilm „DIE ÜBERSINNLICHEN“ entstanden weitere inspirierende Interviews mit bedeutenden Experten und Medien. Diese DVD beinhaltet 90 Minuten neue Ausschnitte, berührende Geschichten und Hintergrundwissen über das Potenzial, das wir alle in uns haben – plus das ausführliche Interview mit dem weltweit bekanntesten Jenseitsmedium: James van Praagh.

Mit: Varda Hasselmann, Lynne McTaggart, Helmut Lind, Hartmut Lohmann, Jana Haas, Pascal Voggenhuber, Horst Krohne, Andy Schwab und James van Praagh
Regie, Moderation: Thomas Schmelzer
Kamera: Christian Berges
Produktion: MYSTICA GmbH
Dauer: 92 Minuten
Preis: 14,90 €

Hier können Sie den Film bestellen (Gutschein liegt in jeder DVD)

 

Infos zum Kongress:

Hier finden Sie alle Infos zu den Filmen und zum Kongress:

Dieser Artikel „DIE ÜBERSINNLICHEN – EXTRA“ und der Kongress: Cashback Aktion ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.


Lebst Du erfüllt an Deinem Seelenort? – Anna Roth

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Anna Roth DelphiKraftorte sind besondere Plätze, und davon gibt es so einige. Doch wussten Sie, dass jeder Mensch seine eigenen Kraftorte hat, zu denen er sich individuell hingezogen fühlt? Wie wir diese Orte finden, erzählt die „Seelenort-Finderin“ und Astrologie-Expertin Anna Roth. Sie selbst fand in Griechenland ihren persönlichen Kraftort, der das Ausleben ihrer Lebensaufgabe ermöglichte.

von Anna Roth

 

Homo sapiens konnte noch nicht schreiben, aber sicherlich war er von dem Sternenzelt genauso beeindruckt wie wir. Mann und Frau tappten durch die Wildnis und folgten dem Mond oder versteckten sich vor ihm, vor allem wenn Wölfe und allerlei Ungetier heulten. Womöglich nutzten unsere Vorfahren die Helligkeit des leuchtenden Kreises um auf Jagd zu gehen oder einen neuen Lebensort zu suchen.

Seit alters her wanderten Menschen von Ort zu Ort, um den richtigen Platz für Ackerbau,  Nahrung und gutes Klima zu finden. So haben sie sich niedergelassen, weil sie erkannt hatten, daß der Mondzyklus sie bei ihrem Ackeranbau unterstützen wird und daß es fruchtbaren Boden an bestimmten Orten gibt. Aus Nomaden wurden Ortsansässige.

Auch die heutigen digitalen Nomaden haben einen Ort, an dem sie sich besonders wohl fühlen und der als fruchtbar gilt in dem Sinne, daß sie am richtigen Ort die richtigen Menschen treffen und daß  er förderlich für ihr Vorhaben ist. An Kraftplätzen wie zum Beispiel Delphi, der Pyramide von Gizeh, Stonehenge, in Mexiko und Peru wurden in antiken Zeiten Götter verehrt und Opfer dargebracht. Heute pilgern Millionen von Menschen zu Kultstätten aus vergangenen Zeiten, da diese mit Informationen aus der Geschichte aufgeladen sind und eine Art Magie versprühen.

Menschen wünschen sich an einem Platz zu leben, der ihnen Kraft gibt und förderlich für ihre Beziehungen, ihr Business und ihr Wohlbefinden ist. Der Mensch ist in ständiger Verbindung mit seiner Umgebung. Nicht nur Mensch und Tier, sondern auch die Natur, die Häuser, Nachbarschaft und die Atmosphäre bilden eine bestimmte Resonanz.

 

Die Seele dürstet nach einem Ort, wo sie sich wohl fühlt, der ihr Geborgenheit, Ruhe, Stille und Energie vermittelt.

Anna Roth LupinienDie Erde selbst hat viele solcher Seelen- oder Kraftorte. Leylines, sogenannte Landmarken oder „Heilige Linien“ sind Kraftlinien der Erde. Sie sind überall auf dem Planeten zu finden. Diese Erdlinien wurden größtenteils vom Christentum in Beschlag genommen und mit Kirchen besetzt. Man findet sie vor allem dort, wo große Kathedralen stehen: Aachen, Köln, Ulm, Chartres und an weiteren Plätzen. Davor waren es Orte, wo vorwiegend Frauen zum Beispiel meditierten, sangen und Rituale durchführten, die heidnischer oder heilender Natur waren. Auch Pilgerstraßen wie die berühmte Straße nach Santiago de Compostela sind Wege, die bis heute durch die Geschichte und das Bewandern der Menschen an Bedeutung gewonnen haben.
Natürlich bietet die Natur immer wieder hoch aufgeladene energetische Plätze: Wälder, Berge, Alpen, Seen und Flüsse.

 

Alles ist Zahl“, sagte der griechische Philosoph und Mathematiker Pythagoras (582-500 v. Chr.). Er vermutete auch, daß eine Sphärenmusik entsteht, wenn sich die Himmelskörper auf ihren Bahnen bewegen. Diese Töne seien für die Menschen nicht hörbar. Im Universum, und natürlich auch bei uns Individuen, sind die Körperproportionen und Zellengrößen meßbar. Im Großen wie im Kleinen, so wie Oben so Unten, das sind kosmische Gesetze des Hermes Trismegistos und wissenschaftlich nachweisbar.

Die Erde wird in Längen- und Breitengrade eingeteilt. Der Nullpunkt befindet sich in England bei Greenwich, wohl aufgrund des besten Observatoriums. Verschwörungstheorien zufolge wurde dort der Nullpunkt festgelegt, um das Machtzentrum zu sichern. Auch unsere Geburtsdaten haben eine bestimmte Bedeutung. So wie in der Kabbalistischen Zahlenmythologie die Quersumme des Geburtstages als Hauptzahl dient, so geben uns heute in der Astrologie die vollständigen Geburtsdaten mit Zeit, Ort und Datum Auskunft über unser Potenzial und über unseren Seelenplan in diesem Leben.

Ob man nun an ein Leben vor und nach dem Tod glaubt oder nicht, lassen sich doch erstaunliche Merkmale in einem Horoskop ablesen: Das eigene Talent und die Lebensaufgabe, die Kommunikations- und Beziehungsausrichtung, auch der Lebensort und Familienverhältnisse.
Die Betrachtung der Sterne reicht in die Uranfänge menschlicher Geschichte zurück. Die Babylonier fingen an, aus ihrer Beobachtung einen Sternglauben zu entwickeln und aufzuzeichnen. Sie gaben ihr Wissen an die Sumerer weiter, welche Babylonien eroberten. Die Sumerer bildeten einen kultivierten Staat mit Literatur und Kunst, und sie erfanden die Keilschrift. Mindesten 4000 Keilschrifttafeln, die aus dem 6. und 7. Jahrhundert stammen, wurden in Ninive (im heutigen Irak) gefunden. Diese 72 Bücher trugen den Titel „Beobachtungen des Bel“. Die Verfasser dieser astrologischen babylonischen Werke gehörten einer hohen Priesterkaste an. War das Horoskop zu Zeiten des Astronomen und Mathematikers Ptolemäus (ca. 100-180 n. Chr) noch in 4 Häuser eingeteilt, so wurde es im Laufe der Jahrhunderte auf 12 Häuser erweitert. Der Mathematiker, Astronom und astrologische Berater Wallensteins, Johannes Kepler (15711630) hat mit seinen jahrzehntelangen naturwissenschaftlichen Berechnungen und in der Zusammenarbeit mit Tycho Brahe dazu beigtragen, daß wir die Planetenstände noch genauer berechnen können. Zu diesem Zeitpunkt wurde das heliozentrische Weltbild vor allem von der Kirche abgelehnt; Nicht die Sonne, sondern die Erde sollte der Mittelpunkt des Universums sein, um die Herrschaft des Christentums zu gewährleisten. Wer dem entgegenstand, wurde der Ketzerei angeklagt und landete auf dem Scheiterhaufen. Heutzutage ist die Astrologie weit entwickelt und kann individuell gedeutet werden. Es gibt viele Anschauungs- und Interpretationsmöglichkeiten.

Anna Roth Astrokreis

Glücklicherweise dürfen wir Anfang des dritten Jahrtausends einen Bewusstseinssprung miterleben, der uns ermöglicht, unsere eigenen Grenzen und Stärken zu erkennen. Dank des Internets können wir auf eine fast uneingeschränkte Kommunikation zugreifen. Wir leben in einem Zeitalter,  indem wir erkannt haben, daß wir selbstverantwortlich unser Schicksal in die Hand nehmen können. Dies ermöglicht uns, unseren Lebensplan nach unseren Vorstellungen zu gestalten. Der Wunsch, sich aus Verstrickungen der Vergangenheit zu lösen und das eigene Potenzial freizulegen, wird immer größer. Damit dienen wir nicht nur uns, sondern der ganzen Menschheit.
Das digitale Zeitalter bringt eine globale Bewegung mit sich und damit auch den Wunsch, am richtigen Ort zu leben. Durch viele Reisen und ortsunabhängige Gruppierungen bilden sich neue Energien an bestimmten Orten. Ibiza zum Beispiel ist bekannt für Parties, aber auch Seminare. Thailand ist ein beliebter Ort für Esoteriker, genauso Bali für Retreats. Neuseeland ist ein beliebter Auswanderungsort, Hawaii empfohlen für alle Selbstentdecker und diejenigen, die sich mit Mutter Erde und deren Magie noch mehr verbinden möchten.

 

Anna Roth Neuseeland

Warum fühlt man sich an einem Ort wohler als an einem anderen?

Meistens wissen wir Menschen, welche Orte gut für uns sind: Es sind diejenigen, von denen wir schwärmen und die wir gerne besuchen wollen.
Ein förderlicher Lebensort kann astrologisch berechnet werden. Man verbindet die Geburtsdaten mit den Erdkoordinaten und erhält so eine einzigartige Analyse, welche Länder für einen unterstützend sind und welche nicht. Unsere Geburtsdaten ergeben mit der Erde eine einzigartige Kombination. Man kann sich das so wie einen Biorhythmus vorstellen: Sonne, Mond und weitere Planetenlinien verlaufen über den Erdball. Jupiterlinien sind besonders förderlich. Da wo sie mit anderen Linien harmonieren, kann der Lebensort besonders empfehlenswert sein.

Familäre Umstände und Erlebnisse in der Kindheit spielen immer eine Rolle. Ich behaupte, die Lebensaufgabe hat etwas mit dem Seelenort zu tun; denn dort wirkt man. Wie man wirkt und ob man glücklich ist, entscheidet, ob man seinen Seelenplan lebt. Man wird auf diesen ja meist durch einen unglücklichen Zustand oder eine Krankheit hingewiesen, oder durch den Wunsch, seinem Leben mehr Sinn zu geben. Manchmal liegt es auch am Wetter, daß man auswandern und sich ein neuen Ort suchen möchte, wenn auch nur für ein paar Monate. Es gibt mehrere Orte auf der Welt, die gut für uns sind.

Vielleicht hat man auch schon alles abgelebt und der Ort ist tatsächlich nicht mehr inspirierend.
Dabei spielt das eigene Naturell eine Rolle. Ist man ein „Homie“, wie ich es nenne, also ein Mensch, der ein festes Zuhause braucht, weil er sich dort oft und gerne aufhält, dort sogar arbeitet? Oder ist man eher der digitale Nomade, der sich fast überall heimisch fühlt? Manche Orte sind ungeeignet, um eine Beziehung aufzubauen, vor allem dann, wenn man sich selbst nicht wohlfühlt.

Es liegt nicht nur am Beruf oder an der Beziehung, wenn Menschen eine Heimatlosigkeit in sich spüren. Viele Menschen, deren Eltern vertrieben wurden, fühlen eine Nichtverwurzelung in sich.
Der richtige Seelenort hat mit der Berufung zu tun. Geistig rege Menschen brauchen zumindest das Internet, wenn sie an einsameren Orten leben. Vortragende lieben Städte, oder eine gute Vernetzung. Plätze, zu denen wir ein gutes Gefühl haben, weil wir dort positive Erlebnisse hatten, ermöglichen es uns vielmehr, unsere Erfolgs- und Wohlfühlzone auszudehnen.

 

Der Seelenort verbindet Dich mit Deiner Seele. Er inspiriert Dich.

Erfahrungen aus früheren Leben und Kindheitserlebnisse, oder sogar solche im Mutterleib, können dazu führen, daß wir mit bestimmten Orten ungute oder freudige Gefühle verbinden. Rebirth-Techniken können Angstgefühle erklären und auflösen.
Man kann seine Kraftplätze selbst bauen und gestalten. Der Seelenort hat viele Facetten: Meist ist er inspirierend und herzöffnend, und man kann sich gut entspannen. Ein Hausaltar z.B. kann ein Seelenort sein. Für Kinder kann der Seelenort der Spielplatz sein. Für Jogger der Wald.
Durch das Stadtleben und die Computerisierung haben viele Menschen ihre Erdung verloren. Die Aura wird durchlässiger und verletzlicher, und diese Nichtverwurzelung kann auch zu einem Gefühl der Heimatlosigkeit und Verlorenheit führen.
Eine Erdung stellt man am Besten durch Meditation her, oder durch Verbindung mit der Natur, barfuß laufen, auch mal im Winter. Fernweh lässt sich durch Astralreisen mildern, durch das innere Reisen an Kraftplätze tankt man wieder Energie auf.
Wenn man seinem „Ruf“ folgen will, treibt es einem meist zu neuen Ufern und Orten. In diesem Falle sollte man sich auf den Weg machen. Jeder hat seinen Lebensweg. Unsere Seele kennt den Seelenplan. Wir können ihn abrufen, wenn wir auf unser Herz und auf unsere Intuition hören.
Das Unterbewusstsein mag andere Wege gehen wollen. Es hat aus vorherigen und aus diesem Leben manche Dinge gelernt, wie „das darfst Du nicht“ oder „das kannst Du nicht“. Wenn wir ihm jedoch beibringen, daß es viel besser ist, ausgetretene Pfade zu verlassen und einen neuen Weg einzuschlagen, der uns glückverheißende Abenteuer verspricht, die man Leben nennt, ist schon vieles gewonnen. Dann geschehen die Wunder, und die Vorsehung, so wie Goethe es beschrieben hat, tritt ein und unterstützt einen. Zur Vorsehung kann man auch Universum sagen, dafür gibt es viele Worte.

„In dem Augenblick, in dem man sich endgültig einer Aufgabe verschreibt,  bewegt sich die Vorsehung auch.   Alle möglichen Dinge, die sonst nie geschehen wären, geschehen, um einen  zu helfen.    Ein ganzer Strom von Ereignissen wird in Gang gesetzt durch die Entscheidung und  sorgt zu den eigenen Gunsten für zahlreiche unvorhergesehene Zufälle, Begegnungen  und materielle Hilfen, die sich kein Mensch vorher je so erträumt haben könnte.    Was immer du kannst, oder dir vorstellst, dass du es kannst, beginne es. Kühnheit trägt Genius, Macht und Magie. Beginne jetzt.“   (Johann Wolfgang von Goethe)  

 

Über Anna Roth:

Die Seelenort-Finderin, AstrocCoach, Personal Development Coach und Bloggerin für Huffington Post US liebt das Meer und lebt in Griechenland. Ihre Leidenschaft ist Astrologie und damit unterstützt sie Menschen gerne, den gewünschten Seelenort und die Berufung zu finden; denn der richtige Lebensort ist förderlich für das Business, die Beziehungen und das Wohlbefinden.
www.annaroth-coaching.com

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Elise Energie: Eine neue energetische Heilmethode – Monika Herz

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© Mr. Nico / photocase.de

Reiki ist eine seit Jahrzehnten beliebte Methode des sanften Heilens durch Handauflegen. Wäre es denkbar, dass es andere, ebenso wirksame Energieformen gibt? Und wenn ja, wie kann es gelingen, diese „anzuzapfen“. Elise ist eine relativ junge Entdeckung des Mediums Nama’Him, die sich derzeit mittels eines Systems von Einweihungen und Behandlungen ausbreitet. Nach Ansicht ihrer Anwender handelt es sich um eine Energieform, zu der wir alle vorgeburtlich Zugang hatten und die wir nun bewusst regenerieren können – zum Segen für unsere Gesundheit und spirituelle Entwicklung. Wer liest, was Monika Herz in ihrem neuen Buch beschreibt, wird vielleicht neugierig werden; noch mehr überzeugt Elise-Energie aber, wenn man sie erlebt hat.

von Monika Herz

 

Wer die Elise-Energie noch nicht kennengelernt hat, wird vielleicht – so wie ich – als ersten Eindruck nur den schönen Namen wahrnehmen: Elise. Und wer kennt nicht das weltberühmte Klavierstück „Für Elise“, das Ludwig van Beethoven komponiert hat, als er bereits taub war und sein eigenes Werk nicht mehr mit eigenen Ohren hören konnte? Von der Elise-Energie erfuhr ich zum ersten Mal im Mai 2014 über eine E-Mail. Die Ankündigung einer „Elise-Fernbehandlung“ sprang mir sofort ins Auge. Ich wurde neugierig und entschloss mich spontan, es auszuprobieren. Zur vereinbarten Zeit legte ich mich hin und harrte der Dinge, die da kommen sollten.

So lag ich also an jenem Abend, als ich mit der Elise-Energie verabredet war, auf meinem Bett, entspannt und ein bisschen neugierig und wartete. Pünktlich zur vereinbarten Zeit wurde mein gesamtes System, Körper und Geist, geflutet von einem unbeschreiblichen Wohlgefühl. Leise, sanft, prickelnd, erfrischend und kraftvoll. „Wow, was ist das denn?“, dachte ich noch, bevor ich mich ganz dem Genuss der Fernbehandlung hingab.

Ich recherchierte tagelang und erforschte die mir bislang nicht so recht geheure Welt der Medien und Channelings, der Lichtarbeiter und Wesen aus der geistigen Welt. Die Elise-Energie, so erfuhr ich, sei eine gechannelte Energie. Ich hatte früher gelegentlich schon Channelings gehört und gelesen, besonders im Vorfeld des 21. Dezember 2012, konnte aber nicht besonders viel damit anfangen. Manche dieser Channelings fand ich inspirierend, die meisten aber irgendwie banal. Die Elise-Energie aber war keineswegs etwas Banales. Sie fühlte sich ausgesprochen gut an und ich hatte mir meine Empfindungen definitiv nicht eingebildet.

 

Liebe als kosmische Energie

Die Elise-Energie wurde im Jahr 2007 erstmals von dem Medium Nama‘Him gechannelt und dann nach und nach für uns zugänglich gemacht. Als Heilmethode ist Elise also noch recht jung und es wird bestimmt noch ein paar Jahre dauern, bis sie sich etabliert hat. Die Elise-Energie an sich ist jedoch nichts Neues, sondern in der Traditionellen Chinesischen Medizin unter dem Namen „Qi des früheren Himmels“ wohl bekannt. Neu ist jedoch, dass wir diese spezielle Art von Energie jetzt wieder auftanken können, was vorher nicht möglich war.

In der Philosophie, genauer gesagt in der Religionsphilosophie, gibt es die wunderschöne These des Pierre Teilhard de Chardin (1881–1955) von der Liebe als kosmische Energie. Seine Beschreibung von Energie passt aus meiner Sicht sehr gut mit der Elise-Energie zusammen.Teilhard ging davon aus, dass die Lebenskraft, die „Liebe als kosmische Energie“, der eigentliche Impulsgeber für die evolutionäre Entwicklung sei. Da der Kosmos im Großen und der Mensch im Kleinen auf ein Ziel zustrebe, nämlich auf Verwirklichung in der Vereinigung, meinte Teilhard, dass es eine Energie geben müsse, die die Bewegung auf so ein Ziel hin überhaupt erst möglich macht. Nur die Liebe (des Schöpfergottes) könne dieser Kraft innewohnen und er glaubte, diese Liebe überall zu entdecken, in jeder Blume, jedem Tier und jedem Menschen.

Wenn wir auf die Welt kommen, verfügen wir über einen Vorrat an Energie auf der einen Seite: die Elise-Energie, den ersten Schatz, unser Potenzial. Auf der anderen Seite gibt es das Qi, das unserem Leben durch Nahrung, Atmung, Bewegung etc. von der Welt hinzugefügt wird, den zweiten Schatz. Wenn wir mit dem zweiten Schatz unvernünftig umgehen, greift unser System auf den ersten Schatz zurück und nimmt sich davon, um das System zu erhalten. Das bedeutet, dass sich bei unangemessener Lebensführung beide Schätze schneller erschöpfen und wir womöglich sterben, ohne unsere Potenziale verwirklicht zu haben. Die Elise-Energie kann man sich vorstellen wie ein Elixier, in dem wir alle gebadet haben, bevor wir auf die Welt kamen. Das mag ein Grund sein, weshalb sich viele Menschen spontan mit der Elise-Energie vertraut fühlen: Weil wir diese Energie bereits kennen!

 

Ein zweites Reiki?

Für diejenigen, die Reiki bereits kennen, wirken das Wissen über Reiki und die Erfahrungen damit wie eine Brücke zu Elise. Das ursprünglich aus Japan stammende Reiki ist eine populäre Form des Handauflegens, mit der heilsame Energie auf sich selbst oder andere übertragen wird. Die Elise-Energie fühlt sich anders an als Reiki-Energie. Das hat bisher jeder bestätigt, der Erfahrungen mit diesen beiden Arten von Qi gemacht hat. Die Elise-Energie fühlt sich „dichter“ an, irgendwie erdiger. Sie wirkt noch tiefer in die körperliche Ebene hinein als Reiki.

Beide Energieformen wirken über unser feinstoffliches Energiesystem auf unser gesamtes menschliches Dasein. Sowohl Reiki als auch Elise sind heilsam für unseren Körper, unsere Emotionen und unseren Geist. Dadurch wird uns der Zugang zu unserem spirituellen Körper, der auch „Höheres Selbst“ genannt wird, eröffnet. Beide Formen von Qi sind nicht gebunden an eine spezielle Weltanschauung oder Religion. Jeder Mensch hat die Möglichkeit, eine eigene Beziehung zu diesen Energien zu finden.

Beide Heilfrequenzen können sowohl direkt als auch aus der Ferne übertragen werden. Bei Fernbehandlungen kann man nicht nur räumliche Entfernungen überbrücken, sondern die Energie auch in die Vergangenheit oder Zukunft senden.Sowohl Reiki als auch Elise-Energie wird von Menschen übertragen, die als Kanal für diese Energien dienen. Wer Reiki oder Elise weitergeben möchte, benötigt jeweils eine Einweihung. Wer einmal eingeweiht ist, kann die jeweilige Form von Qi ohne Einschränkung weiterleiten – die Energie ist stets verfügbar, immer anwesend und unerschöpflich im Universum vorhanden. Ohne Einweihung jedoch geht es nicht.

 

Schmerzen – ein Schrei nach Energie

Die Elise-Energie gehört zu den Formen des Geistigen Heilens. Dabei werden nicht nur die Selbstheilungskräfte mobilisiert, es beinhaltet auch spirituelle Wachstumschancen, also ein Heilwerden im ganzheitlichen Sinne. Wenn ein Körperteil Schmerzen bereitet, vermittelt eine Heilerin dem Menschen in seiner Ganzheit diejenigen geistigen Kräfte, die ihr zur Verfügung stehen. Gemäß der Auffassung alter chinesischer Meister, Schmerz sei der Schrei des Körpers nach fließendem Qi, sind Krankheiten oder seelische Krisen in der Sichtweise des Geistigen Heilens keine Fehlfunktionen, die es zu beheben gilt, so wie man ein Auto repariert. Manchmal dienen sie dazu, dass wir unser Leben überdenken und uns fragen, ob wir überhaupt auf dem richtigen Weg sind.

Behandlungen sind begleitend bei allen Arten von chronischen Erkrankungen zu empfehlen, vor und nach einer Operation, bei Schmerzen, Erschöpfung, Depressionen, Ängsten und bei allen Übergängen im Leben, von der Geburtshilfe bis zur Sterbebegleitung. Ich habe Menschen mit Depressionen, Erschöpfungszuständen, Rückenschmerzen, Krebserkrankungen, Migräne, Hashimoto, Tinnitus, Zahnschmerzen und natürlich auch bei seelischen Verletzungen mit Elise behandelt, um nur einige Beispiele zu nennen. Bei mir selbst habe ich festgestellt, dass ich seit den Elise-Behandlungen mehr Sport treibe, öfter meditiere und noch besser auf meine Ernährung achte. Meine Talente kommen mehr zum Vorschein und entwickeln sich weiter, obwohl ich schon auf die sechzig zugehe. Mein Vertrauen und die Zuversicht, dass ich auf dem richtigen Weg bin, sind weiter gewachsen. Ich habe mehr Kraft und kann sie gezielter einsetzen.

 

So läuft eine Elise-Behandlung ab

Es gibt grundsätzlich zwei Möglichkeiten, Elise kennenzulernen. Entweder aktiv, indem Sie ein Elise-Seminar inklusive Einweihung absolvieren oder passiv, indem Sie sich von einer Elise-Heilerin behandeln lassen. Nach einer allgemeinen Einführung in die Ethik des Geistigen Heilens geht es bei einem Elise-Seminar um die Grundhaltung einer Heilerin: Was auch immer während oder nach einer Behandlung geschieht, ist nicht ihr Verdienst und auch nicht ihr Versagen. Am besten ist es, eine Behandlung mit der geistigen Haltung von „offener Raum“ zu verbinden. Unter „offener Raum“ verstehe ich: Nicht-Erwarten, Nicht-Müssen und Nicht-Wollen und stattdessen einfach geschehen lassen. Elise setzt die Ursache für eine positive, heilsame Wirkung.

Bei der Einweihung werden Ihre Handflächen und die Fingerspitzen von Zeige- und Mittelfinger gesegnet und für Elise-Behandlungen aktiviert. Wenn Sie die Handfläche am Körper auflegen, fließt die Energie strahlenförmig in alle Richtungen, also eher „rund“, archetypisch weiblich. Dabei können Sie denken: „Elise fließe“. Wenn Sie die beiden Fingerspitzen auflegen, fließt die Energie zielgerichtet wie ein Laserstrahl, also eher archetypisch männlich. Zusätzlich zur Elise-Energie können mit den beiden Fingerspitzen auch intensive Impulse gesetzt werden. Nama‘Him nennt die Technik des fokussierten Bestrahlens mit den Fingerspitzen „MILA-Impuls-Technik“ und empfiehlt, dabei drei- bis fünfmal das Mantra „MILA“ zu rezitieren.

Der Ablauf der Behandlung geschieht in dreizehn Positionen: der Eröffnungsposition und zwölf weiteren Positionen. Jede Position wird für etwa zwei Minuten gehalten. Die eigentliche Behandlungsdauer beträgt also etwa fünfundzwanzig bis dreißig Minuten. Das Herzchakra spielt dabei eine zentrale Rolle, denn es wird bei den meisten Positionen berührt. Neben den Chakren gibt es jeweils sechs Berührungspunkte auf den Meridianlinien, die auf der linken und rechten Körperhälfte identisch sind, also zwölf Berührungspunkte im Meridiansystem.

 

„In ein Fluidum aus Glück eingetaucht“

Wolfram, 51 Jahre, erhielt von mir sechs Elise-Behandlungen. Er hatte sich davon keine Wunder erwartet, doch er beschrieb anschließend eine sehr deutliche Präsenz, die nicht einfach aus ihm selbst oder von mir kommen konnte, sondern gleichsam von anderswo. Als hätte sich ein anders geladenes Energiefeld über sein gewöhnliches gelegt. Dieses „Feld“ würde er nicht als ein Wesen oder einen Engel bezeichnen, jedoch war es ohne Zweifel eine Kraft. Im Gegensatz etwa zur Reiki-Energie empfand er Elise als aktiver und belebender, ähnlich einem Prickeln oder einer leichten Stromzufuhr. Sein Körper schien in ein Fluidum aus Glück eingetaucht zu sein. Er erlebte die Elise-Behandlung nicht als spektakulär, jedoch als durchweg angenehm. In psychischer Hinsicht erleichterte der unmittelbare Einfluss der Elise-Behandlung ihm das Loslassen und die Entspannung. Geborgenheit in Anbetracht einer gutwilligen Präsenz stellte sich ein.

Wir leben in einer extrem schwierigen Zeit und ich glaube, dass es Sinn macht, von ganzem Herzen darauf zu vertrauen, dass uns sogar ohne eigenes Verdienst der Segen von Heilung und Kraft zuteilwerden kann. Wir werden uns jedoch trotz dieses Segens auch noch selbst anstrengen müssen. Wenn wir gesund geworden sind und gut in unserer Kraft stehen, können wir leichter dazu beitragen, unsere persönliche Evolution hin zur Erfahrung der „Liebe als kosmische Energie“ und hin zur Entwicklung und Bewusstwerdung unseres feinstofflichen Körpers zu vollziehen. So können wir dann auch selbst in der Welt heilsam wirken. Letztlich geht es ja nicht nur um uns, sondern um das Überleben unserer kostbaren, ganz besonderen Spezies mit ihrem wunderbaren Potenzial.

von Monika Herz

 

Infos zum Buch:

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Monika Herz: „Die Elise-Energie: Heilen mit himmlischer Kraft. „
Nymphenburger Verlag
Umfang: 128 Seiten
Preis: 12,00 Euro
ISBN-13: 978-3-485-02861-5

Hier können Sie das Buch bestellen

 

 

Über Monika Herz:

Die Heilpraktikerin für Psychotherapie und Heilerin übt vor allem spirituelle Heil- Anwendungen aus. www.heilen-mit-herz.de

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Neue Wege aus der Angst – Martin Wertsch

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Copyright 2017 mystreetview2017 / Photocase, all rights reserved.
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© mystreetview / photocase.de

Was einen nicht umbringt, macht einen stärker, heisst es. Für den heutigen Heiler Martin Wertsch mag dieser Ausspruch einen Lebensabschnitt beschreiben, der ihm ein hohes Maß an Mut und Überwindung abverlangte. Sich aus einem Geflecht von Ängsten erfolgreich zu befreien, ist eine erstaunliche Leistung. Der Autor hat frühe Ängste überwunden und hilft heute denen, die unter solchen leiden.

von Martin Wertsch

 

»Furcht besiegt mehr Menschen als irgendwas anderes auf der Welt.« (Ralph Waldo Emerson)

 

Die Kindheit ist eine magische Phase. Wir tun alles zum ersten Mal. Zähneputzen, sich mit Seife waschen, Risse in Mauern bewundern, in falschen Farben träumen, fliegen können, sich an Wolken festhalten, die Sonne als beste Freundin haben, mit den Sternen reden und mit dem Mond spazieren gehen. In unseren winzigen Körpern bündelt sich die Achtsamkeit wie Sonnenlicht in einer Lupe: Mit pochendem Herzen betrachtete ich den Lampenschirm, der mich anstarrte wie eine große Spinne. Starr vor Angst lauschte ich dem Streit meiner Eltern. Bang hüpfte mein Herz und ich glaubte meine Augen müssten verbrennen, wenn ich noch länger die große schwarze Spinne mit meinen Blicken berührte.

Als Kind hatte ich Angst vor allem: Fremden Menschen, vertrauten Menschen, der offenen Straße, dem brummenden Kühlschrank. Alles war lebendig. Jeder Kieselstein hatte Persönlichkeit, jeder Grashalm sein Eigenleben. Wolken waren Gesichter, Blätter und Äste bewegten sich verdächtig. Wie eine giftige Schlange lag der Gartenschlauch im Gras.

Die Ereignisse überforderten mich. Nach der Scheidung meiner Eltern schloss ich mich lieber in mein Zimmer ein, um alles und jeden auszusperren. Der Umzug mit meiner Mutter in eine andere Stadt; eine neue Schule, lauter Kinder, die ich nicht kannte: Plötzlich war alles anders. Meine Mutter und ich lebten allein und hatten den Kontakt zum Rest der Familie verloren. Ich wurde ein Außenseiter, der ständig unter Ängsten und Neurosen litt.

Meine Mutter war Zeit ihres Lebens immer mit ihren eigenen Problemen beschäftigt, und so hatte sie weder die Möglichkeit noch den Willen, für mich da zu sein. Ich weiß nicht, wo ich heute wäre, oder ob es mich noch gäbe, wenn ich als Kind keine derart bunte und starke Fantasie gehabt hätte. Früher hielt ich es für eine Flucht nach Innen. Heute weiß ich, dass mir mein ›Spiel mit den Gefühlen‹ das Leben gerettet hat.

Die Angst hilft uns, Gefühle zu kontrollieren. Mit der Angst frieren wir unsere Gefühle gleichsam ein. Danach müssen wir sprichwörtlich »auftauen«, um unseren Gefühlen wieder freien Lauf zu lassen. Wer jedoch vollständig starr vor Angst ist, eingeschnürt wurde in das Korsett der Angst, ist im Teufelskreis der Gefühlskontrolle gefangen. Er kann seinen Gefühlen nicht länger freien Lauf lassen, aus Angst, was mit ihm passieren könnte. Ihm fehlt das Vertrauen, das Gefühl der Sicherheit, um so weit entspannen zu können, dass er die Kontrolle über sich selbst und seinen Körper loslässt. Wer aber seine Gefühle kontrolliert, indem er sie einfriert, der kann auch das Gefühl der Sicherheit nicht spüren. Es ist ebenfalls eingefroren.

Klimawandel, Umweltkatastrophen, ein Unfall im Atomkraftwerk oder auf der Autobahn… Ängste, so denken viele, sind irrational. In Wahrheit sind unsere Ängste rational. Darum sind sie so hartnäckig. Es ist nun einmal wahr, dass man jederzeit aus heiterem Himmel einen Herzinfarkt erleiden kann. Wir können diesen Gedanken noch so sehr wegdrücken oder relativieren, er bleibt wahr. Stress und Angst reichen sich brüderlich die Hände. Beide verringern die Stressresistenz unseres Bewusstseins. Derart sammeln sich die Ängste ganz von selbst immer weiter an. Je mehr Angst jemand hat, umso schlechter kann er mit seinen Ängsten umgehen. Und je schlechter er mit seiner Angst umgeht, umso mehr Ängste sammeln sich an. Dieser Teufelskreis »angestauter Ängste« ist ein entscheidender Aspekt jeder Angsterkrankung. Er muss durchbrochen werden, wollen wir den Weg der Heilung gehen. Aber wie?

Vier Jahre lang ging ich jede Woche zum Psychiater – nur um noch präziser zu wissen, warum ich unter Ängsten litt. Die Biografie aufzuarbeiten, half mir sehr wenig. Ich erfuhr alle Gründe für mein Leid, aber keine Erlösung davon.

Ich tat das einzig Richtige und konfrontierte mich mit der Angst. Es war Zeit, die seichte Wasseroberfläche meines Bewusstseins zu verlassen, um stattdessen tief darin einzutauchen. Bis auf den Grund hinunter, um die Wurzel meiner Angst zu lösen.

In der Meditation fühlte ich in meinen Körper hinein. Er fühlte sich verkrampft an und ich konnte meine Beine nicht still halten. Ich schloss die Augen und fühlte weiter nach. Allmählich wurde mir bewusst, dass diese Unruhe von irgend woher aufstieg. Ich fühlte immer tiefer in meinen Körper hinein und richtete meine Aufmerksamkeit auf mein Steißbein. Die innere Verkrampfung war hier am größten, so als würde ich mein Steißbein umklammern. Ich blieb mit meiner Aufmerksamkeit bei meinem Steißbein und beobachtete, wie die Angst von hier ausging und aufstieg… Es fühlte sich wie etwas an, dass stoßweise immer wieder Angstimpulse nach oben durch meinen Körper sendete. Wie elektrische Luftblasen, die zur Wasseroberfläche steigen.

Ich war verblüfft. Meine Angst hatte einen Ort in meinem Körper, der physisch spürbar war. Als ich weiterhin mit meiner Aufmerksamkeit an meinem Steißbein blieb, gab ich diesem festen Gefühl ein Bild. Ich dachte sehr schnell an einen kleinen Welpen, der sich zusammenkauerte und erstarrte. Ich hatte Mitleid mit diesem kleinen Wesen und bekam eine Ahnung davon, was dieses kleine Tier empfand. Es fühlte sich einsam. Plötzlich begann mein Herz zu klopfen und mit einem mal empfand ich eine starke, reine, bedingungslose Liebe für den Welpen.

Ich war erstaunt. Nicht nur, weil ich herausgefunden hatte, wo meine Angst saß, sondern auch wegen der Erkenntnis, wie vielschichtig sie war. Ich hatte zum ersten Mal unter die Angst schauen können. Da war buchstäblich etwas in mir, das sich einsam fühlte. Ich begriff zum ersten Mal, dass die ständige Unruhe in mir, wie ein Notsignal war. Impulsartig wurde es immer wieder ausgesendet, in der Hoffnung, jemand würde es hören.

Jahre später, als ich selbst als Therapeut tätig war, nutzte ich meine emotionalen Zugänge neu. Ich habe dank meiner schweren Kindheit gelernt, Dinge leichter zu sehen und zu nehmen. Ich habe gelehrnt der Wahrheit meiner Gefühle zu vertrauen. Das erforderte eine Entscheidung: Mein Wohlgefühl ist wichtiger, als die materielle Realität. In Wahrheit kann das Wohlgefühl auch unabhängig von der materiellen Realität bestehen. Wir erschaffen unsere Zwänge selbst, klammern uns an die Welt, die uns anschließend gefangen hält. Und zwar so lange, bis wir uns entscheiden, den Griff zu lockern und das Klammern aufzugeben.

 

Martin

 

 

Über Martin Wertsch:

Seine hohe Sensitivität als Kind mündete bei Martin Wertsch in einer schweren Angsterkrankung. Erst als Erwachsener fand er selbst aus der Umklammerung seiner lebensbedrohlichen Ängste heraus. Die Erfahrungen, die er auf diesem Weg gemacht hat, veränderten sein Leben radikal. Heute arbeitet er als Heiler und Seminarleiter in der erfolgreichsten Heilpraxis Europas.

Demnächst erscheint sein erstes Buch „Die Angst als dein Freund – In 7 Schritten aus der Angst“.

Hier können Sie Martin Wertsch in der Heilpraxis Bochum kennenlernen.

 

Dieser Artikel Neue Wege aus der Angst – Martin Wertsch ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.

Meditation und Ängste – Patrizia Heise

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Es ist nicht alles Gold, was glänzt! Denn auch ein goldgelb schimmerndes Gesicht kann Facetten in sich tragen, die abschreckend statt anziehend wirken. So ähnlich verhält es sich auch mit der Meditaton. Sie ist in aller Munde und glänzt mit einem ausnahmslos positiven Image – als sei sie risikofreies Allheilmittel und immer mit innerer Freude für die Praktizierenden verbunden. Die Wahrheit sieht anders aus, es ist nicht alles nur schön und toll. Welche durchaus unangenehmen Nebenwirkungen sich in ihr verbergen und was dies für Konsequenzen für die Meditierenden haben kann, beschreibt uns Diplom-Psychologin Patrizia Heise.

von Patrizia Heise

 

Angst im Kontext von Meditation

Wir haben in den letzten Jahren viele positive Dinge über die Praxis von Meditation gehört. Sie soll zu mehr Ausgeglichenheit, Ruhe und Konzentration beitragen, sowie förderlich für die seelische und körperliche Gesundheit sein. Spiritualität wird als ein positiver Faktor im Umgang mit Stress und Druck im Alltag beschrieben. Über Schwierigkeiten oder negative Auswirkungen scheint wenig bekannt zu sein. Und doch mehren sich die Hinweise darauf, dass es sie gibt.

 

Nebenwirkungen kennen

Die Forschung von W. Britton (vgl. Tremmel und Ott 2016) zeigt, dass Emotionen wie Angst, Unruhe oder Verwirrung im Verlauf einer Meditationspraxis auftreten können. Der Züricher Bewusstseinsforscher A. Dittrich hatte bereits in den 90er Jahren eine Reihe von Zuständen beobachtet, die er unter der Kategorie AIA „angstvolle Ichauflösung“ zusammenfasste. Das Wissen über schwierige Erfahrungen und Krisen, die durch eine spirituelle Praxis ausgelöst werden können, ist auch innerhalb der klassischen spirituellen Traditionen vorhanden. So ist die „dunkle Nacht“ ein in der mystischen Literatur bekannter Seelenzustand, der Depressionen ähnelt. Um es vorwegzunehmen: Dies soll kein Plädoyer gegen Meditation sein, sondern eine Betrachtung von etwaigen Nebenwirkungen, wie man sie normalerweise auf dem  Beipackzettel eines Medikamentes findet. Dort wird aufgeführt, welche Symptome auftreten können, was man berücksichtigen sollte und für wen dieses Mittel nicht geeignet ist. Die heilsame Wirkung einer Medizin hängt von der richtigen Dosierung und korrekten Anwendung ab. Der informierte Patient ist im Vorteil und kann sich auf die Wirkungsweise einstellen. So ist es auch mit der Meditation. Es ist wichtig, einiges zu wissen, bevor man mit der Praxis beginnt, denn Meditation ist nicht gleich Meditation und Menschen reagieren unterschiedlich darauf, je nach Persönlichkeit, Methode und Begleitumständen.

 

Mehr als Entspannungstechnik

In der Tiefe war Meditation nie eine Entspannungstechnik. Während sie heute in Kursen herausgelöst aus jeder kulturellen und religiösen Einbettung erlernbar ist, wurde sie ursprünglich innerhalb spiritueller Traditionen in einem ganzheitlichem Gesamtkontext mit dem Ziel von Selbsterkenntnis und Bewusstseinstransformation auf dem Weg zur Erleuchtung praktiziert. Man zog sich mit diesem Anliegen in die Einsamkeit der Natur oder in ein Kloster bzw. Ashram zurück. Für die Adepten gab es dabei eine Fülle von Anweisungen um etwaigen Schwierigkeiten im Verlauf der Praxis vorzubeugen oder diese zu überwinden (vgl. Hofmann und Heise 2016 S.146). Wir dagegen müssen unsere Aufmerksamkeit ständig nach Außen richten um eine Vielzahl von Anforderungen simultan zu bewältigen. Für uns ist es ungewohnt, still zu werden und den Blick nach Innen zu richten. Wir müssen darauf gefasst sein, dass das, was in dieser Ruhe, ohne äußere Ablenkung durch Aktivität viel stärker wahrgenommen wird, unangenehm und mit Angst verbunden sein kann. Es ist einer der häufigsten Gründe, warum eine Meditationspraxis nach kurzer Zeit mit dem Gefühl „nichts für mich“ wieder aufgegeben wird. Man hatte erwartet, dass die Meditation beruhigt, und nun geschieht das Gegenteil: Man ist aufgewühlt, gestresst, verunsichert.

 

Was hilft?

Für Anfänger kann es sinnvoll sein, nicht sofort mit langem Sitzen in der Stille zu beginnen, sondern eine aktive Meditationsform auszuprobieren. Dabei werden Atemzüge gezählt, auf Körperempfindungen fokussiert (Bodyscan) oder achtsames Gehen im Wechsel mit Sitzen geübt. Unter dem Begriff Achtsamkeit findet man hier eine Fülle von Anleitungen im Internet oder in Büchern. Auch der Hinweis, dass  das verstärkte Auftauchen „negativer“ Gefühle ganz normal ist, kann bereits entlasten. Meditationslehrer, wie die ehemalige Gymnasiallehrerin und Buddhistin Sylvia Wetzel (2015) raten dazu, diese Emotionen beobachtend wahrzunehmen und nicht zu bewerten. Sie gehören zur menschlichen Existenz dazu – werden jedoch im Alltag gern verdrängt und abgespalten. Wir nehmen uns nicht die Zeit, uns mit ihnen auseinanderzusetzen, was wünschenswert wäre. Im Buddhismus finden wir die Unterscheidung zwischen natürlichem und zusätzlichem Leid. Ersteres betrifft uns alle, resultiert aus der Vergänglichkeit allen Lebens mit den dazugehörigen Erscheinungen wie Krankheit, Angst vor Verlust, Alter, Tod. Diese gilt es zu akzeptieren und auszuhalten. Zusätzliches Leid entsteht daraus, dass wir das natürliche Leiden leugnen und bekämpfen. Wenn es gelingt, sie nicht zu bekämpfen und wegzudrücken, sondern ihnen von der Haltung eines neutralen, mitfühlenden Beobachters her zu begegnen, gewöhnt man sich mit wiederholtem Üben an den ungewohnten Ansturm von Gedanken, Wahr-nehmungen und Gefühlen. Es wird erkennbarer, was sie uns sagen wollen. Wofür ist Angst ein Signal? Gibt es reale Gründe dafür? Was muss geändert werden? Wo gibt es Blockaden, an denen therapeutisch gearbeitet werden sollte? So verlieren aufbrechende Wünsche, Emotionen und Ängste zunehmend ihre Macht über uns.

 

Spirituelle Krisen

In einer fortgeschritteneren Phase der Meditationspraxis erfahren wir, dass unser Selbst viel mehr beinhaltet, als wir bisher dachten. Wir werden uns unserer dunklen Seiten, das heißt unseres Schattens (C.G. Jung) bewusst, was schmerzhaft und irritierend sein kann und eine Krise auslösen kann. Dies wird heute auch als „spirituelle Krise“ bezeichnet. Grof und Grof (1990) oder Assagioli (2008) beschreiben verschiedene Erscheinungsformen als „Durchgangskrisen“ auf einem spirituellen Weg. Ein Grund dafür ist, dass man den bisher sicher geglaubten  Boden unter den Füssen verliert, auf dem die gesamte bisherige Sicht der Welt gründete. Glaubenssätze, Konzepte und Werte verlieren damit ihre haltgebende Funktion. Existentielle Fragen wie: „Wer bin ich wirklich und worum geht es in  meinem Leben“? tauchen auf und verunsichern zutiefst. Der tibetische Lehrer Trungpa (2006) schreibt: „Es ist schmerzlich, den spirituellen Weg zu beschreiten. Es ist eine ununterbrochene Demaskierung, das Abschälen einer Schicht von Masken nach der anderen. Es beinhaltet Kränkung auf Kränkung.“ (S. 20)

Menschen, die sich bereits instabil und labil fühlen, die mit schwachem Selbstwertgefühl, schwankenden Emotionen und Depressionen zu kämpfen haben oder einen Hintergrund von Psychosen haben, sollten besondere Vorsicht in Bezug auf eine Meditationspraxis walten lassen. Sie ist eine aufdeckende Technik und kann bewirken, dass bisher erfolgreich Verdrängtes und Unbewusstes an die Oberfläche steigt und das Ich überschwemmt. Latente psychische Störungen können aktiviert werden. In diesem Fall sollte man sich an einen erfahrenen Begleiter wenden, der sich sowohl mit  spirituellen Praktiken als auch mit psychischen Störungen auskennt und Symptome nicht sofort pathologisiert (siehe: Sen Netzwerk). Auch für Menschen, die einen Hintergrund von Trauma haben, empfiehlt sich ein zweigleisiges Vorgehe in Form von Achtsamkeitspraxis in Kombination mit einer Trauma-Therapie. Ein Begleiter kann helfen, Prozessezu steuern, ggf.zu verlangsamen oder im Fall einer Krise zur Seite stehen.

 

Verlangsamen und erden

Krisen können auch durch die falsche Ausübung von Meditation hervorgerufen werden. Dazu gehören zuviel Ehrgeiz und das zwanghafte Erreichen-Wollen eines Zieles, die Abwertung des Alltäglichen, sozialer Rückzug und Isolation und nicht zuletzt zu wenig körperliche Bewegung. Es kommt zu Zuständen von erhöhter Sensibilität, Reizbarkeit, Überwachheit, Aggressivität, Nervosität, Angst oder Schlaflosigkeit. All dies zeigt an, dass etwas aus dem Gleichgewicht gerät. Hilfreich ist hier alles was erdet, wie Spaziergänge in der Natur, körperliche Bewegung und bestimmte Übungen aus dem Qi Gong oder Yoga. Auch Arbeit mit den Händen im Garten und kreativer Ausdruck wird von Betroffenen als hilfreich empfunden. Gespräche und Lesen können helfen, Landkarten für außergewöhnliche Zustände zu finden, die es ermöglichensie als Ausdruck von Selbstheilungsprozessen zu sehen. Aus therapeutischer Sicht ist Aufräumen, Klären und Bewusstmachen in allen Lebensbereichen anzuraten, bevor man mit der Meditationspraxis beginnt (vgl. Hofmann und Heise 2016,  S.141-155.).

 

Integration ist entscheidend

Spirituelle Erfahrungen können plötzlich und intensiv auftreten und sowohl Euphorie als auch Panik auslösen. Erlebnis und Wandlung sind nicht dasselbe; so erfordert jede spirituelle Praxis eine Integration der gemachten Erfahrungen in den Alltag. Die Psychologin Scagnetti-Feurer (2009) hat fünf Kategorien von Kontakt herausgearbeitet, die im Rahmen einer prozess-orientierten Diagnostik einen Maßstab für eine gute Integration liefern. Demnach ist zu beobachten, inwieweit es gelingt, die Bereiche des Hier und Jetzt, des alltäglichen Lebens, die Beziehung zur eigenen Lebensgeschichte zu anderen Menschen und zur spirituellen Dimension (Essenz) im Gleichgewicht zu halten.

 

Fazit: Spiritualität kann keine Abkürzung und kein Bypass für den Umgang mit Angst und anderen schwierigen Gefühlen sein. Krisen gehören zu inneren Wachstumsprozessen, entscheidend ist die eigene Einstellung. In einem solchen Kontext gesehen, führt die Meditationspraxismit Geduld und Ausdauer betrieben, langfristig zu einem sinnhafteren Lebensgefühl mit mehr Verbundenheit,  Gelassenheit und Vertrauen, sowie Mitgefühlsich selbst und anderen gegenüber.

 

Buch zum Thema:

spirituatlität und spirituelle krisen

 

 

Hofmann, L.&  Heise, P. (Hrsg.): „Spiritualität und spirituelle Krisen. Handbuch zu Theorie, Forschung und Praxis.“
Verlag:  Schattauer (2016)
Umfang: 528 Seiten, gebunden
Preis: 59,99€
ISBN: 978-3-7945-3057-1

Hier können Sie das Buch bestellen!

 

 

Über Patrizia Heise:

Dipl. Psych. MA. Patrizia Heise leitet eine Praxis für analytische Psychotherapie und ist Autorin. Kontaktaufnahme über Pat.Heise@t-online.de

 

Ausgewählte Buchtipps der Autorin:

Assagioli R. 2008.  Psychosynthese und transpersonale Entwicklung.  Nawo, Rümlang.
Grof S, Grof C.  (Hrsg.). 1990. Spirituelle Krisen. Chancen der Selbstfindung. Kösel ,München.
Grün A. Verwandle deine Angst. 2011. Ein Weg zu mehr Lebendigkeit-Spirituelle Impulse. Herder Verlag, Freiburg.
Hofmann L.& Heise P. (Hrsg.) 2016.Spiritualität und spirituelle Krisen. Handbuch zu Theorie, Forschung und Praxis. Schattauer,Stuttgart.
Scagnetti-Feurer, T. 2009. Himmel und Erde verbinden. Integration spiritueller Erfahrungen. Königshausen &Neumann, Würzburg.
Scharfetter Chr.2004. Das Ich auf dem spirituellen Weg. Verlag Wissenschaft & Praxi, Sternenfels.
Tremmel  M. und Ott U.Negative Wirkungen von Meditation, in: Hofmann, L.&  Heise, P. (Hrsg.) 2016.Spiritualität und spirituelle Krisen. Handbuch zu Theorie, Forschung und Praxis.Schattauer, Stuttgart.
Trungpa C.  2006. Der Mythos Freiheit und der Weg der Meditation. Eine Einführung in den tibetischen Buddhismus, Reinbeck bei Hamburg.
Wetzel S.Krisen auf dem spirituellen Weg. Essay nach einem Seminar mit Sr. Katharina Ganz Kloster Oberzell  Würzburg. 5.-8.11. 2015- edition tara libre  Kleine Hefte Nr. 18.

SENe.V:Netzwerk für spirituelle Entwicklung und Krisenbegleitung.: Informationen zu spirituellen Krisen und Behandlungsmöglichkeiten www.senev.de

Dieser Artikel Meditation und Ängste – Patrizia Heise ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.

Auferstehung: Was sagt uns die Ostergeschichte heute? – Christian Salvesen

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Ein Altar-Flügel des Isenheimer Altars von Matthias Grünewald: Die Auferstehung

Die christliche Botschaft der Auferstehung ist radikal und geradezu unglaublich. Darin liegt zugleich ihre Durchschlagskraft. Christian Salvesen geht dem Mythos nach im Kontext von Bibel, Wissenschaft und Mystik

 

Ostern ist das christliche Fest der Auferstehung. Die „Frohe Botschaft“ lautet: Christus ist von den Toten auferstanden und zum Himmel aufgefahren. Er ist für uns freiwillig am Kreuz gestorben. Wer an ihn glaubt, wird ebenfalls auferstehen und ewig leben. Und wer glaubt das? Laut einer Emnid-Umfrage für den Fokus im April 2011 glauben 62% der Deutschen nicht mehr an die Ostergeschichte.

Die Geschichte selbst wird in den Vier Evangelien unterschiedlich erzählt. Allen Versionen gemein ist, dass die tatsächliche Verwandlung des Leichnams von Jesus in einen unsterblichen Leib nicht beschrieben wird. Das hat niemand gesehen und wird als göttliches Mysterium offen gelassen. Gemeinsam ist, dass als erste Zeugen Jüngerinnen genannt werden. Sie finden am frühen Morgen des dritten Tages nach der Bestattung in der Grabhöhle den großen Felsbrock vor dem Eingang weggerollt. Das Grab ist leer.

Bei Lukas und Markus sagen zwei Engel in weißen Gewändern den Frauen, sie sollen den anderen Jüngern verkünden, dass ihr Meister von den Toten auferstanden sei. Die glauben kein Wort. Damals galten Frauen grundsätzlich als unglaubwürdig und wurden als Zeuginnen nicht anerkannt. Umso bemerkenswerter, dass ausgerechnet Frauen im Neuen Testament als einzige Zeuginnen auftreten. Später erscheint der tot geglaubte Meister seinen Jüngern mehrmals, wird aber zunächst nicht erkannt. Das heißt, er sieht offenbar anders aus als vor seiner Kreuzigung.

 

Im Johannesevangelium ist es Maria Magdalena – heute gilt sie etlichen Religionswissenschaftlern als die Geliebte von Jesus – die vor dem leeren Grab steht und einen Mann, den sie für einen Gärtner hält, entsetzt fragt, wo der Leichnam sei. Der angebliche Gärtner sagt nur ein Wort: „Maria.“ Daraufhin erkennt sie Jesus und will ihn umarmen. Doch der wehrt ab. In der lateinischen Bibel heißt es „Noli me tangere!“ (rühre mich nicht an!). Mit der Begründung, „er sei noch nicht zum Vater aufgefahren.“ Viele Künstler haben diese Situation dargestellt. Die Antwort ist mysteriös. Befindet sich sein neuer Leib in einer Art empfindlicher Übergangsphase?

Es scheint keine äußere Ähnlichkeit zu bestehen. Die frühen Zeugen (Zeuge heißt auf Altgriechisch „märtyros“) erkennen den Auferstandenen an anderen Merkmalen. Die Jünger von Emmaus daran, wie der Mann, der mit ihnen mehrere Stunden gewandert ist, bei ihnen zuhause das Brot bricht. Einen Sonderstatus genießt der „ungläubige Thomas“. Er darf die Wundmale des Herrn berühren. Das steht in einem gewissen Widerspruch zum „noli me tangere“ gegenüber Maria Magdalena.

 

Deutungen im Kontext der Zeit

Dass ein Mensch von den Toten aufersteht und in einem wie auch immer gearteten, wiedererkennbaren Leib 40 Tage noch Freunde besucht und dann schließlich auf einer Art Wolke zum Himmel aufsteigt, „Von nun an bis in alle Ewigkeit sitzend zur Rechten Gottes…“ Das allen Ernstes zu glauben dürfte eine ziemliche Herausforderung für jeden Christ sein, der sich seine eigenen Gedanken macht.

In welcher Situation befindet sich wohl das sehr intelligent und mitfühlend wirkende Oberhaupt der Katholischen Kirche, Papst Franziskus? Zweifelt er manchmal an der Auferstehung? Tertullian, ein früher Kirchenvater (160-222 n. Chr.), formulierte hinsichtlich der Auferstehung: „Es ist gewiss, weil es unmöglich ist.“ Er meinte damit: Etwas so Absurdes, was aller Erfahrung widerspricht, kann man nur behaupten, wenn man es tatsächlich – wie die Jünger – gesehen und erfahren hat.))

Ob der Wanderprediger Jesus heute noch bekannt wäre ohne den Mythos seiner Auferstehung? Sehr unwahrscheinlich. Und Paulus, der wie kein anderer das Christentum konzipiert und verbreitet hat, sieht in der leibhaftigen Auferstehung den Kern der neuen Lehre. In einem Brief an die Gemeinde in Korinth schreibt er: „Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer und euer Glaube sinnlos.“

Welch eine Vorstellung: ein echter Mensch, kein Gott wie Zeus, überwindet den physischen Tod und lässt andere Menschen daran teilhaben! Sie können ihm in die Ewigkeit nachfolgen, wenn sie an ihn glauben. Im alten Rom war das für viele – auch und gerade arme Menschen – überaus verlockend. Das verhieß Erlösung von diesem meist schrecklichen Erdenleben.

Die Geschichte von Jesus hatte einige Vorläufer. In dem phantastischen Gemisch aus östlichen spirituellen Lehren, die über Alexander dem Großen aus Indien in den Mittelmeerraum transportiert worden waren und den zahllosen Mysterienkulten von den Pharaonen bis zum Orakel von Delphi war die Auferstehung nicht ganz fremd. Einige Beispiele: Der Vogel Phönix verbrennt und steigt immer wieder aus seiner eigenen Asche auf. Osiris, der ägyptische Gott des Todes, wird von seinem rachsüchtigen Bruder zerstückelt, die Körperteile legt seine Schwester liebevoll zusammen, sodass er zu neuem Leben erwacht. Orpheus befreit Eurydike aus der Unterwelt. Zarathustra, der Begründer der persischen Religion des Lichts, spricht von einer Auferstehung der Toten in Verbindung mit einem Endgericht. Vedische und buddhistische Lehren kursieren unter Eingeweihten.

Im Tanach der Juden gibt es einige Hinweise auf eine Auferstehung der Toten. „Nach zwei Tagen gibt er uns das Leben zurück, am dritten Tag richtet er uns wieder auf und wir leben vor seinem Angesicht.“ Hier ist bereits von den drei Tagen die Rede, die im Evangelium bedeutsam werden und auf die sich Martin Luther im Glaubensbekenntnis bezieht: „Niedergefahren zur Hölle, am dritten Tage wieder auferstanden von den Toten.“

 

Metaphysische Deutungen

Es gibt unterschiedliche Versuche in unserer Zeit, die Auferstehung Jesu rational zu erklären. Die ganz pragmatische Sicht: Jesus war am Kreuz nur scheintot und wurde mit Hilfe von eingeweihten Freunden außer Landes gebracht. In Kaschmir soll sein Grab sein. Das erledigt die Frage nach der Auferstehung.

Eine ganz andere, metaphysische Deutung stammt von Yogananda, der in seiner „Autobiografie eines Yogi“ etliche Phänomene beschreibt, die wie Märchen klingen. Ein Meister taucht an mehreren Orten gleichzeitig auf, verschwindet vor den Augen seiner Schüler oder lebt wie der sagenhafte Babaji viele Jahrhunderte ohne zu altern. Laut Yogananda liegt der Schlüssel zur Auferstehung Jesu im Bereich feinstofflicher Ebenen. Yoganandas Guru Yukteswar verstarb am 9.3.1936, nachdem er sich zu diesem Zwecke voll bewusst im Yogasitz niedergelassen hatte. Am 19.6. desselben Jahres erschien er Yogananda, offensichtlich körperlich (wie dieser bei einer Umarmung feststellte), in dessen Hotelzimmer in Bombay und berichtete, dass er jetzt auf einem Planeten der Astralebene namens Hiranyaloka wirke. Ähnlich sind die Ansichten von Theosophen und Anthroposophen. Auch in den Lehren von Sri Aurobindo und der Mutter ist von einer Art Auferstehung die Rede, die durch eine vollkommene Durchgeistigung aller Körperzellen möglich sein soll.

Von christlich-fundamentalistischer Seite kommt häufig der Vorwurf, die Wissenschaft habe den Glauben an die Auferstehung zerstört. Richtig ist: Im Zeitalter der Aufklärung um 1800 wurden die kirchlichen Dogmen zunehmend an den Ergebnissen wissenschaftlicher Forschung gemessen. Und eine Behauptung wie „Jesus von Nazareth wurde im Jahr 30 von den Toten auferweckt und sitzt seitdem mit einem unsterblichen Leib zur Rechten Gottes…“ lässt sich nun einmal wissenschaftlich nicht halten. Der Glaube an die Auferstehung ist aber deshalb nicht erledigt. Darauf gehe ich gleich noch ein.

Die Wissenschaft hat heute für viele so etwas wie die Rolle der Religion übernommen. Doch zunehmend werden Verbindungen zu religiösen Vorstellungen deutlich. Da nehmen einige Quantenphysiker an, eine leibhaftige Auferstehung sei denkbar. Denn jede Körperzelle, ja sogar jedes Atom sei zugleich immaterielles Bewusstsein. Das würde im Moment des physischen Todes mit Überlichtgeschwindigkeit in ein zeitloses Kontinuum transportiert.

 

Was Theologen glauben

Mein Vater war Pastor in der lutherisch-evangelischen Kirche. Er diskutierte mit uns nicht über seinen Glauben. Wir Kinder hörten ihm zu. In der Kirche und zuhause. Manchmal scherzte er, wie er Mutti nach seinem Tod in ihrem Musikhimmel besuchen würde. An der Existenz eines Himmels schien er nicht zu zweifeln. Später stellte sich heraus, dass er fast alle Ersparnisse für wohltätige Zwecke gespendet hatte. Er hatte Angst, in die Hölle zu kommen. Denn auch das ist eine mögliche Auferstehung.

Intellektuell befasste er sich mit den maßgeblichen evangelischen Theologen seiner Zeit. Rudolf Bultmann (1884–1976) sah in den neutestamentlichen Auferstehungsberichten nicht einen Beweis für ein historisches Ereignis – die einmalige Transformation eines Sterblichen zum Gott – sondern es ging ausschließlich um die Botschaft.

Einen ähnlichen Ansatz vertritt Eugen Biser (1918-2014), Fundamentaltheologe und Befürworter einer christlichen Mystik. wenn er darauf besteht, nicht danach zu fragen, woher Jesus auferstanden sei – nämlich von den Toten – sondern wohin: Nämlich in unser aller Herz. Er beruft sich dabei auf Paulus, der sagt: „Ich lebe, doch nicht ich – Christus lebt in mir. Sofern ich aber noch in diesem Fleische wohne, lebe ich im Glauben an den Gottessohn, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat“ (Gal 2,20). Die Suche nach dem Wohin der Auferstehung wird in der Schule des Apostels Paulus also in die Innerlichkeit des Menschen verlegt: „Christus möge durch den Glauben in euren Herzen wohnen“ (Eph 3, 17). Wohin ist Jesus also auferstanden? In die Herzen der Glaubenden. Das kann als Mystik verstanden werden.

 

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Arrigo Fiamingo: „Die Auferstehung Christi“, Sixtinische Kapelle

Christliche Mystiker und die Auferstehung

Im 20. Jahrhundert waren es vor Eugen Biser vor allem die Theologen Karl Rahner (1904-1984) und Paul Tillich (1886-1965), die sich für die Mystik stark machten: „Ein Element der Mystik ist in jeder Religion und in jedem Gebiet vorhanden. Wo diese Erfahrung fehlt, bleibt nichts anderes als ein Lehrsystem oder eine moralische Schule übrig, aber keine Religion.“ (Tillich). „Der Christ des 21. Jahrhunderts wird ein Mystiker sein oder er wird nicht sein.“ (Rahner)

Bereits im 6. Jahrhundert schrieb der syrische Theologe Dionysius Areopagita ein Werk mit dem Titel „Die mystische Theologie“. In der Mystik gehe es darum „die göttlichen Dinge nicht nur zu erlernen, sondern zu erfahren“ (wörtlich „erleiden“ vom griechischen Verb „pathein“). In diesem Sinne haben viele christliche Mystiker und Mystikerinnen des Mittelalters geschildert, wie sie die Vereinigung mit Gott, mit dem Absoluten erfuhren. Mechthild von Magdeburg sieht Gott als Bräutigam und die Seele als Braut. Meister Eckhart sagt: „Der in Gott versetzte Mensch wird von Freude durchkitzelt, in allem, was er tut und lässt!“

Es gibt allerdings kaum ein Zitat von christlichen Mystikern über die leibliche Auferstehung Christi. Sahen die Mystiker in der Auferstehung etwas anderes sahen als die Kirche verkündete? Sie erfuhren eine unmittelbare Vereinigung mit Gott, mit dem Unendlichen, da war der Glaube an eine leibliche Auferstehung des Gottessohnes womöglich überflüssig, wenn nicht gar absurd. Die mystische Erfahrung der Auferstehung bezieht sich nicht auf einen anderen, und sei es auch der Sohn Gottes, sondern auf mich selbst. Mir ist kein christlicher Mystiker bekannt, der öffentlich bekannt hätte: „Siehe, ich bin auferstanden von den Toten – wie Christus.“ Doch es gibt Andeutungen einer radikalen Transformation, etwa bei Meister Eckhart oder Johannes vom Kreuz, die ein Loslassen von allen irdischen Bindungen und eine Befreiung von Zeit und Raum bedeuten.

Als eine lebensverändernde Transformation verstanden kann jeder von uns eine Auferstehung erleben. Nach einer Erfahrung von Tod, die nicht der körperliche Tod sein muss, kann sich das Leben in einem völlig neuen Licht zeigen, alles scheint wie verwandelt. Etwas in der Art wird in spirituellen Traditionen des Ostens auch als „Erleuchtung2 oder „Erwachen“ bezeichnet – und auch Paulus spricht ja von einem „aufgeweckt sein“. Die Auferstehung ist ein mächtiges Bild, das auch im alltäglichen Leben eine starke Wirkung entfalten kann.

Christian Salvesen

 

Christian Salvesen ist Autor, Künstler und Kenner der spirituellen Szene. 1951 in Celle geboren, Magister der Philosophie und Musikwissenschaften, Komponist und Musiker, arbeitet seit über 20 Jahren als Journalist/Redakteur und hat etliche Bücher veröffentlicht, darunter „Advaita“ und „Liebe – Herz aller Weltreligionen“. In den 80ger Jahren leitete er in eigenen, erfolgreichen Rundfunksendungen beim WDR und NDR zur Meditation und zum Bewussten Hören an.

http://www.christian-salvesen.de

 

Buchtipps
Jörg Zink: Auferstehung – Und am Ende ein Gehen ins Licht. Herder, 2011
Claudia Janssen: Endlich lebendig: Die Kraft der Auferstehung erfahren. Kreuz Verlag, 2013
Paramahansa Yogananda: Die Wiederkunft Christi – Die Auferstehung des Christus im eigenen Inneren. Self-Realization Fellowship. 2013

Dieser Artikel Auferstehung: Was sagt uns die Ostergeschichte heute? – Christian Salvesen ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.

Wege zum Wir-Werden – Nadja Rosmann

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Nadja RosmannWir_MYSTICA_TV

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Das Wir liegt im Trend. Doch was braucht es vom Ich, um ein Wir lebendig und kreativ werden zu lassen? Über sich hinauszuwachsen ist eine Fähigkeit, die in vielen historischen und aktuellen Ereignissen zum Ausdruck kommt. In ihrem Artikel (zunächst erschienen in evolve) macht die Kulturanthropologin deutlich, wie komplex das WIR ist.

von Nadja Rosmann

 

Das Ich, das ganz für sich selbst steht, scheint sich zunehmend an sich selbst zu erschöpfen und nach Wegen zu suchen, sich als Teil von etwas Größerem neu zu (er)finden. Längst sind es nicht mehr nur die postmodernen Subkulturen, die erweiterte Formen des Miteinanders proklamieren. Sogar in der Wirtschaft, in der eine Ellbogenmentalität als bisher selten hinterfragte Basis für Zukunftsfähigkeit gilt, richtet sich der Blick zunehmend auf Prinzipien der Kooperation und der Gemeinsamkeit.

Beim Weltwirtschaftsforum in Davos plädierte die renommierte Neurowissenschaftlerin Tania Singer leidenschaftlich für ein Prinzip der Fürsorge, das das gemeinsame Wirken zum Wohle aller an die Stelle des Wettstreits setzt. Die Mächtigen des globalen Business lauschten ihr andächtig. Zeitgleich legte das Zukunftsinstitut eine Studie zur „neuen Wir-Kultur“ vor, die ebenfalls einen Shift vom Einzelkämpfertum zum kooperativen Wirken im Dienste eines größeren Ganzen beschreibt.

Vor allem in der jungen Generation zeichnet sich längst ein grundlegender Einstellungswandel ab. 60 Prozent der Studierenden und Absolventen wollen mit ihrer Arbeit Menschen helfen und die Welt verändern und 80 Prozent einen Mehrwert für die Gesellschaft schaffen, so eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Tochter embrace. In diesem wachsenden Interesse an Empathie und Mitgefühl, gesellschaftlichem Engagement und Gemeinschaftssinn scheint eine neue Dimension menschlichen Selbstverständnisses auf, die sich stärker auf das richtet, was uns als Menschen verbindet, als auf das, was uns trennt. Doch was braucht es von uns, damit wir in unserer Individualität diese Verbundenheit auch leben und uns vielleicht sogar als ein Wir erfahren können? Und wie verändert sich unser Ich, das bisher der Fixpunkt unseres In-der-Welt-Seins ist, wenn wir uns stärker in dieser Beziehung zu anderen erkennen?

 

Sehnsüchte des Ich

Der Weg zum Wir beginnt mit einem Paradox. „Unsere erfahrungsgemäße und praktische Perspektive auf die Welt ist untrennbar von selbstkonstitutiver Agenz. Was wir als Personen sind, ist ein von der Perspektive der ersten Person getriebener Prozess“, erklärt der Philosoph Jan Slaby. Vereinfacht ausgedrückt: Wir stehen als autonomes Ich in der Welt und die Beziehungen, die wir eingehen, sind von diesem Für-sich-Stehen geprägt. Diese Reife des Ich führt dazu, dass wir uns nicht einfach in ein prä-modernes Wir zurückfallen lassen können, das von traditionellen und meist unhinterfragbaren Verbindlichkeiten getragen wird – seien es gesellschaftliche Konventionen oder die Unterordnung in bestehenden Autoritäten. Wir stehen an der Schwelle, neue Wir-Räume zu erschaffen, die von einer frei gewählten Gemeinschaftlichkeit genährt werden. In einer Studie der Beratungsgesellschaft Ernst & Young etwa stehen auf der Prioritätenliste für rund zwei Drittel der befragten Studenten die Familie, Freunde und das soziale Umfeld an oberster Stelle. Zum Wir gehört hier, zu wem das Ich eine Beziehung haben möchte und wer ihm persönlich nahe steht. Und es liegt bereits die Ahnung in der Luft, dass dieses Wir noch weiter werden könnte. Einer von 14 Befragten ist genauso daran interessiert, in die Gesellschaft als Ganzes zu wirken und damit den Raum des Wir über das bereits Vertraute hinaus auszudehnen.

 

Durchlässige Konturen

Vielleicht sind wir ohnehin schon viel stärker in größere Beziehungsräume eingebunden, als wir im Alltag gemeinhin wahrnehmen. „Unsere Agenz ist auch bestimmt durch die Unvermeidbarkeit ihrer Abhängigkeit und Fragilität. In diesem Sinne sind wir alle der gegenseitigen Gnade ausgeliefert, was auf einer tiefen Ebene zu existenzieller Wechselseitigkeit führt“, erklärt Slaby. Wir teilen mit anderen die Verletzlichkeit unseres Daseins als Menschen und sind mit ihnen hierin verbunden. Und im gemeinsamen Handeln, im vereinten Engagement können wir diese Ko-Präsenz, die unser Ich weiter werden lässt, bewusst erfahren.

Oft sind es besonders anregende Gespräche, die uns über uns selbst hinaustragen. Wir unterhalten uns mit anderen, ein Wort kommt zum anderen, Gedanken beginnen, sich ineinander zu bewegen. In solchen Momenten denken wir nicht mehr daran, wer wir sind und woher wir kommen, wer die anderen sind und was sie von uns unterscheidet. Wir folgen einfach einem Sog natürlichen Interesses, etwas im besten Sinne des Wortes in Erfahrung zu bringen. Und unser Sprechen wird zum Wasser, das den Gesprächsfluss speist. In Augenblicken wie diesen ist es nicht wichtig, aus welcher Quelle dieser Fluss entspringt noch in welches Meer er münden wird. Unsere ganze Aufmerksamkeit gilt dem Fließen selbst. Unser Ich verschwindet dabei nicht, sondern ist, ganz im Gegenteil, als das Wissen, die Einsichten und die Fähigkeiten, die wir uns im Laufe unseres Lebens angeeignet haben und die sich im Gespräch ausdrücken, völlig präsent. Und doch scheinen wir in Momenten wie diesen weit mehr zu sein als dieses Ich. Wir werden mit unseren Gesprächspartnern zu einer Bewegung, die über sich hinausweist. Erfahrungen wie diese lassen uns erkennen, dass ein Wir mehr sein kann als willentlich hergestellte Bezüge zwischen einzelnen Menschen. Das Wir der sozialen Gruppe geht subtil über in ein Wir des geteilten Prozesses. Individualität, Gemeinschaftlichkeit und schöpferische Kreation werden zu einer Entfaltung – und erkennen sich als das immer Lebendige selbst.

 

Zwischen Ich-Sein und Wir-sein-Können

Der Zauber dieser Augenblicke, das in ihnen aufscheinende grenzenlose Potenzial, nährt die Frage, ob und wie es möglich werden könnte, sie auszudehnen, sodass singuläre Phänomene sich vielleicht zu einer stabilen Wirklichkeit verdichten. Ist es möglich, die Fähigkeit zu kultivieren, gleichermaßen ein Ich wie ein Wir zu sein? Das Ich in seiner Begrenztheit zu erkennen und über es hinauszugehen, ohne es dabei aufzugeben?
Der gezielte Versuch kann leicht das Gegenteil bewirken. „Je mehr man der Idee der Nichtanhaftung anhängt, desto fester bleibt man gefesselt. Je mehr man sich der das Ich überschreitenden Suche bewusst wird und stolz über diese Suche ist, desto klarer ist das eigene Ich noch im Zentrum“, warnt die Entwicklungspsychologin Susanne Cook-Greuter. Und doch ist es das Ich, von dem die Bewegung über es hinaus ausgeht. „Eine regelmäßige Praxis des Sich-nach-innen-Kehrens und das Beobachten der eigenen Gedankenprozesse führt häufig zu der spontanen Erfahrung einer direkten Form des Seins, in der Beobachter und Beobachtetes für einen Augenblick verschmelzen“, so Cook-Greuter. Unser Ich verliert sich dabei nicht, wir sind immer noch hier – doch unsere Konturen, die uns vom Dasein gewöhnlich abschotten, werden durchlässig.

Diese Erkenntnisse der Entwicklungspsychologie decken sich mit den verschiedenen Entfaltungsstufen, die die neurowissenschaftliche Meditationsforschung in den letzten Jahren intensiv erkundet hat. In der öffentlichen Diskussion stehen bisher vor allem die ersten drei dieser Entwicklungsstufen im Fokus, in denen das Individuum innere Ruhe und Entspannung erfährt und sich die Anhaftung an die eigenen Gedanken zu lösen beginnt. Hier befreit sich das Ich erst einmal von Wahrnehmungen, die ein gesundes, ausgeglichenes Ich-Sein beeinträchtigen. Diese Fähigkeit lässt sich von Anfängern innerhalb weniger Wochen entwickeln und wird gegenwärtig vor allem unter den Vorzeichen ihrer medizinischen und psychischen Wirkung diskutiert.

Im Hinblick auf unsere Wir-Kapazitäten wesentlich interessanter sind indes die beiden folgenden Stufen, die von der Wissenschaft bisher vor allem bei Langzeitmeditierenden, darunter viele in den großen spirituellen Traditionen praktizierende Mönche, festgestellt wurden. Neben Klarheit und Wachheit stellen sich mit zunehmender Praxis nämlich auch Wahrnehmungen einer höheren Verbundenheit und Hingabe an etwas Größeres ein. Das Ich selbst wird durchlässiger, was so weit gehen kann, dass es in einer Erfahrung der Non-Dualität, der Grenzenlosigkeit, des Einsseins geradezu aufgeht, sodass eine Form „reiner Bewusstheit“ zum Daseinsmodus wird. Das Ich verschwindet dabei nicht, sondern erkennt sich selbst als eine umfassendere Ganzheit. Diese Erfahrung der Transzendenz kann das Ich darauf vorbereiten, auch in seinen alltagsweltlichen Bezügen aus einer transparenteren Haltung heraus zu agieren und in eine natürliche Offenheit für das eigene Wir-Sein hineinzuwachsen – ein Potenzial, das zwar immer schon gegeben ist, aber erst im bewussten Erkanntwerden seine tiefere Möglichkeit entfaltet.

 

Ausrichtung über eine Absicht hinaus

Die jüngsten Forschungen von Tania Singer beispielsweise legen nahe, dass diese über das Ich hinausgehende Wahrnehmungsfähigkeit ein neues Miteinander in konkreten Wir-Bezügen möglich machen könnte. In dem von ihr initiierten ReSource-Projekt wurden rund 300 gesunde Probanden mit verschiedenen Meditationsmethoden und weiterführenden Übungen vertraut gemacht. „Erste Ergebnisse legen nahe, dass die Veränderungen, die sich einstellen, von der Art der mentalen Übungen, die intensiv praktiziert wurden, abhängen. Sozio-kognitive Fähigkeiten beispielsweise, wie die Gabe, andere Menschen besser zu verstehen, verbesserten sich nur nach Trainings, die dafür entwickelt wurden, diese zu kultivieren – nicht jedoch allein durch grundsätzliche Achtsamkeitsübungen“, erklärte die Neurowissenschaftlerin in Davos.

Es scheint also, dass wir uns, um zu der von Jan Slaby beschriebenen Ko-Präsenz zu gelangen, in irgendeiner Form auf sie ausrichten müssen – und können. Im Bohmschen Dialog zum Beispiel sind es das Einüben einer erkundenden Haltung und das In-der-Schwebe-Halten der eigenen Annahmen und Bewertungen, die das Ich freier werden lassen, in einen über es hinausweisenden Raum einzutreten. Otto Scharmer setzt in dem von ihm entwickelten U-Prozess mit dem Presencing auf Praktiken der Stille, die es ermöglichen, etwas, das nicht bereits im eigenen Ich vorgedacht ist, „kommen zu lassen“. Und auch in der Transparenten Kommunikation nach Thomas Hübl und den bei EnlightenNext erprobten Evolutionären Dialogen ist es das Wechselspiel zwischen Meditation und Dialog, das gewissermaßen eine Wachstumsspirale in Gang setzt, die das Ich mit zunehmender Praxis immer weiter über seine Selbstgrenze hinausträgt.

 

Unbegrenztes findet einen neuen Ausdruck

Wenn solche Dialoge gelingen, ist diese Weite für die Beteiligten unmittelbar wahrnehmbar. Doch wie genau teilt sich diese Qualität mit? Die Sprache, die spricht, kann uns Anhaltspunkte liefern. „Der linguistische Prozess, alles in polare Gegensätze zu spalten, kann nun bewusst werden. Die Realität ausschließlich von der Perspektive des Selbst und mittels des Mediums der Sprache zu betrachten, ist verwandelt“, erklärt Susanne Cook-Greuter, die bei der Erforschung der Ich-Entwicklung mit linguistischen Tests arbeitet. Dann frage ich mich vielleicht nicht mehr, wie ich ein vorgefasstes Ziel erreichen kann, sondern spüre, welche weitere Möglichkeit durch mich hindurchscheint und verleihe ihr Ausdruck. Dann liegt in meinem Schweigen genauso viel Bedeutsamkeit wie in meinem Sprechen.

Wie radikal dieser Shift ist, konnte ich in einer Dialoggruppe erleben, die einige Tage zuvor gemeinsam 24 Stunden meditiert hatte. In der Gesprächsatmosphäre war die von Slaby angeführte Ko-Präsenz für alle greifbar. Wir waren nicht nur eine Handvoll Menschen, die sich miteinander über etwas austauschten. Die Grenzenlosigkeit der Meditation war mit uns und durch uns gleichermaßen präsent. Und wir redeten nicht mehr allein aus dem Raum unserer persönlichen Erfahrung, sondern diese meditative Weite teilte sich im Gespräch ebenfalls mit.

Wenn Menschen auf diese Weise sprechen, „scheint ein spontaner Informationsstrom aus ihrem Mund zu fließen, sie haben das Gefühl, als wären nicht sie es, die sprechen, sondern als fließe die Sprache durch sie hindurch“, beschreibt die integrale Denkerin und Transformationsexpertin Terri O’Fallon diese Qualität. Die Worte, die erklingen, wirken dann verblüffend und frisch. Und es ist völlig gleich, wer sie gerade ausspricht, denn alle können spüren, dass sie selbst gleichfalls ihre Quelle sind. Interessanterweise spielt die Unterscheidung von Ich und Wir, von Individualität und Beziehung, dann keine Rolle mehr, da beide Dimensionen gleichzeitig anwesend sind.

 

Zur Einladung werden

Noch sind Momente wie dieser eher Zufallsgeschenk denn etablierter Daseinsmodus. Das Wir-Sein möchte gelernt sein, damit es alltäglich werden kann. „Auf der frühen Ebene wird die neue Qualität wahrgenommen, aber weil sie so neu ist, ist es kaum möglich, ihr Vorrang einzuräumen“, erklärt O’Fallon. Wie in einem „Schaukelstuhl-Muster“ ist mal das Wir im Vordergrund, mal eher das Ich. Demut und Hingabe sind hier oft der wichtigste Schlüssel zur Stabilisierung und Entfaltung des Wir-Potenzials, denn wer einmal eine transformierende Wir-Erfahrung gemacht hat, glaubt allzu leicht, die Erhabenheit des Augenblicks konservieren zu können. Im stetigen Üben, im Transparentwerden des Ich in der Meditation, in der inneren Ausrichtung auf die Möglichkeit des Wir im Alltag, in einer Offenheit in alle Richtungen, kann sich die umfassendere Perspektive als tatsächlicher Lebensraum immer mehr entfalten. „Neue Wirs in Politik, Gesellschaft und Unternehmen lassen sich nicht einführen, sondern höchstens einladen“, sagt Kirsten Brühl vom Zukunftsinstitut in ihrer Wir-Studie. Sie entstehen am ehesten dann, wenn wir uns als „Ermöglicher“ verstehen – als Katalysatoren für etwas, das durch uns Realität werden kann und dabei doch weit über uns hinausweist.

 

Der Text ist zuerst erschienen in evolve – Magazin für Bewusstsein und Kultur. Wir können es sehr empfehlen!
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Über Dr. Nadja Rosmann:

Sie ist Kulturanthropologin mit dem Schwerpunkt Identitätsforschung. Sie arbeitet als Journalistin, Kommunikationsberaterin und wissenschaftliche Projektmanagerin vor allem zu Themen aus den Bereichen Wirtschaft und Spiritualität und betreibt das Weblog think.work.different: www.zenpop.de/blog Kürzlich ist das Buch „Mit Achtsamkeit in Führung – Was Meditation für Unternehmen bringt“ erschienen, das sie gemeinsam mit Paul J. Kohtes geschrieben hat.

 

Aktuelles Buch:

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Paul Kohtes, Nadja Rosmann: „Mit Achtsamkeit in Führung: Was Meditation für Unternehmen bringt. Grundlagen, wissenschaftliche Erkenntnisse, Best Practices“
Verlag: Klett-Cotta, 2014
Umfang: 276 Seiten
Preis: 30,- €
ISBN: 978-3608948653

Hier können Sie das Buch versandkostenfrei bestellen.

Dieser Artikel Wege zum Wir-Werden – Nadja Rosmann ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.

Den Kern erfassen – Paul J. Kohtes im Interview

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© Jeanette Zimolong / photocase.de

Was ist „rein privat“, und was „rein beruflich“? Ließen sich nicht auch Aspekte aus dem privaten Lebensbereich sinnvoll in das eigene Arbeitsleben integrieren? Übungen und Sichtweisen aus dem Zen sind zum Beispiel ein Weg, den immer mehr Menschen im Management als nützlich empfinden. Paul J. Kohtes, Deutschlands angesehenster PR-Mann und zugleich Zenlehrer, erklärt in einem Interview, wie wir unser Leben zur Freiheit hin managen können.

Ein Interview von Christian Salvesen

 

„Wissen Sie, jahrelang bin ich ‚under cover’ gelaufen. Zen, Meditation? Das war reine Privatsache. Doch in letzter Zeit habe ich festgestellt: Es ist kein Manko mehr. Da bekennen sich beinharte Manager unerwartet zu ihrem Seelentrip, zaghaft meist – ‚ich bin ja auch auf der Suche!’ –aber immerhin! Das bestätigt mich darin, damit in die Öffentlichkeit zu gehen. Dadurch kriegt das Pflänzchen vielleicht etwas Gießwasser.“

Paul J. Kohtes lacht offen und herzlich, weist einladend auf die Schalen mit delikaten Brotschnitten und Obst und schenkt mir Kaffee ein. Vor 30 Jahren gründete er eine PR-Agentur, die nun seit vielen Jahren Marktführer in Deutschland ist. PLEON-KLewes-Kohtes. Kohtes hat fast alle bedeutenden Unternehmen beraten, von Aldi bis zur katholischen Kirche. Zu seinem Buch „Dein Job ist es, frei zu sein“ möchte ich ihn interviewen. Es geht um Freiheit. Um mehr Lebensfreude und Selbstverantwortung, Kreativität und Mitgefühl – in den Unternehmen wie auch privat, daheim.

 

Angst zulassen

Was machen wir mit der Angst?

Meiner Erfahrung nach ist Angst – leider – für viele Menschen die zentrale Triebfeder. Viele machen aus Angst Karriere. Sie denken, in der Position des Vorstandsvorsitzenden sind sie sicher. Aber die Angst ist ja nicht weg. Dann gibt es neue Projektionsebenen. Die Angst sitzt so tief in den Knochen, uns allen, mir auch. Es ist ein langer Weg, sie überhaupt erst einmal ansehen zu können. Sich einzugestehen, Angst zu haben, das braucht schon ein Stück Selbstdistanz.

Hilft da nicht das Leben nach?
Ja, natürlich, das Leben gibt Druck. Aber die gelernte Reaktion ist ja, sich dem nicht zu stellen, sondern neue Hürden aufzustellen. „Mehr vom Selben“ – wie der Psychologe Paul Watzlawick schreibt. Also wenn irgendetwas schief läuft, was mach ich? Ich lasse es nicht als Scheitern auf mich zukommen, sondern ich versuche, es auf Teufel komm raus irgendwie hinzukriegen. Ich möchte ja den Erfolg, den Glanz, das Siegen.
In seinem Freundes- und Bekanntenkreis sagen zu müssen: „Es hat nicht funktioniert“ – das ist – jedenfalls in Deutschland – die größte Katastrophe. Denken wir an die Durchhaltementalität zum Ende des 2. Weltkrieges – nicht nur bei den Verrückten im Führerbunker, sondern in der ganzen Nation! Nur nicht scheitern, versagen, aufgeben! Gut, da steckt als positive Seite eine starke Motivation dahinter, aber diese enorme Angestrengtheit, Verbissenheit, die klebt doch eine Menge kreatives Potential zu.

 

Die eigene Stärke finden

Identität – was ist das?
Sie gehen in eine Bank oder in einen Friseursalon. Sie werden schnell spüren, was das für ein Laden ist. Da sind lauter kleine Signale, die Sie – auch unbewusst – registrieren. Sie fühlen sich wohl oder nicht. Sie werden die Welt, die dieses Unternehmen darstellt, relativ schnell erkennen und erfahren.
Die Identität – sagen wir von Siemens, Daimler-Chrysler oder Microsoft – lässt sich allerdings durch Kommunikation und PR-Aktionen nicht dramatisch verändern. Sie können ihr nur eine bestimmte Pointierung oder Profilierung geben, in die eine oder andere Richtung. Die grundlegende Identität entsteht woanders: In der Tradition des Unternehmens und im aktuellen Management. Und da wiederum ganz klar – das ist meine Erfahrung – in der klassischen Hierarchie, also von oben nach unten. Siehe aktuelles Beispiel katholische Kirche. Ihr Image wird von diesem Papst geprägt. Ein absolut hierarchischer Laden. Hab die ja auch mal beraten…

Eine Anekdote dazu?
Das Bistum Münster feiert in diesem Jahr sein 1200-jähriges Bestehen und hat sich uns als Berater für die PR geholt. Dann saßen wir zusammen, haben Strategien überlegt. Wie kann man das feiern? Ja, was ist denn eigentlich die Kernkompetenz der Kirche?

Geld einnehmen?
Na, das ist die Attitüde, die jeder schnell drauf hat. Aber was ist eigentlich gemeint, im Tiefsten?

Der Seele helfen?
Ja, oder, wenn man das Neue Testament nimmt, ist es Liebe. Wir haben denen dann den Vorschlag gemacht: Nennt das ganze Ding doch: „1200 Jahre Bistum Münster: Eine Liebesgeschichte“. Das Bistum hat, allen Widerständen zum Trotz, dieses Motto durchgesetzt. Großes Lob. Der eigentliche Anspruch der Kirche, den sie sich viel zu oft hat nehmen lassen, die Seele und Identität des Unternehmens, muss klar kommuniziert werden. Wo die Leute sagen: „Ja, da will ich dabei sein!“ Das ist eine Triebkraft, die vielen Unternehmen fehlt. Viele Menschen sind heute so ‚identitätsverloren’, weil sie ihren eigenen Seelenkern nicht einmal ahnen. Bei einem Unternehmen ist der Kern relativ einfach zu finden. Ein Stahlunternehmen, das sagt: „Stahl ist Mist!“ – das kann nicht überleben.

Doch wenn die Frage „Wer bin ich?“ im Sinne des Zen konsequent gestellt wird, führt das nicht ins Bodenlose? Was bleibt da noch?
Nichts. Aber jeder geht so tief, wie es eben geht. Das muss sich entwickeln. Als junger Mann war ich mal in einem Yogakurs. Die Übungen fand ich ganz entspannend, aber der ganze spirituelle Hintergrund – Atman, die Seele etc. – das war mir nur lästig. Jeder Mensch durchläuft nun einmal verschiedene Phasen. Und in der wirklich spirituellen Szene finden Sie relativ wenig junge Menschen. Meist sind es doch Ältere, die entdecken, dass sie nicht nur funktionieren, sondern dass da noch mehr ist.

 

Alles zu seiner Zeit

Wie sollten wir mit der Zeit umgehen?

Wahrnehmen, spüren, was jetzt richtig ist, damit ich nicht unnötige Energie verschwende und nicht gegen etwas anrenne, was im Moment nicht dran ist. Das ist auch ein ökonomischer Aspekt des spirituellen Lebens. Mein Leben läuft reibungsloser.

Zu spüren, was jetzt dran ist, erscheint nicht so einfach. Da gibt es die Sachzwänge…
Die gehören auch dazu. Sie sind ja ein Zeichen dafür, dass es eben noch nicht dran ist. Das muss nicht zu Stress und zu negativen Gefühlen führen. Wenn ich sage: „Aha, das ist wie eine Eiger Nordwand. Die kann ich nicht besteigen, also muss ich drum herumgehen“, dann kriegt der Sachzwang einen anderen Charakter, als wenn ich sage: „Ich muss jetzt über die Eiger Nordwand. Krieg ich nie hin! Ich bin kein Bergsteiger.“

„Sei der du bist!“?
Ja, wie mach ich das? Es geht nicht ohne Veränderung. Deswegen ist das Buch ja auch voll mit praktischen Übungen. Weil ich erreichen möchte, dass die Leute mal aus ihrem System springen. Ein Urlaub kann schon helfen. Aber Manager gehen ja nicht so lange in Urlaub, weil sie Angst haben, dass sie aus dem System rauskommen. „Ich kann mir nicht mehr als eine Woche leisten“ heißt es dann. Dahinter steckt nur die Angst: Wenn ich zwei Wochen raus bin, dann bin ich so raus, dass ich gar nicht mehr richtig rein kann. Dann sehe ich womöglich den ganzen Wahnsinn!

Was ist absichtsloses Handeln?
Das hat mit der Zeitqualität zu tun. Ich bin nicht der kontemplative Typ, der nur still dasitzt und darauf wartet, dass die Zeit reif ist. Ich bin aber auch kein typischer Macher. Sondern die Idee ist, diese Extreme wie ein Spiel oder wie ein Pendel schwingen lassen zu können: Zwischen machen, zupacken, greifen – und loslassen. Das ist, glaube ich, mit „Wu Wei“ (Taostisch: Tun im Nichttun) gemeint.
In der Tradition ist ja vieles für die Mönche geschrieben worden. Das ist eine andere Welt. Ebenso kann ich das, was ich für Manager schreibe, nicht so ohne Weiteres aufs Klosterleben übertragen. Die spirituelle Tradition ist sehr kontemplativ orientiert und lässt die Dinge des praktischen Lebens zu wenig zu. Daher bekommen wir den Eindruck: Das kriege ich nie hin – in meinem Alltag. Das ist weit weg. Da muss ich soviel ändern. Deshalb mein Versuch, das Spirituelle zu integrieren und nicht vom Alltag abzuspalten. Wenn ich den kontemplativen und den aktiven Teil verwebe – die Textilbranche nennt das, glaube ich, „Kette und Schluss“, wo die Fäden quer zueinander laufen – dann wird das Gewebe stabil.

Bedeutet das: Ganz und gar bei der Sache sein?
Das ergibt sich dann daraus. In der aktiven Phase heißt es: Diskutier und lamentier nicht rum, geh deine Essschalen waschen, tu das, was dran ist.

 

Menschlichkeit zahlt sich aus

Mitgefühl scheint in der Wirtschaft wie ein Fremdwort, aber Sie setzen darauf! Warum?
Dass Menschlichkeit und Business einander ausschließen, will ich nicht gelten lassen. Sie können alle Mitarbeiter hier im Haus fragen und die werden Ihnen bestätigen: Ich stehe dafür, dass dieser Versuch auch in der Praxis möglich ist. Natürlich immer mit Unschärfen. Ein Unternehmen wird nicht nur liebevoll sein können, genauso wie es ungesund ist, ein rein funktionales Brachialunternehmen zu haben.
Tatsache ist: Die Unternehmen, wo Menschlichkeit noch eine Rolle spielt, funktionieren am besten, Gott sei dank! Ich stehe ja nicht ganz alleine da mit dieser verrückten Idee. Die großen erfolgreichen Unternehmensgründer, die hatten das drauf. Krupp hat als erster für seine Arbeiter Siedlungen gebaut. Das war zur damaligen Zeit eine Super-Sensation. Eine Tat. Das hat er gemacht, weil er es nicht ertragen konnte, dass seine Arbeiter in Slums lebten. Toll! Das meine ich damit. Das sind so Beispiele.

Sie schreiben im Buch, dass nur der seine Mitarbeiter motivieren und somit führen kann, der sich in sie hineinversetzen kann. Und das wiederum erfordert Unvoreingenommenheit. Können Sie das noch mal erläutern?
Naja, Mitleid, Empathie, alle diese Eigenschaften sind ja letztlich nur möglich, wenn ich offen bin. Wenn ich besetzt bin von einer Zielgeraden, von einem Wunsch, kann ich nicht mehr offen sein. Wenn ich ein Ziel „erstarre“ – und darin gleichsam erstarre – , bin ich nicht mehr in der Lage, es – wie etwa im Judo – kommen zu lassen; die Energien, die mir entgegen kommen, zu nutzen, und sie nicht ständig zu bekämpfen.
Das ist im Umgang mit Mitarbeitern nichts anderes. Wenn ich „zu“ bin und sage: „Der soll gefälligst seine Funktion erfüllen!“, dann kann ich kein Mitgefühl mehr haben. Da ist der mir nur im Wege, wenn er nicht leisten kann, was ich von ihm will. Aber wenn ich meine Idee mitteile und ihn dazu einlade, seine Ideen, seine Kreativität einzubringen, dann ist er motiviert und die Sache kommt in Gang. Wir können das Ziel gemeinsam erreichen.

Einfach ist klug

Wie kann ich einfach sein? Diese Angst, dumm zu erscheinen, grassiert anscheinend ganz besonders in Deutschland. Es ist ein deutsches Phänomen, dass wir es gern komplex haben. Da steckt irgendwie der Dichter und Denker drin. Dabei gibt es in allen Dingen und Prozessen irgendeinen zentralen Kern. Überall. Und es ist viel spannender und wichtiger, den herauszufinden, als ständig Nebenkriegsschauplätze zu eröffnen, um Sand in die Augen zu streuen und dann zu sagen, ja das muss aber, und das und das. Nein. Was ist der zentrale Punkt, auf den ich meine ganze Energie bündeln muss, um wirklich etwas zu bewegen? „Spitze Prozesse sind erfolgreich“ hat mal ein kluger Mann gesagt. Wenn ich übers Meer fahre, dann nicht mit dem Schiff quer, sondern mit der Spitze voran. Wir Deutschen haben Angst davor, etwas auf den Punkt zu bringen. Weil es so simpel klingt!

 

Es gibt keine Wahrheit

Sie schreiben im Buch: „Es gibt keine Wahrheit.“ Das klingt radikal.
Ja, da sind wir mitten im Zen. Es gibt wirklich keine Wahrheit. Es sind alles nur Konstrukte. Alles! Ist es wahr, dass die Amerikaner im Irak einmarschiert sind? Oder ist es wahr, dass die Iraker die Amerikaner gerufen haben? Ist der Islam eine kriegerische oder eine friedliebende Religion? Was ist wahr?

Aber was ist mit der wahren Identität?
Noch schlimmer. Was bleibt denn von Ihrer Identität? Ihre Ausbildung, Ihre Zeugnisse? Ihre Vergangenheit? Nichts mehr da! Alles verloren.

Selbst eine Wahrheit des Buddha wie „Die Leere ist die Fülle“?
Ja, auch weg, alles weg! Den Satz kann ich aufrufen, und für einen Moment wird er meine persönliche Wahrheit. Aber ist der wahr? Die Worte ‚wahr’ und ‚war’ sind womöglich verwandt. Ich nehme etwas wahr, was gewesen ist.

Ist diese Art von Relativismus hilfreich und sinnvoll für Manager?
Ja!! Das garantiert erst die Offenheit. Was ich wahr nehme, gilt nur als Annahme. Eine vorübergehende Absprache. Was ist wahr, in diesen ständigen Veränderungen? Unser Körper soll nach sieben Jahren aus völlig neuen Zellen bestehen. Oder psychologisch. Die Rollen, die wir einnehmen. Wer bin ich – jetzt? Ein Manager mit Anzug und Krawatte, der interviewt wird? Und vor einer Woche: Ein Zenlehrer mit schwarzer Robe auf dem Meditationskissen? Wer bin ich denn…? Da tiefer zu fragen, das ist sehr befreiend!
Zunächst vielleicht schockierend. Wir haben das Gefühl, den Boden zu verlieren. Im Zen heißt es: Triffst du den Buddha unterwegs, schlag ihn tot. Selbst das Heiligste, Bedeutendste…Nix! Es ist nur ein Konzept.

 

Die Praxis

Welche Übung würden Sie spontan als einfach und effektiv empfehlen?
Ohne Uhr zu leben, und sei es auch nur einen Tag. Um das Gefühl zu bekommen, dass die Dinge sich auch zeitlos entwickeln. So oder so. Und dass die Uhr kein Diktator ist, sondern ein Hilfsmittel.
Und dann: Lügen. Lügen, was das Zeug hält. Dummes Zeug erzählen. Das führt dazu, diese Relativität auf eine spielerische Weise ganz plastisch erleben zu können. Kinder lügen, ja auch Tiere, hab ich gelesen. Ist doch herrlich, oder? Vermutlich ist das ein Überlebensinstrument in dieser Welt. Bei all diesen Instrumenten ist die Frage: Bin ich davon abhängig, oder kann ich damit spielerisch umgehen? Und mein Ziel ist es, die Menschheit von Abhängigkeiten zu befreien.

 

Buch zum Thema:
kothes

 

Paul J. Kohtes: „Dein Job ist es, frei zu sein: Zen und die Kunst des Managements“

Hier können Sie das Buch bestellen!
Verlag:  J.Kamphausen
Umfang: 200 Seiten, hardcover
Preis: 17,50€
ISBN: 978-3-89901-043-5

 

 

Über Paul J. Kohtes:

gehört zu den Innovatoren der Kommunikationsbranche und die von ihm in Düsseldorf gegründete Agentur KohtesKlewes zählt heute unter dem Namen Ketchum Pleon zu den internationalen Marktführern. Vor 30 Jahren entdeckte er die Zen-Meditation für sich. Als Zen-Lehrer und Führungskräfteberater steht er für einen neuen Spirit in der Wirtschaft und leitet heute Seminare zu „Zen for Leadership“. 1998 gründete er die Wissenschaftsstiftung Identity Foundation, die mit mehreren großen Studien das Selbstverständnis von Führungskräften im Kontext kulturellen Wandels erforscht hat und als Ko-Initiator des Kongresses „Meditation & Wissenschaft“ Impulse für eine Bewusstseinsentwicklung im Business liefert. Mit seinem Projekt „7Mind – die Meditations-App“ entwickelt er breitentaugliche Zugangswege zu Meditation in Alltag und Arbeitswelt. Außerdem veröffentlichte er zahlreiche Bücher.

www.identityfoundation.de
www.zenforleadership.com
http://kohtes.klewes.com
www.meditation-wissenschaft.org
www.7mind.de

 

Christian Salvesen ist Autor, Künstler und Kenner der spirituellen Szene. 1951 in Celle geboren, Magister der Philosophie und Musikwissenschaften, Komponist und Musiker, arbeitet seit über 20 Jahren als Journalist/Redakteur und hat etliche Bücher veröffentlicht, darunter „Advaita“ und „Liebe – Herz aller Weltreligionen“. In den 80ger Jahren leitete er in eigenen, erfolgreichen Rundfunksendungen beim WDR und NDR zur Meditation und zum Bewussten Hören an.

http://www.christian-salvesen.de

Dieser Artikel Den Kern erfassen – Paul J. Kohtes im Interview ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.


Machtmißbrauch in der spirituellen Szene – Christian Salvesen

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© kallejipp / photocase.de

Wissen ist Macht, und kann missbraucht werden – auch von spirituellen Lehrern. Wissen gilt in unserer Gesellschaft als besonders erstrebenswert, im TV-Quiz kann man 1 Million Euro gewinnen. Das spirituelle Wissen kann ebenfalls eine verführerische Macht sein.

von Christian Salvesen

 

 

 

Wir kennen den Slogan „Wissen ist Macht“. Er erscheint zum Beispiel in der Werbung für Persönlichkeitsentwicklung und Managementtrainings. Und die Geschichte belegt: Wer lesen und schreiben konnte und so über Wissen verfügte, der hatte auch Macht und Einfluss. Immer wieder ging es in Revolutionen wie der Französischen von 1789 oder den Arbeiterrevolten in den 20er Jahren in Deutschland darum, dass die sozial schwachen und armen Menschen auch den Zugang zu Bildung und Ausbildung erhalten. Das ist bis heute aktuell: Je mehr Wissen und Bildung, desto besser die Berufschancen.

Doch das geflügelte Wort „Wissen ist Macht“ bedeutet noch mehr. Es stammt aus der Philosophie von Francis Bacon (1561–1626), einem Pionier der Aufklärung. Er schreibt 1598 in Bezug auf die Wissenschaft „Wissen selbst ist Macht“ und 1620 in seinem Hauptwerk Novum Organum: „Wissen und Macht des Menschen fallen zusammen, weil Unkenntnis der Ursache über deren Wirkung täuscht“. Wir dürfen nicht vergessen, dass zu jener Zeit der Glaube an Hexerei viel Leid erzeugte. Die Einsicht in den Zusammenhang von Ursache und Wirkung war gleichsam blockiert. Das Meckern eines Ziegenbocks oder das Lachen einer Frau konnten durchaus als Ursache für den Brand eines Hauses und als Werk des Satans angesehen werden, eben aus Unwissenheit.
Im weitesten Sinn ist Wissen nicht nur gut für die eigene Karriere, sondern vor allem für die Entwicklung unserer Spezies Mensch. Philosophen wie Sri Aurobindo, Jean Gebser und Ken Wilber sehen eine Entwicklung des Bewusstseins, die durch eine höhere, göttliche Instanz gelenkt wird, und dabei geht es primär um ein inneres Wissen.

Der französische Philosoph, Historiker und Soziologe Michel Foucault (1926-1984) kam zu dem Schluss, dass „Macht und Wissen einander unmittelbar einschließen; dass es keine Machtbeziehung gibt, ohne dass sich ein entsprechendes Wissensfeld konstituiert, und kein Wissen, das nicht gleichzeitig Machtbeziehungen voraussetzt und konstituiert.“

Was so wichtig für uns Menschen ist, kann aber auch missbraucht werden. Ein Betrüger ergaunert sich heute meistens Informationen durch das Internet, spioniert den Zugang zu Kontodaten aus usw. Jeder hat wohl auch selbst erlebt, dass jemand etwas weiter erzählt hat, was ihm oder ihr mit dem Schweigesiegel anvertraut wurde. Wissen besteht aus Informationen, für die nicht nur in Spionagefilmen getötet wird. Es kann die Nummer eines Bankkontos oder einfach nur eine Adresse sein – und das Wissen darum entscheidet über Leben und Tod. Und das bedeutet auch Macht.

 

Wissen und Macht im Bereich der Spiritualität

Wir können hier unzählige spannende Fälle von Macht und Machtmissbrauch in der Geschichte, der Politik usw. erörtern, eben das, was auch in Krimis und der aktuellen Presse behandelt wird. Doch im Folgenden soll es um Wissen und Macht sowie ihren Missbrauch im Bereich der Spiritualität gehen.

Wissen sollte hier eigentlich gleichbedeutend mit Weisheit sein. Religionsstifter wie Moses, Jesus, Mohammed oder Buddha gelten als weise und gerechte Menschen, die ein besonders inniges Verhältnis zu Gott, zur universellen Wahrheit und zur Liebe haben. Sie haben aufgrund ihrer mystischen Erfahrung eine besondere Autorität, sind auf eine Art machtvoll, die schwer zu definieren ist. „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“, soll Jesus gesagt haben. Er trennte deutlich zwischen der weltlichen und der göttlichen Macht. Andererseits soll er seinem Jünger Petrus eine Verantwortung und Macht übertragen haben, auf die sich bis heute jeder Papst „als Stellvertreter Gottes auf Erden“ beruft. Und wie wir aus der Geschichte wissen, haben die meisten Päpste ganz kräftig mitgemischt in der Politik.

Die Beziehung zur Macht ist bei den Religionsbegründern unterschiedlich. Moses führte sein Volk wie ein Herrscher durch die Wüste und gab ihm die zehn Gebote, Mohammed kämpfte als Krieger, Jesus wählte den Opfertod, Buddha verzichtete auf seinen Thron und Krishna schickt Arjuna in den Kampf, um alle seine Freunde und Verwandte zu töten. Ein allgemein verbindliches Konzept, wie sich Erleuchtung mit Macht verbindet, lässt sich hier nicht so ohne Weiteres ablesen.

In den Religionen der vergangenen 3000 Jahre nutzten Priesterkasten und Eingeweihte ein kaum durchschaubares Wissen um göttliche Zusammenhänge, um das Volk zu unterdrücken. Das lief und läuft immer noch so gut, weil die Grundängste des Menschen ausgebeutet werden. Jeder hat Angst vor dem Tod. Da ist eine Ungewissheit und Leere, in die man einen Himmel und eine Hölle hinein fabrizieren kann. Ein wunderbares Machtinstrument, sehr ausbaufähig. Das Wissen ist natürlich nur vorgetäuscht. Niemand weiß, was nach dem Tod kommt. Aber das Geschäft mit Informationen aus dem Jenseits blüht auch heute. Es ist so menschlich, etwas wissen zu wollen, was doch grundsätzlich dem Verstand verschlossen bleibt. Wer da weise genug ist, sich dem Nicht-Wissen hinzugeben, wird kaum ein Opfer von Gurus werden, die ihm göttliches Wissen und Erleuchtung verkaufen wollen.

 

Machtmissbrauch heute

Nun, es gibt die Macht und ihren Missbrauch auch in der heutigen spirituellen Szene. Das ist besonders subtil und schwer greifbar. Denn etliche Schüler und Schülerinnen von Gurus würden nicht einmal auf die Idee kommen, dass sie womöglich missbraucht werden, sei es sexuell oder in anderer Hinsicht. Es ist manchmal schwierig, die Grenze zwischen Hingabe und Hörigkeit zu erkennen.

Wenn ich hierzulande jemanden als Guru verehre, ist das – im Unterschied zu Indien, woher diese Tradition stammt und wo das sozial anerkannt ist – reine Privatsache. Mit dem Gesetz komme ich nicht in Konflikt, denn es gilt die Religionsfreiheit. Ich darf jeden Guru verehren und anbeten. Es sei denn, er fordert zum Krieg gegen die Ungläubigen auf – da hört der Spaß auf!

Auf dem Rainbow-Spirit-Festival in München 2012 gab es eine Podiumsdiskussion zum Thema „Spirituelle Arroganz“. Die Moderation hatte Wolf Schneider, Herausgeber von Connection Spirit. Eingeladen waren Annette Kaiser, Schülerin der berühmten Sufimeisterin Irina Tweedie (1907-1999), die Theologin Katharina Ceming, sowie der Psychologe Christian Meyer, der erklärt, er könne Menschen zum Erwachen führen, und schließlich der Satsanglehrer Madhukar, Schüler des indischen Gurus Sri Poonja (Papaji). Es waren sehr spannende und auch unterhaltsame 90 Minuten – die jeder im Internet bei Jetzt-TV mitverfolgen kann. Ich überspringe hier den ersten Teil des Gesprächs zum Thema Arroganz und klinke mich ein bei der Frage, ob spirituelle Lehrer mit ihren Schülern Sex haben dürfen.

Das ist eine sehr wichtige Frage, denn der Lehrer oder Guru steht für ein Wissen, das nicht mal eben so angelesen werden kann. Ich, der Schüler, die Schülerin, begreife womöglich endlich – nach langer verzweifelter Suche, worum es letztlich geht, das Geheimnis der Unsterblichkeit und der unbegrenzten Liebe, indem ich mich dem Meister ganz hingebe, offenbare, alles zulasse. Der Meister hat mich womöglich auserwählt, mit ihm sein Bett zu teilen. (Weibliche Gurus können sich entsprechend ihren auserwählten Schülern widmen). Auch die gleichgeschlechtliche Variante ist belegt. Wir haben leider genug unrühmliche Beispiele von weltberühmten Gurus, die nachweislich Sex mit ihren Schülern hatten und dabei großes Leid verursachten, ja sogar den HIV-Virus wissentlich übertrugen.

 

Die Diskussion

Nach einer guten halben Stunde, wo sich die Podiumsdiskussion etwas festgefahren hat, weil der Begriff Arroganz schwer zu definieren ist, fragen die Frauen in der Runde, Katharina und Annette konkret nach: Was ist mit sexuellen Übergriffen seitens des Gurus?

Annette Kaiser hat als Präsidentin der Transpersonal Society in den 80er Jahren viele spirituelle Lehrer kennengelernt, und gerade die tibetischen Lamas waren wohl in Sachen Sex recht ungestüm. „Es ging höllisch zu“, meint sie schmunzelnd. Doch es sei für sie ganz wichtig gewesen, hier Klarheit zu erlangen. Ihre Lehrerin habe stets den gesunden Menschenverstand beschworen. Die Tibeter bandelten derart mit den westlichen Schülerinnen an, dass der Dalai Lama ein Machtwort sprechen musste. Er verordnete die Heirat.

Annette Kaiser besteht darauf, dass es in jedem von uns die Instanz des Gewissens, des besseren Wissens gibt, eine „Richtlinie des Herzens“. Wir können und sollen uns jederzeit und in jeder Situation fragen: Stimmt das jetzt für mich? Die innere Ethik kommt aus der Stille und stimmt mit dem Kosmos überein.

Im Gespräch wird letztlich klar, dass Annette sexuelle Beziehungen zwischen Guru und Schüler ablehnt, auch wenn sie Ausnahmen zulassen möchte. Es entspinnt sich eine witzige Auseinandersetzung zwischen ihr und Madhukar, der anscheinend in der von ihr mit betreuten Schweizer Villa Unsprunn wegen Arroganz ausgeladen wurde. Madhukar war erfolgreicher Journalist im Fernsehen und verkündet, er sei von Poonja, der ihm den Namen (übersetzt Geliebter, süß wie Honig) gegeben hat, zur Vermittlung der Botschaft beauftragt worden, und die lautet: Du bist bereits frei.

Der kahlgeschorene Madhukar gibt sich jovial und lässig: Die Schweizer könnten es offenbar nicht aushalten, wenn die Suppe kalt wird, er sei eben etwas später gekommen, na und? Insgesamt steht Madhukar zu eben jenen Eigenschaften und Privilegien, die einem Guru in der indischen Tradition zukommen. Er lässt Schüler und Schülerinnen ohne Entgelt für sich arbeiten, sie müssen ihn sogar Siezen. Und er hat sexuellen Verkehr mit etlichen Schülerinnen. Das seien aber, so Madhukar, alles reife Frauen. Warum können Frauen nicht selbst entscheiden, in welches Abenteuer sie sich einlassen? Wer stellt hier überhaupt die ethischen Regeln auf? Warum sollte sich ein Erwachter daran halten?

„Meine Erfahrung ist, dass die Aura bei Männern, die mit hundert Frauen geschlafen haben, grau ist“, sagt Annette Kaiser. Madhukar entgegnet darauf: „Ich glaube eher, dass Männer, die keinen Sex haben, zum Beispiel Mönche, eine graue Aura verstrahlen. Ich fühle mich jedenfalls sehr lebendig. Ich sehe in jeder Frau eine Göttin, die genau weiß, was sie will. Und überhaupt ist ein Guru letztlich jenseits von Mann und Frau, er ist jenseits von jeglicher Form. Das ist die Liebe, die ich mit Papaji erlebt habe.“

 

Die Asymmetrie in der Meister-Schüler Beziehung

Sehr klare Position in der Diskussion beziehen auch Katharina und Christian. Beide lehnen eine sexuelle Beziehung zwischen Guru und SchülerIn kategorisch ab. Katharina begründet das mit der ethischen Bedeutung des spirituellen Lehrers.

Christian Meyer weist als Psychologe auf die Parallele zur Psychotherapie hin, wo das verbindliche Verbot der sexuellen Beziehung zwischen Patient und Therapeut besteht. Der spirituelle Lehrer (Guru, Meister) hat ein Wissen, das ihn für den Schüler unentbehrlich macht. Doch er darf das keinesfalls ausnutzen. Eine sexuelle Beziehung würde dieses delikate spirituelle Verhältnis von Meister und Schüler zerstören. Es geht nicht darum, dass ein erwachter Lehrer keinen Sex haben sollte. Er ist nicht heilig. Doch wenn er Sex hat, dann außerhalb der Meister-Schüler-Beziehung, auf Augenhöhe, symmetrisch. Der Lehrer sollte kein Leid erzeugen, doch in einer asymmetrischen sexuellen Beziehung wird es dazu zwangsläufig kommen.

Die Diskussion hat mir gezeigt, dass es allgemeine Regeln dafür gibt, wie sich man/frau vor einem Machtmissbrauch von spirituellen Lehrern schützen kann. Jeder sollte tief in sich hineinfühlen, was richtig ist (Annette Kaiser), rational überprüfen: Was gibt mir das wirklich? (Katharin Ceming). Was bedeutet eigentlich Asymmetrie in der Beziehung zum sprituellen Lehrer. Bin ich von ihm abhängig? Und auch Madhukar, der in diesem Diskussionsforum offensichtlich als Beispiel für „Spirituelle Arroganz“ herhalten sollte, hat einen wichtigen Punkt beizutragen: Bitte keine spirituelle Etikette. Erwachen ist kein Gesellschaftsevent mit Serviette, Messer und Gabel.

 

Über Christian Salvesen:

Er ist Autor, Künstler und Kenner der spirituellen Szene. 1951 in Celle geboren, Magister der Philosophie und Musikwissenschaften, Komponist und Musiker, arbeitet seit über 20 Jahren als Journalist/Redakteur und hat etliche Bücher veröffentlicht, darunter „Advaita“ und „Liebe – Herz aller Weltreligionen“. In den 80ger Jahren leitete er in eigenen, erfolgreichen Rundfunksendungen beim WDR und NDR zur Meditation und zum Bewussten Hören an. Er lebt mit seiner kanadischen Ehefrau in der Nähe von München. Alles weitere erfahren Sie auf www.christian-salvesen.de

 

Buchtipps:
1. Michel Foucault: Archäologie des Wissens. Suhrkamp, 2002.
2. Sabine Necker (Hrsg.): Wissen ist Macht: Aber nichts wissen macht auch nix . Coppenrath, Münster, 2010.

Infos zu den Teilnehmern der Diskussionsrunde:
Annette Kaiser – www.villaunspunnen.ch
Katharina Ceming – www.quelle-des-guten-lebens.de
Madhukar – www.madhukar.org
Christian Meyer – www.zeitundraum.org
Wolf Schneider – www.schreibkunst.com

Das Video der Posiumsdiskussion nebst vielen anderen interessanten Beiträgen auf www.jetzt-TV.de

Fotos von der Podiumsdiskussion können Sie hier einsehen.

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Dieser Artikel Machtmißbrauch in der spirituellen Szene – Christian Salvesen ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.

Spirituelle Intelligenz: Spürend Denken – Interview mit Dr. Joachim Galuska

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© CL. / photocase.de

Auf spirituellen Wegen wird oft ein Zustand angestrebt, in dem wir uns der Welt und dem Leben unmittelbar öffnen. Dr. Joachim Galuska, Psychotherapeut und Leiter der Kliniken Heiligenfeld, spricht über diese innere Haltung des Spürens. Mit Bezug auf den „Meister des Spürens“ Rainer Maria Rilke reflektiert er über die Bedeutung solch eines Daseins in der Welt für eine moderne Spiritualität. Galuska ist der Initiator des angesehenen „Heiligenfelder Kongresses“, der dieses Jahr am 18. – 21. Mai stattfindet. Thema: Liebe

Ein Interview von Thomas Steininger, zuerst erschienen in evolve

 

Thomas Steininger: Wenn man über eine zeitgemäße Spiritualität spricht, scheiden sich oft die Geister. Die einen betonen, dass Spiritualität mehr Gefühl braucht. Für andere ist Spiritualität oft zu gefühlsorientiert. Diesen Kritikern geht es mehr um einen wachen, aufgeklärten Geist. Wie lebt man heute Ihrer Ansicht nach eine moderne Spiritualität?

Joachim Galuska: Spiritualität versucht, eine innere Haltung zu kultivieren, die jenseits unserer konzeptionalisierten Bindungen liegt. Wir gehen über die Konstruktionen, mit denen wir unser Leben interpretieren und erschaffen, hinaus. Non-Dualität bedeutet auch, dass wir die Wirklichkeit ohne Konzept unmittelbar erfahren. Dieses Erfahren ist weder Fühlen noch Denken; als alternativen Begriff würde ich hier das Spüren wählen. Man könnte es auch als Offenheit unseres Bewusstseins oder unseres geistig-seelischen Zustandes bezeichnen. Wenn wir in dieser Offenheit sind, dann spüren wir das Leben auf eine direkte Weise. Unser gesamter Organismus, unser gesamtes Bewusstsein steht diesem Spüren zur Verfügung. Und unser Verstand versucht alles, was wir spüren, in Begriffe zu fassen. Dieses spürende Denken nutzt nicht so sehr Begriffe und Konzepte als Abbilder der Wirklichkeit, sondern es ist ein metaphorisches Denken. Es steht der Poesie näher als einem wissenschaftlich präzisen Denken oder einem philosophischen Denken im engeren Sinne. In diesem nondualen Spüren verändert sich auch unser Fühlen, es ist nicht mehr nur emotional und körperlich, sondern trägt auch intuitive Komponenten. Spiritualität lebt in der Bereitschaft zu dieser Offenheit zum Leben und zur Welt, und das ist eine Haltung, welche die DichoThomasie zwischen Denken und Fühlen überschreitet.

 

Das tieftiefe Leben

TS: Können Sie diese Unterscheidung zwischen Spüren und Fühlen noch etwas erläutern?

JG: Jeder Begriff reduziert und versucht, etwas zu fassen, was im Grunde eine Bewusstseinshaltung, ein Bewusst-Sein im Moment, ist. Wir können dem Moment offen und bereit begegnen, so wie er ist – ohne Hindernisse, Widerstände, Konzepte, Vorurteile, Pläne oder Erinnerungen. Wir erfahren den Moment in seiner Fülle, die viel intensiver, größer und beeindruckender ist, als die Momente unseres Lebens, in denen wir die Welt durch selektierendes, filterndes, begrenztes Denken und Fühlen erfahren. Diese Erfahrung würde ich als Spüren bezeichnen. Es ist eine Offenheit für das Leben, wie es gerade ist, in seiner Tiefe, Fülle, Intensität, Weite und Größe; das Leben in seiner Schönheit und in seinem Schmerz. Wir spüren das Leben in seiner Dynamik, in seinem Strömen, denn das Leben ist in Bewegung. Jeder Moment entwickelt sich und verändert sich aus sich heraus. Und diese Bewegung können wir spüren. Wir fließen in dieser Offenheit im Leben, mit seiner Schönheit und seinem Schrecken, wie Rilke es so schön ausgedrückt hat. Rilke ist ein gutes Beispiel. Er hat versucht, das Leben als Ganzes zu spüren: das Schreckliche und das Grauenvolle, das Alter, den Schmerz und den Tod, aber auch die Schönheit und das Wunder des Lebens. Wenn man versucht, hinter seine Worte zu spüren, kann man diesen Zustand, aus dem er schrieb, erahnen. Ich würde es als „Spürigkeit“ bezeichnen, eine tiefe Offenheit dem Leben gegenüber. Wie konnte er sonst vom „tieftiefen Leben“ sprechen? Er vermittelt uns eine Erfahrung dieses spürenden Bewusstseins, in dem er diese Zeilen schrieb.

 

Poetisierung des Denkens?

TS: Dieses poetische Denken ist eine Form des Denkens, die dem Leben anders begegnet als ein rein analytisch-wissenschaftliches Denken. Zeigt sich darin vielleicht auch eine denkend-spürende Spiritualität, die durchaus kritisch nachdenkend sein kann, aber auch diese Offenheit zulässt, von der Sie sprechen?

JG: Ich würde noch einen Schritt weiter gehen und sagen, dass dieses spürende Denken kein sich gegenüberstellendes Denken ist, das etwas zum Objekt macht und dann versucht, es zu erfassen und zu begreifen. Bei Rilke spricht das Leben sozusagen in der Form seines Denkens, die dann in seinen Texten zum Ausdruck kommt. Aber es ist kein Denken über etwas, es ist kein Denken über das Leben, sondern es ist das Leben, das sich in diesen Worten ereignet. Eigentlich gehört dieses Denken zu dem Moment, den der Dichter fühlt und zum Ausdruck bringt. Damit ist dieses spürende Denken im Grunde ein Lebensausdruck selbst, der sich dem Leben nicht in irgendeiner Form gegenüberstellt, sondern der einfach als poetische Entfaltung aus dem Leben herausfließt – als Gestaltung dieses Moments, der dadurch, dass er in Worten Ausdruck findet, für uns nachvollziehbar wird.
Aber ich glaube, dass man so jemanden wie Rilke erst dann wirklich in der Tiefe versteht, wenn man versucht, sich einfach nur berühren zu lassen von seinen Worten und sich fragt: Woher spricht dieser Mensch? Wenn ich diese Empathie wirken lasse, kann ich versuchen, mich ganz hineinfallen zu lassen in seine Worte, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was dieser Mensch erlebt, empfunden und gespürt haben muss, als er diese Zeilen schrieb.

 

TS: Sie haben jetzt mehrmals eine Unterscheidung angesprochen: das Denken über etwas im Gegensatz zu einem Denken, das in sich selbst ein lebendiger Ausdruck des Lebens ist. In der deutschen Romantik, vor allem von Novalis, wurde die Poetisierung des Denkens gefordert. Hier hat das Denken einen tiefen spirituellen Anspruch, nämlich den der Nicht-Getrenntheit. Denken ist dann nicht nur eine Reflexion über etwas, sondern in sich ein lebendiger Ausdruck des Lebens auf der Ebene von Bewusstsein. Zeigt sich darin nicht die Möglichkeit einer Haltung, in der Denken und Spüren nicht mehr getrennt sind?

JG: Ja, wobei wir noch beachten sollten, dass das Denken einen Ausdruck sucht. Wenn sich das Denken ins Sprechen oder Schreiben hineinbewegt, dann wird es oft wieder beschränkter. Wie können wir dieses spürende Denken auch in der Interaktion und Kommunikation zum Ausdruck bringen? Das hat viel mit Einfühlung zu tun. Der Ausdruck unseres Denkens richtet sich ja immer an einen Menschen, der es hört und auf sich wirken lässt und darauf antwortet. Im kommunikativen Zusammenhang kann sich ein Denken, Fühlen, Spüren, das spirituell verankert ist, auch bewusst sein, dass wir in einem kollektiven, kommunikativen Begegnungszusammenhang stehen. Das Leben ereignet sich nicht nur individuell, sondern es ereignet sich gerade auch zwischen uns. Wir können gemeinsam vergegenwärtigen, wie sich das Leben gerade anfühlt – nicht nur ich oder Sie, sondern wir gemeinsam.

 

In den Sternstunden

TS: Das Denken wird oft als ein Prozess verstanden, der im Individuum entsteht. Aber das Gespräch, in dem wir uns jetzt befinden, ist ja auch ein Denken, das sich als ungeteiltes Ganzes in diesem Dialog entfalten kann. Dann prallen nicht nur zwei Denkweisen aufeinander, sondern es entsteht ein ungeteilter Ausdruck von Lebendigkeit im Gespräch.

JG: Wenn es uns beiden gelingt, uns in diesen gemeinsamen Erfahrungsraum einzustimmen, dann empfinden wir diese ungeteilte Dynamik. Ich möchte noch einen anderen Aspekt ansprechen, der mir hier wichtig erscheint. Sie gebrauchen das Wort „Denken“ sehr oft auch im Hinblick auf eine aufgeklärte Spiritualität. Aber ist es nicht so, dass das Medium der Spiritualität nicht das Denken ist, sondern die Aufmerksamkeit, die Offenheit des Geistes, die Offenheit der Seele oder die Offenheit des Bewusstseins?  Wenn ich jetzt so offen dem Leben entgegentrete – dem, was da ist, und auch dem, was die Welt irgendwie überschreitet oder subtil durchdringt –, dann empfinde ich ganz besonders in Sternstunden der Bewusstheit, dass sich mir eine Art von Struktur oder Weisheit zeigt. Ich nenne es am liebsten Intelligenz: Eine Art von Intelligenz erschließt sich mir, die das Ganze so gestaltet, wie es ist, die ich aber nicht durch Denken erfassen kann. Wenn ich diesen Moment des Lebens mit meinem Denken verstehen will, wird das Ganze drastisch reduziert. Die Welt ist so unendlich größer als das, was wir denkend erfassen können. Philosophie unternimmt den Versuch, die Welt denkend zu erfassen. Spiritualität geht einen Schritt weiter: Wir erfassen die Welt nicht nur denkend, sondern begegnen ihr in einer Offenheit des Geistes, in voller Präsenz, in voller Bewusstheit. Dann können wir etwas spüren, erfühlen, erahnen von der Intelligenz, die gerade am Werke ist. Die Intelligenz, die die Evolution so sein lässt, wie sie ist, die den Moment so sein lässt, wie er ist. Die Intelligenz, die diesen Moment hervorbringt, und uns leben und sprechen und jetzt zusammen sein lässt. Nun könnte man sagen, das ist alles einfach Zufall, auch dass wir jetzt dieses Gespräch führen. Aber das Wort Zufall finde ich dafür zu dumm. So dumm ist das Leben nicht, sondern es ist irgendwie gefügt, da sind viele Ströme und Verbundenheiten am Werke, die wir denkend nicht verstehen können. In diesen Sternstunden erkenne ich, dass mein Bewusstsein so viel kleiner ist  als die Fülle des Lebens, sodass ich selbst in den leuchtenden Momenten das Gefühl habe, ich kann nur eine Ahnung davon bekommen, wie groß das ist, was sich gerade ereignet.

 

TS: Gibt es nicht die Möglichkeit, diese Offenheit, die Sie beschreiben, denkend zu begleiten?

JG: Sie möchten die Beziehung zwischen Denken und Fühlen gern zugunsten des Denkens beantworten und darin spüre ich Ihre philosophische Herkunft. Ich komme eher aus der Psychotherapie und aus der Selbsterfahrung, deswegen ist mir das Fühlen sehr nahe. Ich würde es aber gar nicht Fühlen nennen, sondern Spüren. Sie können natürlich dieses Spüren denkend begleiten, nur würde ich sagen, dass gerade in den Sternstunden dieser großen Offenheit ein Gespür erwacht für dieses gewaltige Geschehen, was da Evolution, Kosmos – oder wie auch immer Sie das nennen wollen – heißt. In solchen Momenten ist es viel wichtiger, das zu spüren, zuzulassen und sich davon durchdringen zu lassen. Wir umfassen mit so viel Aufmerksamkeit und Bewusstheit wie möglich diese Größe des Lebens und lassen sie sich an uns ereignen. Wir verglühen darin, wie es Martin Buber einmal gesagt hat. Das finde ich interessanter, als es denkend zu begleiten, weil dieses denkende Begleiten eine Ablenkung darstellen könnte von dem, was eigentlich viel, viel wichtiger ist: diese Größe zu leben, zu erfahren, sich davon rühren und beeindrucken zu lassen. Wenn mir das gelingt, dann kommt mir mein Denken so unwesentlich vor – und ich bin ein guter Denker. Ich habe hinterher immer noch genügend Möglichkeiten, darüber nachzudenken. Aber im Erleben dieser Offenheit will ich den Moment in seiner Tiefe erforschen, erfassen und mich ihm hingeben. Natürlich sind Gedanken dabei, aber sie sind wie Blüten oder Farben, die einfach auch in diesem Moment dazukommen. Es ist schön, wenn man das eine oder andere auch in Worte fassen kann. So wie man eben ein Lied singen oder eine Melodie spielen könnte, so können wir auch Worte spielen. Und wir können schauen, was wir daraus lernen, wenn wir unser Leben wieder rekonstruieren und versuchen, gut zu leben und das Leben wirklich in seiner Tiefe zu erfahren und zuzulassen. Moderne abendländische Spiritualität ist meiner Ansicht nach darauf ausgerichtet, das Leben in seiner Größe und Tiefe zu erfahren und zu spüren: Wir lassen uns auf das Leben ein, vertrauen uns ihm an, spüren seine Größe und folgen der Intelligenz, die sich darin zeigt. Und wir leben unser eigenes, persönliches Leben als Teil dieses gewaltigen kosmischen Geschehens, das auch in uns lebt.

Der Text ist zuerst erschienen in evolve – Magazin für Bewusstsein und Kultur. Wir können es sehr empfehlen!
www.evolve-magazin.de
www.facebook.com/evolve.magazin

 

Über Dr. Joachim Galuska:

Der Psychotherapeut ist ärztlicher Direktor und Mitbetreiber der Heiligenfeld Kliniken für Psychosomatische Medizin in Bad Kissingen. Als Veranstalter des jährlich stattfindenden Kongresses der Akademie Heiligenfeld, gibt er sein eigenes Wissen weiter und diskutiert mit namhaften Persönlichkeiten über aktuelle Zeitfragen, wie beispielsweise eine menschengerechtere Wirtschaft und Medizin.
www.joachim-galuska.de

 

Veranstaltungshinweis:

Wieder gibt es den „Heiligenfelder Kongress“, diesmal zum Thema „Liebe“ in Bad Kissingen. Erwartet werden wieder um die 1000 Teilnehmer. Hier finden Sie alle Infos: www.kongress-heiligenfeld.de

Dieser Artikel Spirituelle Intelligenz: Spürend Denken – Interview mit Dr. Joachim Galuska ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.

Der Weg der inneren Nahrung – Equiano

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©Wickelbär / photocase.de

Essen oder nicht essen – ist das hier die Frage, wenn wir von Lichtnahrung sprechen? Filme wie „Am Anfang war das Licht“ zeigen, was im Bereich des Möglichen liegt und doch nicht für Jeden geeignet scheint. Sicher ist, dieser junge Mann hier hat seine Antwort zum Thema gesucht und gefunden.

von Equiano

 

 

Ja, das ist die Frage, die sich wohl jeder früher oder später stellt, wenn er davon hört, dass es möglich ist, ohne feste Nahrungsmittel zu leben. Diejenigen, welche dem Thema auf Anhieb zugeneigt sind, werden mit ihrem rationalen Verstand wahrscheinlich sehr schnell an ganz praktische Vorteile denken. Man spart Zeit und vor allem Geld. „Hey, stell dir vor, ich hätte nicht mehr all die Nahrungsmittelkosten! Das sind so und so viel Euro pro Monat, ich würde jede Menge sparen! Und ich hätte auch mehr Zeit für dies und das! Kein Kochen, kein Abspülen, kein Einkaufen, das ist ja super – das möchte ich!“ Wiederum andere werden dem Thema vielleicht auf Anhieb abgeneigt sein. „Was, nie wieder essen? Das ist doch absurd, essen ist doch so was Tolles! Außerdem koche ich doch so gerne, und vor allem das Zusammensein beim Essen mit den anderen möchte ich auf gar keinen Fall missen. Ich meine, wofür haben wir denn Zähne, Kaumuskeln und einen endlos langen Darm bekommen? So ein Quatsch!“

Bei der Erstkonfrontation mit dem Thema der inneren Nahrung lassen sich zumeist zwei Hauptreaktionen beobachten. Entweder Zuneigung, offene strahlende Augen und sofortiges Interesse, mehr darüber zu erfahren, oder aber Abneigung, Widerstand, sofortige Kritik oder Wegrationalisieren dieser Möglichkeit.
Da die meisten Menschen es gewohnt sind, alles Neue und Unbekannte sehr schnell mit dem Verstand zu beurteilen und in eine Schublade zu stecken, sehen sie natürlich zuerst die oberflächlichen Vor- oder Nachteile. Je nachdem, was sie dabei zuerst empfinden. Und genau bei dem Stichwort empfinden kommt man der Sache auf den Grund. Wenn jemand das Wort „Lichtnahrung“ nämlich zum ersten Mal hört, wird es definitiv bei den meisten etwas im Innern auslösen. Wenn man diesen Gefühlen dann tiefer auf den Grund geht, wurzeln alle Empfindungen am Ende in einem dieser beiden Dinge: Sehnsucht oder Angst.

Und auf der Grundlage dieser Empfindungen reagieren Menschen mit rationalen Argumenten. An dieser Stelle steht zudem folgende Frage im Raum „Welche Stimme spricht da eigentlich in unserem Inneren?“ Gibt es vielleicht eine Instanz im Menschen, welche über seine Gefühle mit ihm kommuniziert? Eine Art Navigator, der ihn auf bestimmte Dinge in seinem Leben aufmerksam machen möchte? Jeder kennt vielleicht die Situation, im Auto zu sitzen, sich verfahren zu haben und auf einmal ist da so ein Gefühl, nach rechts fahren zu wollen. Und schon ist man irgendwie am Ziel angelangt. Ist es das, was man gemeinhin als Intuition bezeichnet? Doch, wenn der logische Verstand nicht wissen konnte, dass es nach rechts ging, woher weiß es dann diese Intuition?

Es ist also mehr als wahrscheinlich, dass es tief im Menschen etwas gibt, das ihn stets führt und ihm in aller Liebe gut gesonnen ist. Doch zu oft ist der Mensch so sehr beschäftigt, gestresst und unruhig, dass er diese sanfte, aber klare Kommunikation nicht hören kann. Und da die wenigsten Menschen sich heutzutage freiwillig bewusst der Stille und Ruhe widmen, kommen glücklicherweise ab und zu auch mal ein paar Krankheiten, Unfälle oder andere unangenehme Vorfälle in ein Menschenleben. Leben kann einfach, angenehm und fließend sein, wenn es durch die innere Stimme geführt ist. Und wie beschwerlich und frustrierend es sein kann, wenn man diese Stimme missachtet. Ohne den inneren Navigator als ständigen Wegbegleiter endet ein Mensch immer wieder in dem Gefühl, ein Opfer des Lebens zu sein – ausgeliefert! Andersherum erfährt er immer wieder das, was manche Leute vielleicht als Glück oder Gnade bezeichnen würden.

Um wieder auf die üblichen Reaktionen Angst und Sehnsucht bezüglich dem Lichtnahrungsthema zurückzukommen, möchte der Autor Equiano einen Schritt weg von der rationalen Reaktion aufgrund dieser Empfindungen machen und von seiner persönlichen Erstkonfrontation mit der Inneren Nahrung berichten. Als er zum ersten Mal von der Möglichkeit, „von Licht zu leben“ hörte, war er wie vom Blitz getroffen, hatte sperrangelweit geöffnete Augen und war ganz Ohr. Equiano wollte gleich mehr wissen und hatte interessanterweise nicht eine Sekunde lang Zweifel, dass das möglich sein könnte. Er spürte also sofortige Resonanz in sich. Erst später wurde ihm klar, dass seine innere Stimme ihm damit sagen wollte, dass das Lichtnahrungsthema bereits ein Teil seines spirituellen Wachstumsweges sein würde. Auch er reagierte erst einmal mit den typischen Verstandesargumenten Geld, Zeit usw., doch spürte er in sich auch eine Art aufregendes Glücksgefühl, das er damals noch nicht so recht zu deuten wusste. Ganz unabhängig davon, ob Equiano je den Lichtnahrungsprozess verwirklichen würde, gab es da wohl irgendetwas an dem Thema, das von ihm erforscht, angesehen und erfahren werden wollte. Irgendetwas, das größer ist als die Frage „Essen oder Nicht-Essen?“. Und seither ließ es ihn auch nicht mehr los. So, wie es immer mehr Menschen geht, wenn die Innere Nahrung auf innere Resonanz trifft!

Doch ist es auch gut nachvollziehbar, wieso sich manche Leute von dem Thema sofort wieder abwenden oder gleich Widerstand zeigen. Wenn die innere Stimme einfach ein klares Signal gibt, dass das Lichtnahrungsthema momentan nicht von Relevanz ist, dann würde es an ihrer Stelle wohl auch keinen Sinn machen, dem jetzt nachzugehen. Vielleicht an anderer Stelle in ihrem Leben, aber eventuell auch gar nicht, wer weiß?

Prinzipiell kann man davon ausgehen, dass jeder Mensch mehr oder weniger ausgeprägt die Sehnsucht nach dem Zustand, von innen heraus genährt zu sein, in sich trägt. Warum das? Ganz einfach, da auch anzunehmen ist, dass sich jeder Mensch nach einem friedvollen und lebendigen Seinszustand sehnt. Bewusst oder unbewusst sehnt sich jeder Mensch nach dieser besonderen Quelle, die manche Gott, universelle Lebenskraft oder anders nennen. Natürlich gibt es unzählige Wege, sich dieser Quelle zu nähern – manche tun das ganz bewusst und andere wiederum eher auf Umwegen. Doch bleibt am Ende die Richtung die gleiche – der Fluss fließt zum Meer! Und da es so viele Wege zum Meer gibt, klingelt die innere Stimme bei einigen einfach, wenn sie vom „Leben von Licht“ hören. Genauso wie es bei anderen nicht klingelt, da sie entweder ganz bewusst auf einem anderen Weg gehen, welcher sie stetig ein Stück erfüllter macht und sie bereits so eine ähnliche Lebenserweiterung erfahren wie die, die man auf dem Weg der inneren Nahrung erfahren kann. Dies sind wahrscheinlich die wenigsten. Oder es klingelt nicht, da der angstvolle Verstand und weltliche Geschäftigkeit die innere Kommunikation so sehr unterbinden, dass gar kein Raum für diesen Wachstumsweg da ist. Dies wird wahrscheinlich noch die Mehrheit sein.

An dieser Stelle sei auch klar betont, dass die Lichtnahrung kein notwendiger Prozess ist, um glücklich zu sein oder etwa Gott näher zu kommen. Doch enthält der Weg der inneren Nahrung sämtliche Geschenke für jene, die gewillt sind sich selbst und ihrer tiefsten Wahrheit näher zu kommen – eine sehr zielführende Reise in das Mysterium des Menschseins.

 

Was nährt mich wirklich? Die 7 Säulen der inneren Nahrung

Es ist eine Sache den physischen Körper zu nähren, doch wer kennt das nicht: An manchen Tagen kann ein Mensch alles Mögliche in sich hineingeben, doch er wird einfach nicht satt. Was ist da los? Nähere Beobachtungen von Wissenschaften und Gesundheitsphilosophien über den menschlichen Körper aber auch spirituelle Praktiken, lassen einen roten Faden erkennen, wenn es darum geht, gut genährt zu sein. Folgende sieben Dinge braucht der Körper des Menschen regelmäßig um sich wohl und genährt zu fühlen. Diese sieben Säulen decken sowohl grobstoffliche, als auch feinstoffliche Ernährungsbereich zufriedenstellend ab.

1. Stille und Ruhe: Der heutige Mensch lebt oftmals in einer geschäftigen Zeit und die meisten führen einen Lebensstil, der bei weitem nicht genügend Ruhephasen bietet. Mit Stille ist in erster Linie gemeint, dass keine Informationsströme auf einen Menschen einprasseln. Neben dem Schlafen ist Meditation oder das Sitzen im Wald und dem Lauschen eines angenehmen Vogelgezwitschers eine Wohltat für das menschliche Sein und nährt sehr subtile Bereiche des Hungers.

2. Atmen: Das bewusste Atmen ist wohl eines der Dinge, die am meisten unterschätzt werden und man könnte meinen das wäre einfach nur eine weitere Praxis, um sich selbst näher zu kommen. Doch weit gefehlt, denn bewusstes Atmen verbindet mit dem Zustand des einfachen Seins in diesem Moment. Die Lunge ist in der chinesischen Medizin nicht umsonst dem weiblichen zugeordnet und ist das Organ, welches für die Ausdauer im Leben steht. Besonders viel Computerarbeit, lange Autofahrten, Stress und chronische emotionale Tumulte führen zu Flachatmigkeit. Die freie Energie in der Luft macht einen Großteil unseres Genährtseins aus und bewusste Atemübungen können die Lebensqualität eines Menschen erheblich steigern.

3. Töne machen: Was als Kleinkind noch schamfrei und ganz normal war, ist heute eher ungewöhnlich. Wie oft im Alltag unterdrückt ein Mensch seine Töne und blockiert damit die in ihm freifließende Energie. Sowohl das Singen, als auch bewusstes Tönen öffnen Herzens und Verstand, sodass sich wieder eine sanft schwingende Energie im Menschen breitmacht. Ein Paradebeispiel vom Verständnis des Töne Machens sind buddhistische Mönche, die immer wieder das Wort OM tönen.

4. Berührung: Der menschliche Körper sehnt sich nach Berührung. Mit wem und mit was? Ja, zum einen mit anderen Menschen, doch das ist nicht alles. Die meisten Menschen hungern nach Berührung, da sie, wenn überhaupt, mit ihrem Partner Körperkontakt haben. Doch kann dieser niemals ihr gesamtes Berührungsbedürfnis abdecken, da der menschliche Körper sich nach Berührung mit allen lebendigen Dingen sehnt! Neben der Berührung mit anderen Menschen möchte er mit der gesamten Natur in Kontakt sein. Mit den Pflanzen, den Tieren, der Sonne und dem Mond. Aber auch mit den Elementen. Allen voran ist ein angenehm brennendes Feuer oder ein Bad in einem kühlen Fluss ein besonderer Schmaus für das menschliche Gesamtsystem.

5. Schwitzen: Gerade Menschen, die täglich jede Menge an Informationen aufnehmen und viele rationale Tätigkeiten ausführen, sollten öfters Schwitzen. Ob Sauna oder durch körperliche Betätigung, wenn der Körper schwitzt leitet er massiv unbrauchbare Informationen aus seinem System und macht wieder Platz. Neben einem Entgiftungseffekt werden dadurch unbemerkte Körperanspannungen gelöst und endlose Gedankenströme kommen zur Ruhe. Die danach empfundene Leichtigkeit rührt daher, dass der Körper ein nährendes Gefühl von Lebendigkeit hat, es ist seine Art sich zu freuen.

6. Bewegung: Der menschliche Körper wünscht sich zudem Bewegung. Doch nicht jede Art von Bewegung ist ihm wirklich dienlich. Konditionierte Bewegungen, wie sie bei den meisten Arbeiten oder Sportarten betrieben werden, strengen den Körper eher an und pressen ihn in eine bestimmte Bewegungsform. Doch sehnt sich der Körper nach unkonditionierter Bewegung wie es beispielsweise ein Kind macht, wenn es in der Natur frei umherläuft und sich auf, unter und über alle möglichen Dinge bewegt. Aber auch traditionelle Praktiken wie Yoga oder QiGong schenken dem Körper einen Bewegungsablauf, der energetisierend und nährend wirken kann.

7. Physische Nahrung: Die festen Nahrungsmittel sind also lediglich eine Säule von sieben wichtigen Nahrungs- und Energetisierungsquellen. Da fast alle Menschen es zum einen so gewohnt sind und zum anderen ihre Zellerinnerung vieler vorangegangener Generationen so konditioniert ist, glauben die Meisten man müsse so und so viel feste Nahrung zu sich nehmen um gut genährt zu sein. Gewiss muss man sich viel zuführen, wenn ein Mensch einen „hungrigen Lebensstil“ führt. Was das ist? Allen voran Folgendes: Wenn man tagtäglich Tätigkeiten ausführt, die man lediglich aus Überlebensgründen macht und nicht, weil man morgens bereits voller Inspiration für den Tag aufwacht und sich auf sein Wirken freut, dann kommt der Körper innerhalb weniger Jahre in einen chronisch hungrigen Zustand, in dem ihm so und so viel feste Nahrungsmittel zugeführt werden müssen, damit er irgendwie „gesund“ bleibt. Doch am Ende hat dies nichts mit wahrer Gesundheit zu tun, sondern lediglich mit einem Betäuben eines unerfüllten Lebens.

Beim Thema der inneren Nahrung sei deutlich hervorgehoben, dass die Lebensmittel der Erde Geschenke sind und es wundervoll ist, wenn Menschen diese in vollen Zügen genießen! Am Ende wäre es schade, das Essen aufhören zu wollen. Doch sei auch kritisch die Fragegestellt: Brauchen Menschen tatsächlich so viel, wie es derzeit üblich ist? Gewiss nicht und der Weg der inneren Nahrung ist ein eindrückliches Werkzeug, um zum einen frei zu werden vom vorherrschenden Ernährungskrieg und welche Ernährungsphilosophie denn „die Beste“ sein soll und zum anderen gibt solch ein Weg dem Menschen wieder seine ursprüngliche Wahlfreiheit, Essen zu genießen, wenn er das möchte aber auch das Nichtessen in vollen Zügen genießen zu können.

Weitere gravierende und angenehme Vorteile des Weges der inneren Nahrung sind, dass der Körper schneller regenerieren kann, am Ende mehr Energie zur Verfügung steht, Emotionen ausgeglichener sind und ein Mensch öfters ein sanft schwingendes, freudiges Körpergefühl hat.
Ob man dabei zwingend die Erdung verliert? Dem wiedersprechen die vielen positiven Erfahrungen von Menschen auf dem Weg der inneren Nahrung, da dies nicht wirklich mit dem Essen oder Nichtessen zusammenhängt, als vielmehr mit einem erdigen Lebensstil eines Menschen.

Also: „Isst du noch oder nährst du dich schon?“

 

Über Equiano
Nach dem erfolgreichen Abbruch seines unerfüllenden Studiums, entschied er sich seinen Traum zu leben und ging für ein Jahr in die nordamerikanische Wildnis. Dort lebte er ohne Zivilisation und Technik in einem Clan aus 25 Erwachsenen und 17 Kinder, ähnlich einem Naturvolk. Auf seinen späteren Selbstfindungsreisen besuchte eines indischen Ashrams, Costa Rica und Peru. Heute teilt der Buchautor, Naturpädagoge, Inspirationscoach und psychotherapeutische Heilpraktiker  seine Erfahrungen und ermutigt Menschen die wahre Schönheit ihres Seins zu erkennen, sich selbst bedingungslos zu lieben und ihren tiefsten Traum zu leben. Er freut sich, wenn mehr Menschen die Umstellung auf den Weg der inneren Nahrung selbst erleben möchten und bietet hierfür Seminare an.

www.equiano-intensio.com

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Dieser Artikel Der Weg der inneren Nahrung – Equiano ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.

Wahrnehmung und Bewusstheit – Interview mit Dr. Stephano Sabetti

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Stephano_Sabetti_textDr. Stephano Sabetti ist Doktor in Counseling Psychology und ausgebildet in Klinischer Psychologie. Er lernte u.a. bei Fritz Perl, Isadore Fromm, Alexander Lowen und John Pierrakos und lehrt in vielen Ländern den „Path of No Way“. In seinen Büchern mit Titeln wie „Im Fluß des Seins“, „Die Freiheit bist Du“ oder „Waves of Change“ weist er auf einen Weg zu vorbehaltloser innerer Freiheit. Dabei unterstützt der „Path of No Way“ den Übergang von der psychologischen zu einer sich vertiefenden spirituellen Erforschung, indem der Modus der „I (Ich)-dentity“ erkannt und sich allmählich auflösen darf, um den Qualitäten von Freude, Glücklichsein und Liebe immer mehr den Raum zu überlassen. Das von ihm entwickelte Heartfulness Training betont die Qualitäten eines leeren oder gegenstandslosen Geistes auf dem Weg zu einer tieferen Bewusstheit.

Im Rahmen des Kongresses der Akademie Heiligenfeld 2016 ergab sich die Möglichkeit eines Interviews mit Stephano Sabetti zu den Themen Wahrnehmung und Bewusstheit aus psychologischer und spiritueller Sicht. Er wird auch dieses Jahr wieder auf dem Heilgenfelder Kongress mit Vortrag und Workshop am 18.-21. Mai mit dabei sein.

Interview von Patricia Lüning-Klemm

 

Lieber Stephano, Du hast u.a. bei Fritz Perls, Isadore Fromm, Alexander Lowen und John Pierrakos gelernt, bist ausgebildet in Gestalt Therapie, Klientenzentrierter Therapie und Bioenergetik. Du hast als Psychotherapeut gearbeitet und bist Begründer des Life Energy Process® und des spirituellen Path of No Way®. Im Rahmen des Kongresses (2016) bietest Du einen Workshop an zum Thema: Persönliche Probleme und spirituelle Lösungen. Könntest Du erläutern, worin der Unterschied zwischen einer psychologischen und einer spirituellen Problemlösung besteht?

Während der ersten Jahre meiner psychotherapeutischen Tätigkeit fand ich heraus, dass die Suche nach einer psychologischen Lösung oft keine wirkliche Antwort in Hinblick auf eine tragfähige Problemlösung ermöglichte. Ich nutze gerne das Bild eines Trichters: Der obere Teil symbolisiert den psychologischen Anteil und der untere Teil steht für den spirituellen Bereich. Das psychologische Problem bezieht sich auf die Verbindung zum Ich, zur Persönlichkeit und zum Charakter, hier entsteht das Problem in einer persönlichen, begrenzten Perspektive. Ein spirituell ausgerichteter Lösungsansatz entwickelt sich in einer offeneren Haltung und ist auf einer essentielleren, tieferen Ebene zu ergründen.

Du bist sehr schnell am Punkt, sehr präzise… Könntest Du beschreiben, was Dich leitet, wenn es um das Erfassen der Problemschilderung geht? Ist der Weg des Erforschens in einer tieferen Dimension nicht mit großer Angst verbunden?

Immer. Dieser tiefere Bereich weist auf ein schwarzes Loch. Ein Sich-fallen-Lassen in dieses Loch ist mit starken Ängsten verbunden und gleicht einem Todesprozess. Doch durch das schwarze Loch hindurch öffnet sich eine Art Ausdehnung. Die Psychologie definiert: Du bist wütend. Du bist das Problem. In diesem Fall ist die Person mit der Wut identifiziert. Ein Erforschen in einer tieferen Dimension dagegen führt zu der Haltung: Ich spüre diese Wut in mir, sie kommt durch mich, aber ich bin es nicht. Die Persönlichkeit ist damit der Wut nicht hilflos ausgeliefert, sondern der Prozess des achtsamen Erlebens dieser Wut kann zu einer De-identifikation (Ent-identifizierung) mit der Wut führen. Damit verbunden ist oft eine zunehmende innere Freiheit.

Du hast Menschen durch dieses schwarze Loch geführt. Wie beschreiben Menschen diesen Prozess? Was bedeutet der Prozess, durchzufallen?

Als erstes müssen wir akzeptieren, dass es diese Möglichkeit gibt, aus der Breite auszusteigen, um sich tieferen Dimensionen zu öffnen. Es gibt diesen Pfad nach unten, der zu einer Lösung von bisherigen Anbindungen und Verhaftungen führen kann.

Ist das immer ein plötzlicher Effekt oder gibt es da eine langsame Entwicklung?

Es kann beides sein, manchmal gibt es eine Klarheit aufgrund von Ereignissen wie einem Unfall, einer Erkrankung oder einer Todeserfahrung, oft ist es ein langsamer Prozess. Aber es kann auch plötzlich, spontan geschehen.

Könnte man es mit einer Nahtoderfahrung vergleichen oder wo sind die Unterschiede?

Absolut – der Hauptpunkt ist, dass man auf eine andere, tiefere Dimension von Leben kommt und das ermöglicht ganz andere Perspektiven. Wenn man spürt, dass man nur noch ein paar Sekunden zu leben hat, wird die Neurose uninteressant. Auch wenn man krank ist, hat man oft keine Energie für die Neurose.

Welche Erfahrungen in Deinem persönlichen Leben haben zu diesen Entdeckungen geführt?

Es gab häufiger diese spontanen Ereignisse. An einem Tag saß ich irgendwo und hatte meine Augen geschlossen und da war ein Sinken, nichts Besonderes. Ich sinke ein paar Minuten und dann konnte ich meine Augen trotz aller Mühe nicht öffnen, da war eine Art kompletter Lähmung verbunden mit der inneren Botschaft: Bleib an diesem Punkt. Es war schockierend, dieses Sinken in das schwarze Loch, es gab dabei keine Wahl. Dann habe ich einen sich weitenden unendlichen Raum wahrgenommen. Diese Erfahrung war beeindruckend. Deswegen versuche ich, andere an diese Erfahrung heranzuführen und zu vermitteln, dass schwierige Erfahrungen einen Lehrstoff beinhalten. In der Hingabe an schwierige Erfahrungen können sich tiefere Dimensionen öffnen.

Man bezeichnet diesen Prozess heute oft als einen Prozess des Aufwachens – würdest Du es auch so bezeichnen?

Ja, aber Worte sind hier nicht so wichtig.

Kommt das in die Nähe einer Erleuchtungserfahrung?

Wir benutzen diese Worte zu oft. Erleuchtung in dem Sinne, ständig in diesem Licht zu leben und verbunden zu sein mit einer Art absoluter Freiheit von allem, was eine persönliche Identität ausmacht, ist extrem selten.

Wenn nun jemand durch diesen Prozess gefallen ist, fängt es doch eigentlich erst an?

Es ist wichtig, an diesen Punkt zu kommen. Das EGO als selbstsüchtiges Ich steht dann nicht mehr im Zentrum der Lebensimpulse. Es wird unwichtig als Träger von Identität, stellt sich aber in den Dienst zur Organisation des praktischen Lebens. Ich muss es nicht bekämpfen, zerstören oder seinetwegen den Körper gering achten. Der Körper trägt uns durch dieses Leben. Ich sehe ihn oft als einen Leihwagen – manchmal haben wir einen Leihwagen mit nur drei Reifen, er ist nicht perfekt.
Auch interessant: Unsere Kinder sind nicht unsere Kinder! Im Leben wollen wir uns mit etwas identifizieren, mit Materie, mit Menschen, mit Familie, das ist von der psychologischen Seite her gut zu verstehen. Die alten Traditionen haben das Spirituelle oft außerhalb von Familie angesiedelt. Es geht aber heute um einen Mittelweg. In der Familie, aber frei von Familie, in der Welt, aber frei von der Welt. So hat es Christus auch gemeint.

In Indien ist es oft so, dass jemand ein Familienleben führt und danach seinem spirituellen Ruf folgt.

Das ist der klassische Weg. Doch warum verfolgen wir nicht diesen Bewusstseinsprozess in tiefere Dimensionen, der eine bestimmte Haltung erzeugt. Das geschieht unterhalb der Ebene des Verstandes und kann nicht ausgedacht werden.

Deine Arbeit speist sich aus einer Verbindung von Spiritualität, Psychologie und Physik – was ist der Anteil der Physik an Deiner Arbeit?

Ich war von der Relativitätstheorie u. Quantenphysik angezogen, weil meine Arbeit auf Energie basiert. Die Prozessoren der neuen Quantencomputer können in verschiedenen Ebenen und Stufen gleichzeitig operieren. Dabei entsteht Bewusstsein aus verschiedenen Qualitäten von Informationsfrequenzen, die Energie bewegen.

Könnte man sagen, Energie und Information sind die bestimmenden Elemente?

Das ist richtig. Bewusstsein ist ein System von verschiedenen Informationsebenen in einem System. Und es gibt zwei Elemente des Fassungsvermögens: Das eine ist dynamisch, das andere statisch. Statik bedeutet: Wie viel Wasser kann ich in eine Tasse schütten? Die Dynamik ist: Wie viel kann ich hinein und heraus lassen? Es scheint eine Tendenz in unserem Leben zu geben: Wir sammeln, aber wir geben nicht weiter. Es wäre wichtig, zunächst allem, was da ist, im Bewusstsein Raum zu geben. In einem umfassenden Bewusstsein hat alles Raum, weil es nicht deins ist.
Neulich war in einem Seminar eine Teilnehmerin sehr skeptisch. Sie sagte: Nein, das kann nicht alles sein, Energie und Bewusstsein. Wir haben mit einer Körperarbeit begonnen, der Körper begann zu vibrieren, am Ende des Tages war sie begeistert über diese neue Erfahrung, die zu mehr Energie und neuen Einsichten führte.

Bleiben wir bei dem Element des Vibrierens – kann das geschehen, wenn das EGO ein Stück zurücktritt?

Wir müssen das EGO verstehen als zwei Elemente: das selbstsüchtige ICH und das dienende ICH. Das Vibrieren ist Teil des lebendigen Bewusstseins. Festhalten geschieht im Kopf und drückt sich im Körper aus. Wenn jemand für Erfahrungen bereit ist, kann er sich diesem Prozess überlassen. Wenn wir vibrieren, lösen sich Teile des selbstsüchtigen ICHs auf und das unterstützende dienende Ich wird energetisiert.

Entscheiden sich die Teilnehmer Deiner Seminare für eine längere Lernzeit bei Dir?

Das ist unterschiedlich. Manche Menschen kommen ins Seminar und sagen: Ich habe so viel zu bearbeiten, ich muss langsam anfangen. Oder aber: Ich habe gerade etwas verstanden. Es hat mich tief berührt und ich mache weiter.

Du hast einmal gesagt, Menschen, die meditieren, folgen häufiger einem psychologischen Bedürfnis als einem spirituellen. Wie kann ich das verstehen?

Ja, sie folgen einer Idee: Heute ist Meditieren an der Reihe, doch der Verstand sagt, ich sollte zunächst etwas anderes tun. Da sind ständig quälende Gedanken. Ich empfehle deswegen, in einem Prozess zu erforschen, was kommt und auftaucht. Da könnte man den Kampf beobachten und innerlich erforschen: Wogegen richtet sich der Kampf? Was will die Angst nicht akzeptieren? Wenn ich etwas akzeptiere, ist alles in Ordnung. In der psychologisch ausgerichteten Meditation bleibt der Verstand involviert, in der spirituellen entsteht mehr ein innerer Bewusstseinsraum mit der Offenheit, dass das, was kommt, Teil einer spirituellen Botschaft sein kann. Diese Haltung: zu erforschen, was gerade ist und es dann loszulassen, führt tiefer, ohne dass es zwischen verschiedenen Ebenen hin und her wechselt.

Deine Ausstrahlung ist liebevoll, zentriert, kraftvoll und klar. Welche persönlichen Anstrengungen und welche Lebensumstände haben zu diesem so gewordenen Organismus geführt? Gibt es da etwas, wo Du sagen würdest, das war wesentlich?

Ich hatte, soweit ich mich erinnere, immer ein Gefühl für diese Dinge. Als jüngerer Mensch habe ich körperlich hart gearbeitet. Ich bin Lastwagen gefahren, habe als Maurer gearbeitet und Wohnungen geputzt. Ich habe manchmal 120 Stunden pro Woche gearbeitet, um mein Studium zu finanzieren. Zu diesem Zeitpunkt war ich bereit, alles zu machen in der Haltung: Ich bleibe dran, egal was da ist. So konnte ich viel über Hingabe lernen.
Mit der Zeit entwickelte sich eine Art erfahrungsbasiertes inneres Vertrauen. Viele Leute vertrauen ihrer Fantasie, das ist sehr begrenzt. Im Englischen gibt es sowohl „faith“ wie „believe“, wobei „believe“ sich eher auf eine Idee bezieht, während „faith“ bedeutet: Ich hoffe, dass es stimmig ist, in dem Sinne: Ich vertraue darauf, dass Gott es gut mit mir meint. In diesem Verständnis habe ich nie nur „geglaubt“, sondern eine größere Ganzheit und bedeutsame Welt erfahren können.

Du hast den Begriff  „Essential Inquiry“ entwickelt, der „wesentlichen Erforschung“. Was bedeutet das?

„Essential Inquiry“ bedeutet die innere Erforschung von wesentlichen Themen. Das Gute an diesem Prozess ist: Man beginnt bei welchem Punkt auch immer, z.B.: Ich trinke Tee, ich spüre einen Widerstand –  Das kann körperlich sein.
Oder ich empfinde Schmerz im Bein und ich frage: Wer empfindet diesen Schmerz? Vielleicht kommt dann ein Widerstand: Nein, ich will diesen Schmerz nicht haben, und dann forschst du tiefer. Dann kommt vielleicht ein Bild oder eine andere Botschaft, da ist eine Person, die leidet, die verletzt ist, und Du findest heraus, dass das schon  längst vergangen ist, aber immer noch auftaucht.
So folge ich Schritt für Schritt dem Pfad der Energie der Verletzung.

Was wäre Deine Empfehlung für den spirituell nach Antworten Suchenden? Was ist die Essenz Deiner Lehre?

Ganz einfach:
Hör auf zu suchen! Suchen ist nur für Süchtige! Alles ist schon da. Ich begegne vielen Suchenden, aber nur wenig Findenden. Das Leben gleicht einer Lernschule. Die Lernprozesse sind da, wir könnten ihnen in einer Haltung von Hingabe und Dankbarkeit begegnen. Das wird möglich, wenn wir Tempo raus nehmen, entschleunigen und nicht versuchen, soviel zu tun, zu machen. Sei aufmerksam für die Dinge, die vorprogrammiert sind. Es kann sein, dass Menschen Struktur brauchen, doch oft verhindert diese Struktur die Bewegung, die spontan auftauchen möchte. Viele sind damit beschäftigt, herauszufinden, was der richtige Weg ist und ihn zu finden. Man könnte aufmerksamer werden für den „Path of No Way“ (Pfad des Nicht-Weges).
Die wesentlichen Fragen lauten: Wer bin ich? Warum bin ich hier? Diese Fragen finden möglicherweise Antworten auf tieferen Bewusstseinsebenen verbunden mit den Qualitäten von Resonanz, Stimmigkeit und der Rückverbindung zum Wesentlichen.?

Wie könnte ein Bewusstseinszustand aussehen, der sich mehr in der Tiefe verankert? Du hast einmal gesagt: „Freude im tiefsten Sinn ist ein Zustand von Leichtigkeit und Frieden, in dem das Herz frei und der Geist leer von ”Ich”-Gedanken ist.“ Ist dieser Zustand ein Merkmal dafür, dass jemand aus einer tieferen Ebene heraus lebt?

Absolut. Ohne das Element von „sich wichtig fühlen“ als psychisches Merkmal gibt es weniger Anhaftung und Aufregung im Körper. Dieser Zustand von Leichtigkeit ist verbunden mit einer grundsätzlichen Ruhe in den Gedanken Dabei geht es mehr um eine direkte Erfahrung mit der Welt in der Gegenwart.

PLK: Stephano, ich danke Dir für dieses Interview.

 

Über Patricia Lüning-Klemm
Nach ihrem Studium der Psychologie, Germanistik und Romanistik (1. und 2. Staatsexamen) in Münster, Paris und Gießen war sie beruflich in Kliniken, an Schulen und bei einem Bundesverband tätig. Sie nahm an zahlreichen Aus- und Fortbildungen in Psychoanalyse, Gruppendynamik, systemischer Beratung sowie humanistischer und transpersonaler Psychologie teil. 2011 lernte sie die Arbeit von Christian Meyer kennen, die es ihr ermöglichte, bisherige Muster und Prägungen loszulassen und sich immer öfter dem inneren Raum von Stille und Frieden zu überlassen.
www.patricia-luening.de

 

Dr. Stephano Sabetti
Spiritueller Lehrer, entwickelte den Path of No Way®, Essential Inquiry und Process Meditation; Gründer des Path of No Way® Heartfulness TrainingTM. Er wurde inspiriert durch die Lehren von Ramana Maharshi, J. Krishnamurti und den 16. Buddhisten Karmapa (RigpeDorje). Er ist Doktor der Counseling Psychology und u.a. trainiert in: Akupunktur, Shiatsu, Yoga und Kampfkünsten. Stèphano ist der Begründer des Life Energy Process® mit Formen in Körperpsychotherapie, Expressive Arts, Beratung, Pädagogik u. a.
www.heartful.one   

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Dieser Artikel Wahrnehmung und Bewusstheit – Interview mit Dr. Stephano Sabetti ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.

Mystik – Roland Rottenfußer

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Mystik beginnt mit Sprach- und Vernunftkritik, mit der Erkenntnis, dass das, worum es geht, eigentlich unaussprechlich ist. Der hoch gelobte Verstand, auch bei politisch Aktiven als wertvollstes Instrument geschätzt, versagt vor den „letzten Dingen“ wie ein Taschenrechner, dem man beauftragt, Bachs Matthäus-Passion zu begreifen.

Von Roland Rottenfußer

 

Der Hinweis auf die Grenzen des rationalen Diskurses ist aber kein Aufruf zu blindem „Glaubensgehorsam“ gegenüber den Institutionen. Es ist ein Appell, Glaubens- und Schrifttreue aufzugeben zugunsten eines direkten, erlebnishaften Zugangs zum Wunderbaren, das unsere Welt durchwirkt und ihr zugrunde liegt. Mystik ist dem Agnostizismus näher als dem Fundamentalismus, jedoch einem „Nicht-Wissen“, das seine Selbstaufhebung durch die Tat und die Erfahrung anstrebt.

Glauben Sie nicht mir. Glauben Sie nicht den „Esoterikern“, „Spiris“ oder anderen fragwürdigen Personen, die Sie wahrscheinlich nicht mögen. Glauben Sie Albert Einstein. Naturwissenschaft, das ist doch etwas Solides, oder? Von Einstein also stammt die Äußerung: „Das herrlichste und tiefste Gefühl, das wir spüren können, ist die mystische Empfindung. Dort liegt der Keim jeder wahren Wissenschaft. Derjenige, dem dieses Gefühl fremd ist, der nicht mehr von Bewunderung ergriffen oder von Ekstase hingerissen werden kann, ist ein toter Mensch.“

Ebenso wenig verdächtig, ein religiöser Fanatiker zu sein, ist Vincent van Gogh, der wunderbare Maler, der mit seinem Farben Blumen, Felder und den gestirnten Himmel über der Provence zum Leuchten brachte. Ohne von „Mystik“ oder von „Gott“ zu sprechen, trifft Van Gogh ein ungemein mystische Aussage, wenn er schreibt: „Es ist richtig, bei dem Glauben zu bleiben, dass alles wunderbar ist, weit mehr als man begreifen kann; denn das ist die Wahrheit, und es ist gut, feinfühlig und zart von Herzen zu sein, es ist schön, voller Wissen zu sein in den Dingen, die verborgen sind vor den Weisen und Verständigen dieser Welt. Es ist das Bedürfnis nach nichts Geringerem als dem Unendlichen und Wunderbaren, und der Mensch tut wohl daran, wenn er nicht mit weniger zufrieden ist und sich nicht zu Hause fühlt, solange er das nicht errungen hat.“

„Errungen“ – das klingt nach Arbeit. Ich verrate die vielleicht wichtigste und tröstlichste Einsicht der Mystik zuerst: Das, was gesucht wird, ist immer schon da. Aber diese Erkenntnis hilft dem in einer entzauberten, „kleinen“ Welt wie in einem Käfig eingesperrten Menschen anfangs nur wenig. Zwischen „mir“ und dem Gesuchten liegt eine gefühlte Kluft, die meist als unüberwindlich erlebt wird. Man kann auch sagen: Da ist ein Nebel, der die klare Sicht auf das Ziel verschwimmen lässt, so dass ich nicht genau sehen kann, was ich suche, ja genau genommen nicht einmal ob da etwas ist. Die „Wolke des Nichtwissens“ wird dieser Nebel in einer gleichnamigen mystischen Schrift auch genannt. Der Verfasser der Schrift, entstanden um 1390 in England, ist nicht namentlich bekannt. Dies klingt nach Sokrates: „Ich weiß, dass ich nicht weiß.“ Und es ist tatsächlich in der Mystik ratsam, sich zunächst einmal mit seinem Nichtwissen zu bescheiden, anstatt Bescheidwissen vorzutäuschen oder in den ausgetretenen Pfaden des von Autoritäten Vorgegebenen zu wandeln.

Der Mystiker kann durchaus als Agnostiker in Erscheinung treten, außer in dem, was er selbst erlebt hat. Und wenn er es erlebt hat, kann er es nicht sagen. Das, war er vollständig mit Worten umschreiben könnte, wäre nicht das Wahre. Mystiker sind deshalb aus Erfahrung Sprachskeptiker. Hoffmannsthal spricht in seinem fiktiven „Brief des Lord Chandos an Francis Bacon“ von einem vollkommenen und schmerzlichen Verlust jeden Vertrauens in die Sagbarkeit der Dinge. „Es ist mir völlig die Fähigkeit abhandengekommen, über irgendetwas zusammenhängend zu denken oder zu sprechen. (…) Ich empfand ein unerklärliches Unbehagen, die Worte ‚Geist‘, ‚Seele‘ oder ‚Körper‘ nur auszusprechen, [denn] die abstrakten Worte, deren sich doch die Zunge naturgemäß bedienen muss, um irgendwelches Urteil an den Tag zu geben, zerfielen mir im Munde wie modrige Pilze.“ Dieser Sprachverlust ist im Kern eine mystische Erfahrung. Der Fransziskaner-Pater und Buchautor Richard Rohr schreibt über den kontemplativen Geist: „Er weiß: wenn es wahr ist, spricht es für sich selbst; jede Ausformulierung wäre demgegenüber bruchstückhaft und unvollkommen.“ Rohr beruft sich dabei auf Paulus, der die unvollkommene Wort-Erkenntnis in Kontrast zu vollkommenen und direkten Schau der Mystik setzte: „Jetzt schauen wir in einen Spiegel und sehen nur rätselhafte Umrisse, dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht.“ (1. Korinther 13)

Der erste Satz des Tao Te King, Lao Tses zeitlosem Meisterwerk, lautet: „Das Tao das mitgeteilt werden kann, ist nicht das ewige Tao.“ Auch der Zen-Meister Mumon beschreibt die schwierige Situation eines Menschen, der „es“ erfahren hat, darüber aber nicht zu reden vermag: „Du wirst dich fühlen wie ein Stummer, der einen Traum gehabt hat: Sprachlos kennst du ihn nur für dich selbst.“ So muss eine seriöse Abhandlung über Mystik seine Leser auch paradoxerweise zunächst frustrieren. Der Autor muss Zweifel daran wecken, dass er seinen Gegenstand überhaupt angemessen vermitteln kann. Sprechen wird er dennoch, jedoch stets im vollen Bewusstsein der Unzulänglichkeit seiner Mittel. Statt von „Agnostizismus“ oder „Sprachskepsis“ kann man dabei auch von „Demut“ sprechen. „Die echten Mystiker sind immer demütig und mitfühlend, denn sie wissen, dass sie nichts wissen.“ (Richard Rohr in „Pure Präsenz“)

Natürlich wird das mit dem Schweigen nicht immer konsequent durchgehalten – gäbe es sonst mystische Schriften? Die allerdings haben mit Poesie oft mehr zu tun als mit „Sachtexten“. Spontan stellen sich beim Versuch, Unsagbares für Außenstehende erahnbar zu machen, Metaphern, Vergleiche und Mehrdeutigkeiten im Sprachgebrauch ein. Diese machen es fast unmöglich, einen mystischen Text auf eine einzige, klar umrissene Bedeutung festzulegen. Entsprechend bedeutet Mystik auch eine klare Absage an jedweden Fundamentalismus. Den bezeichnet Richard Rohr als „Folge dieses falschen Sehens. Es handelt sich im Grunde um eine Liebesaffäre mit Worten und Vorstellungen von Gott anstatt mit Gott selbst.“

Der Sprachkritik in der Mystik gesellt sich als logische Erweiterung auch die Vernunftkritik bei. Dabei geht es nicht darum, unserer Ratio die ihr gebührende Anerkennung in einem bestimmten begrenzten Wirkungsbereich zu verweigern. Für die Bewältigung des Alltagslebens ist sie ebenso nützlich wie für das Verständnis von Physik und Technologie. Im Übrigen hilft sie auch dabei, Fanatismus und Aberglauben zu durchschauen, die – entgegen religionsfeindlicher Vorurteile – eben keine Kennzeichen einer mystischen Welthaltung sind. Wichtig ist es nur, zuzugestehen, dass ein der Vernunft nicht mehr zugänglicher Bereich existiert, ein Sie-Übersteigendes. Dies hat nichts mit dem „Sacrificium intellectus“ (Opfer des Verstandes) im Sinne des Buckelns vor einer religiösen Obrigkeit zu tun; eher mit jenem schönen Wort vom „Frieden Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft“ (Brief des Paulus an die Philipper). Man kann dieses „Höhere“ auch nicht erreichen, indem man durch ein Abonnement von Lehrbriefen oder durch Redeseminare auf einer Stufenleiter der Einweihung emporsteigt. Vielmehr geht es um eine prinzipielle Schranke für den Verstand. Meister Eckhart, der wohl größte deutsche Mystiker, der mit der ungeheuren Kühnheit seiner Aussagen bis heute überrascht und teilweise schockiert, schrieb: „Hätte ich einen Gott, den ich erkennen könnte, ich würde ihn nimmer für Gott ansehen.“ Oder von Richard Rohr: „Wenn man es erklären kann, ist es nicht die Wahrheit.“

Wenn es die Wahrheit ist, kann man es umgekehrt aber auch nicht erklären. Das bedeutet nicht, dass das Ziel der Mystik für immer unzugänglich bleiben muss, es ist dies eben nur für unseren Intellekt. Gibt es demnach eine andere Kraft, der dies gelingen kann? Ignatius von Loyola, der Gründer des Jesuiten-Ordens, schrieb dazu: „Nicht das Vielwissen sättigt die Seele und gibt ihr Genüge, sondern das Fühlen und Kosten der Dinge von Innen.“  Für mich eine der schönsten Definitionen von Mystik. Nicht nur ist die „Vielwisserei“ untauglich, zum Eigentlichen vorzudringen, es ist für den Suchenden sogar ratsam, ganz bewusst eine Haltung des Nichtwissens anzustreben. Das Gefäß muss erst leer werden – leer von Dingen, die wir zu wissen glauben –, bevor es neu befüllt werden kann. Meister Eckhart schrieb in einer seiner Predigten: „So vermag aller Kreatur Wissen noch deine eigene Weisheit noch dein gesamtes Wissen dich nicht dahin zu bringen, dass du Gott auf göttliche Weise zu wissen vermöchtest. Willst du Gott auf göttliche Weise wissen, so muss dein Wissen zu einem reinen Unwissen und einem Vergessen deiner selbst und aller Kreatur werden.“

Johannes vom Kreuz, der große spanische Mystiker und Weggefährte Theresa von Avilas, fasste es so in Worte: „Um zu Gott zu gelangen, und mit ihm sich zu vereinen, muss die Seele mehr durch Nichtverstehen als durch Verstehen, in einem Vergessen aller Geschöpfe wandeln. Denn das Veränderliche und Begreifliche an den Geschöpfen muss vertauscht werden mit dem Unbegreiflichen: mit Gott.“ Interessanterweise verwenden sowohl Eckhart als auch Johannes hier das Wort „Vergessen“. Wo Eckhart von „Unwissen“ spricht, heißt es bei Johannes vom Kreuz „Nichtverstehen“. Es mag gerade für uns gebildete Menschen frustrierend wirken, wenn auf diese Weise das mühsam angehäufte Wissen, der geblähte Intellekt, wertlos geworden zu sein scheinen. Manche werden in solchen Aussagen eher die Tricks religiöser Fanatiker sehen, um Skeptiker davon abzuhalten, ihren kritischen Verstand zu gebrauchen. Aber eben um Propaganda im Sinne religiöser Glaubenslehren geht es in der Mystik nicht. Vielmehr sträubt sich die aus eigenem innersten Erleben geschöpfte Spiritualität schon immer gegen jeden Vereinnahmungs- und Deformationsversuch seitens religiöser Autoritäten.

„Himmelerde“ von Christian Salvesen

Die Forderung Eckharts, „Gott auf göttliche Weise zu wissen“, mag für viele irritierend, ja als eine ganz unmögliche Forderung erscheinen. Freilich weichen viele der Sprüche Meister Eckharts von unserer Alltagserfahrung stark ab und wirken dadurch – je nach Standort – entweder wie Unsinn oder wie Blasphemie. Eines scheint aber nachvollziehbar zu sein: dass wir, solange wie in einem Geist menschlichen Zuschnitts gefangen sind, das „ganz Andere“ Gottes, das Geheimnisvolle und „Numinose“ nicht zu erkennen vermögen. Der große islamische Mystiker Ibn Arabi formulierte ganz ähnlich: „Wenn du ihn durch ihn betrachtest, so betrachtet er sich selbst durch sich selbst. Das ist der Zustand der Einheit. Wenn du ihn durch dich selbst betrachtest, verschwindet diese Einheit.“

Ausdrücklich umfasst die Kritik am akkumulierbaren Verstandeswissen ja auch das Studium der Theologie und aller Arten von religiösen Schriften. Radikal ist darin z.B. Yoka Daishis Schrift „Shodoka – Gesang vom Erkennen des TAO“, eine aufs Äußerste konzentrierte Quellschrift des Taoismus. „Seit meiner Jugend habe ich Wissen angehäuft,/ Habe Sutren und Kommentare durchforscht, / Teilte alles in Namen und Formen ein – pausenlos, ohne zu ruh’n./ Doch es gleicht einem Sprung ins Meer, um den Sand zu zählen. Umsonst habe ich mich völlig erschöpft.“ Oder, wunderbar, in einem Gedicht des deutschen Frühromantikers Novalis: „Wenn nicht mehr Zahlen und Figuren/ Sind Schlüssel aller Kreaturen/ Wenn die, so singen oder küssen,/ Mehr als die Tiefgelehrten wissen …“ In zwei „Disziplinen“, die den meisten Menschen wohl vertrauter sind als Mystik, wird das Konzept des „Transrationalen“ (das die Ratio Übersteigenden) besonders schön erfahrbar: In der Liebe und in der Musik.

Gustav Mahler hat dieses Konzept in seiner 3. Symphonie beispielhaft in Töne umgesetzt. Er entwarf dafür in sechs Sätzen eine große Erzählung über die Evolution des Lebens. Die Sätze waren in einem älteren Entwurf wie folgt betitelt: „Pan erwacht. Der Sommer marschiert ein“, „Was mir die Blumen auf der Wiese erzählen“, „Was mir die Tiere im Walde erzählen“, „Was mir der Mensch erzählt“, „Was mir die Engel erzählen“, „Was mir die Liebe erzählt“.. Die Musik des „Pan-“, des „Blumen“- und des „Tier“-Satzes bleiben bei Mahler wortlos, während für den „Menschen“ und die „Engel“ das gesprochen Wort – gesungen von Solisten und Chören – einfließt. Im letzten Satz, einem der schönsten Mahlers, verstummt das Wort wieder. In solche „Höhen“ können Verstand und Sprache nicht mehr vordringen. Die Liebe – wohl die göttliche Liebe – ist jenseits des Sagbaren. Die Musik kann jedoch eine Ahnung von ihr vermitteln. Es liegt in der Natur der Sache, dass ich Mahlers Musik hier auch nicht angemessen beschreiben kann, man muss sie hören.

Religionspolitisch ist es wichtig, die Sprach- und Verstandeskritik der Mystik zur Kenntnis zu nehmen. Vor ihrem Hintergrund verbietet sich eigentlich jegliche „Wortklauberei“. Worte neigen dazu, Menschen voneinander zu trennen und sie gegeneinander aufzubringen, wo das „eigentlich Gesagte“ sie doch in der Tiefe verbinden könnte. Mystik in vielleicht die älteste Form von Religion, zugleich aber auch diejenige, die am besten mit modernen Auffassungen von Toleranz und Pluralismus vereinbar ist. Sie kann schwer mit einem „gläubigen Atheismus“ koexistieren, der gleichsam die Existenz einer Erdbeere leugnet, ohne bereit zu sein, sie selbst zu kosten. Sehr gut ist sie aber mit einem weit blickenden, frei lassenden Agnostizismus vereinbar.

Alle, die sich mit dem Reden von „Gott“ so gar nicht anfreunden wollen, können sich damit trösten, dass es Formen der Mystik gibt, die ohne „ihn“ auskommen. Zunächst ist da ein Grundgefühl, im Sinn Van Goghs dem „Unendlichen und Wunderbaren“ besonders nah zu kommen, in manchen Momenten, gleichsam von ihm angesprungen zu werden, so dass sich das Wahrgenommene in einem besonderen Leuchten offenbar. Nicht umsonst gibt es Naturmystik wie auch sexuelle Mystik, mystische Erfahrungen im Zusammenhang mit Musik (als Interpret oder Hörer), mystische Träume und Gipfelerfahrungen, für die ein Name nicht auffindbar und auch nicht notwendig ist. Andere Formen der Mystik, speziell im Buddhismus, kommen ohne ein personales „Gegenüber“ aus, ohne dass es ihnen deshalb an Tiefe fehlen würde. Bei den Hindus ist die Behauptung einer Einheit von Einzelseele („Atman“) und Weltseele („Brahman“) gängig.

Ich selbst lasse den Begriff „Gott“ nicht außen vor, bin mir aber bewusst, dass er eher einen Fragenkomplex als eine definitive Antwort umreißt, eher ein großes Rätsel als eine klar umrissene, für alle verbindliche Lösung. Abseits von Glaubensvorstellungen und verschiedenen kulturellen, zeitbedingten „Eintrübungen“ ist Mystik das Kosten der Dinge von innen. Jeder – ob „gläubig“ oder „ungläubig“ –  ist dazu prinzipiell in der Lage, und dies ist das Verbindende, zugleich Revolutionäre daran.

 

Über Roland Rottenfußer:

Der Autor, Jg. 1963, erschloss sich als Germanist lesend Teile der Weltliteratur, bevor er sein Interesse auf Spiritualität, Psychologie, Gesundheit und Politik ausdehnte. Er schrieb über diese Gebiete u.a. in connection, Zeitpunkt und Matrix, ist derzeit u.a. Chefredakteur bei Konstantin Weckers Webmagazin www.hinter-den-schlagzeilen.de und Autorenscout für den Goldmann-Verlag.

 

Buch zum Thema:

HerzRottenfusserGesundbeten_155611
Monika Herz und Roland Rottenfußer: „Gesundbeten mit Heiligen“

Verlag: Kailash Verlag
Umfang: 224 Seiten
Preis:14,99 €
ISBN: 978-3424631005

Hier können Sie das Buch bestellen.

 

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Dieser Artikel Mystik – Roland Rottenfußer ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.

3 katholische Mystikerinnen: Hildegart, Mechthild und Teresa

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Ja, Mystik spielt auch in der katholischen Kirche eine wichtige Rolle. Hier werden die drei sicherlich bekanntesten Mystikerinnen vorgestellt – alles mutige, beseelte Frauen, die an die innere Verbundenheit mit Gott und dem Sein erinnerten und erinnern: Hildegard von Bingen, Mechthild von Magdeburg und Teresa von Avila

von Christian Salvesen & Dr. Rosmarie Tscheer

 

1.Hildegard von Bingen (198-1179)

Äbtissin, Mystikerin, Rebellin, Heilkundlerin, Autorin theoretischer und poetischer Texte, Künstlerin und Komponistin. Ihr Werk erscheint unerschöpflich und überzeitlich. In den letzten Jahren finden ihre Schriften und musikalischen Kompositionen eine Beachtung wie wohl nie zuvor. Vielleicht bedurfte es dieser Zeitspanne von 800 Jahren, um zu einem besseren und angemessenen Verständnis zu gelangen. Ihre Musik zumindest entsprach, auch wenn sie für unsere Ohren heute „mittelalterlich“ klingt, keinesfalls den Kunstregeln und dem Geschmack ihrer Zeit. Andererseits war ihr Jahrhundert durchaus aufgeschlossen für neue Gedanken und künstlerische Ausdrucksformen, es war die Geburt der Gotik. Selbst Papst Eugenius III. las Hildegards „Scivias“ (Erkenne die Wege), in denen sie ihre Visionen beschreibt, den versammelten Bischöfen vor und unterstützte die mutige und nicht unbedingt „linientreue“ Äbtissin. Sie schreibt: „Im Alter von 42 Jahren und sieben Monaten strömte ein brennendes Licht von ungeheurer Helligkeit aus dem Himmel in meinen gesamten Geist, wie eine Flamme, die nicht verbrennt, sondern entflammt. Es entflammte mein ganzes Herz und meine Brust, wie die Sonne, die einen Gegenstand mit ihren Strahlen erwärmt. Auf einmal konnte ich die Bedeutung der Bücher – den Psalmen und der Evangelien – schmecken.“

Für ihre Nonnen komponiert Hildegard von Bingen 77 liturgische Gesänge, deren Tonumfang, Intervalle und melodischer Verlauf den Rahmen der damals bekannten Musik sprengen. Ihren Liederzyklus faßt Hildegard als „Symphonie der Harmonie der Himmlischen Offenbarungen“ zusammen. Der Begriff „symphonia“ bezieht sich dabei nicht nur auf den musikalischen, sondern auch auf den seelischen Zusammenklang im Menschen und auf die Harmonie von Himmel und Erde. Die Äbtissin betont, daß sie keine musikalische Ausbildung habe. Sie empfange ihre Lieder vielmehr in göttlicher Eingebung. Ihre Schwestern sehen sie manchmal stundenlang singend umherwandeln, ganz versunken in ein inneres Lauschen, wobei ein unbeschreibliches Leuchten ihr Haupt umstrahle. Diese nach innen gekehrte, meditative Seite wird von einer engagierten, aktiven Seite ergänzt. Als Predigerin reist Hildegard per Pferd und Schiff durch ganz Europa, mahnt und berät Könige und Kaiser, Bischöfe und Päpste, kritisiert Kreuzzüge und Judenverfolgung, baut weitere Klöster, heilt Menschen seelisch und körperlich.

Hildegard wird schon zu Lebzeiten als Heilige verehrt, obwohl ihre Heilmethoden sie eigentlich als Hexe ausweisen. Die „Hildegard-Medizin“ ist in der gegenwärtigen Auseinandersetzung zwischen Schul-und ganzheitlicher Alternativmedizin wieder aktuell. Die Faszination, die Hildegard gerade auf Frauen in unserer Zeit ausübt, läßt sich jedoch nicht mit dem Vexierbild „Heilige/Hexe“ erklären. Dahinter wirkt wohl eher die unbedingte Kraft einer Frau, die sich nicht über den Mann oder irgendetwas außerhalb ihrer selbst definiert, sondern ihre wahre, innere Natur erkannt hat.

„O Weib, du Schwester der Weisheit (Sophia),
wie herrlich bist du!
In dir erstand das überstarke Leben,
das nimmermehr vom Tod erstickt wird.“

„Hildegards Selbstbewußtsein als Frau unter Frauen wird in ihren Liedtexten deutlich. Ein Großteil der 77 Gesänge bezieht sich anerkennend auf Frauen: 16 auf die Jungfrau Maria, 13 auf die Heilige Ursula. Frauen spielen in Hildegards Version der Heilsgeschichte eine aktive Rolle. Dadurch regte sie viele Frauen dazu an, sich ihrer Macht in der materiellen Welt bewußt zu werden und diese Macht auszuüben. Nur als Mitglied einer religiösen Gemeinschaft von Frauen konnte Hildegard ihre wissenschaftlichen, künstlerischen und theologischen Werke erschaffen.“ (J. Michele Edwards: ‘Women & Music’)

 

2. Teresa von Avila (1514-1582)

„Bete nicht um leichtere Last, sondern um einen stärkeren Rücken!“

Sie schuf einen neuen Orden und eine neue, freundschaftliche Art zu beten. Die heilig gesprochene Mystikerin Teresa de Jesús ist auch heute noch aktuell

Das Jubiläumsjahr begann offiziell im Oktober 2014 und endete im Oktober 2015 (u.a. mit einer Festmesse in der Karmelitenkirche in Wien). Die teresianischen Karmeliter und Karmelitinnen zelebrieren das 500. Geburtsjahr ihrer Ordensbegründerin mit Festgottesdiensten, Vorträgen, Symposien und gemeinsamen Gebeten. Die katholische Kirche insgesamt verehrt Teresa de Jesús – mit diesem Namen unterschrieb sie ihre Briefe. 1614 wurde sie von Papst Paul V. seliggesprochen, 1617 zur Schutzpatronin von Spanien ernannt und 1622 heiliggesprochen. 1970 erhob Paul VI. Teresa als erste Frau in der Geschichte der Kirche zur Kirchenlehrerin. Ihr liturgischer Festtag ist der 15. Oktober. Die Evangelische Kirche zählt sie ebenfalls zu den bedeutendsten Mystikerinnen. Ihre Methode des inneren Gebets sowie die präzise und praktische Beschreibung des Weges der Versenkung und Vereinigung mit Gott machen Teresa über alle Konfessionen hinaus für uns heute aktuell – zumindest für Menschen, die inneren Frieden finden wollen.

Lebensstationen und Werke

Teresa Sanchez de Cepeda y Ahumada, so ihr eigentlicher Name, wurde als sechstes von zwölf Kindern in eine adlige Familie geboren, die als „conversos“ (Bekehrte), als zu Christen gewordene Juden unter der Beobachtung der Inquisition stand. Teresa durchlitt mehrmals seelische und körperliche Krisen. Mit 21 Jahren trat sie in den Karmel in Avila ein, in dem zu dieser Zeit 140 Schwestern lebten. Bald darauf wurde Teresa so krank, dass sie in ein mehrtägiges Koma fiel und bereits für tot gehalten wurde. Etwa drei Jahre lang blieb sie gelähmt. 1554 erfuhr Teresa in der Betrachtung des leidenden Christus ihre „endgültige Bekehrung“. In radikaler Selbstaufgabe wollte sie künftig nur noch in Christus leben. Gegen viele Widerstände erhielt sie 1562 von Papst Pius IV. und dem Ortsbischof die Erlaubnis, in Avila ein eigenes Kloster, das der Unbeschuhten Karmelitinnen, zu gründen, in dem die ursprüngliche Ordensregel wieder befolgt werden sollte. Zugleich legte Teresa fest, dass in einem Karmel nicht mehr als 21 Schwestern leben sollten. Danach begann sie, ihre Reformpläne trotz aller Widerstände und Strapazen zu verwirklichen. Sie regte über Johannes vom Kreuz, mit dem sie seit Anfang Oktober 1567 zusammenarbeitete, die Reform des Männerordens der Karmeliter an und reformierte als Priorin mit Johannes als Beichtvater auch ihr Mutterkloster 1571–1573. Bis zu ihrem Tod am 4. Oktober 1582 gründete sie 17 Reformklöster. (Quelle u.a.: http://de.radiovaticana.va/)

Teresa verfasste etliche Schriften, die zum Teil auf ihren Unterweisungen der Ordensschwestern basieren. Sie befassen sich zum Teil mit Klosterreformen und Gründungen, zum großen Teil mit dem mystischen Weg der Vereinigung mit Gott. Ihre Werke wurden erstmals 1588 von Luis de Leòn in Salamanca gedruckt. In ihrer Autobiografie („vida“) schildert sie offenherzig, auch selbstkritisch und mit einem feinen Sinn für Humor ihre Erfahrungen und Gefühle. Viele Jahre litt sie unter der inneren Zerrissenheit zwischen weltlichen Anforderungen und ihrem tiefsten Wunsch, zurückgezogen zu leben und sich ganz Gott und Christus hinzugeben. Hier sowie im „Weg der Vollkommenheit“ von 1566 und vor allem in ihrem wohl berühmtesten Werk über die „Innere Burg“ (1577) entfaltet sie ihre Lehre vom inneren Gebet.

Die Innere Burg
Die sieben Gemächer der kristallenen Buch stellen Stationen oder Stufen auf dem Weg des inneren Gebets hin zur Auflösung in Gott dar. Der erste Schritt ist, nicht mehr außerhalb der Burg herumzuirren, sondern sich der Pforte zur Burg zu zuwenden. Die Pforte ist bereits Andacht und Gebet. Bis zur dritten Kammer oder Ebene muss sich der Mensch durch eigene Kraft, Disziplin und Hingabe auf Gott zu bewegen. Ab der vierten Kammer kann er nur noch loslassen. Alle weiteren Stufen der Vereinigung liegen in Gottes Hand und geschehen aus göttlicher Gnade. Von der ersten Kammer an, die noch sehr dunkel und „voller böser Wesen“ scheint ist die Selbsterkenntnis für Teresa das zentrale Instrument:

„Denn so hoch die Seele auch stehen mag nie wird etwas anderes die Selbsterkenntnis ersetzen können, ob man dies will oder nicht. …es ist eine so wichtige Sache, dieses Erkennen unseres eigenen Ichs, dass ich wünschte, ihr möchtet niemals darin ermatten, so hoch ihr auch in den Himmel emporgestiegen sein möget.“

Wer trotz der zu erwartenden Rückschläge auf dem Weg bleibt, der erfährt zunehmend innere Bestätigung: „Da die Seele die Wonnen Gottes gekostet hat, erkennt sie, dass die Freuden der Welt nur Kehricht sind. Mehr und mehr entzieht sie sich diesen und erlangt eine immer stärkere Herrschaft über sich selbst, die sie dazu befähigt.

Teresa heute
Einerseits setzte ihre Ordensreform wieder verstärkt auf Buße, Demut und Weltabkehr, andererseits sieht sie in Gott das Prinzip der Liebe. In der katholischen Kirche gilt Teresa als aktuelle und vorbildliche Lehrmeisterin des Betens. In Avila findet ihr zu Ehren vom 5.-9. August ein Europäisches Jugendtreffen statt. Ihre Spiritualität ist zwar weltabgewandt, jedoch nicht körperfeindlich. „Tu deinem Leib des Öfteren etwas Gutes, damit deine Seele Lust hat, darin zu wohnen.“

Das Besondere und seinerzeit Radikale an ihrer Art zu beten war, nicht den vorgegebenen Gebetsformeln zu folgen, wie es in den Klöstern und Kirchen üblich war, sondern den eigenen inneren Ton zu finden, der auf Vertrauen und Freundschaft beruht. In diesem Sinne sagt Ulrich Dobhan, Übersetzer und Herausgeber von Teresas Werken sowie Deutscher Karmeliten-Provinzial OCD (in einem Interview in der Wiener Kirchenzeitung): „Teresas inneres Beten ist keine „Meditationsmethode“, die man erlernen kann, sondern im wahrsten Sinn des Wortes eine echte Freundschaft. Was für diese gilt, gilt auch für jenes.“
(Dobhan bestätigt Teresas feministische Gesinnung, die darin bestehe, dass sie sich selbst als Frau ganz angenommen und zugleich kritisch gegenüber selbstherrliche, ignorante männliche Autoritäten geäußert habe. Am wichtigsten sei aber für sie die Gewissheit gewesen, von Jesus ganz angenommen zu sein: „Du, Herr meiner Seele, dir hat vor den Frauen nicht gegraut, als du durch diese Welt zogst, im Gegenteil, du hast sie immer mit großem Mitgefühl bevorzugt, und hast bei ihnen genauso viel Liebe und mehr Glauben gefunden als bei den Männern“ (Weg [CE] 4,1).
Die zeitlose und damit stets aktuelle Botschaft ist die, dass Gott Liebe ist. „Ich sah, dass er zwar Gott, aber auch Mensch war, der sich über die Schwächen der Menschen nicht entsetzt, sondern Verständnis hat für unsere armselige Lage […]. Ich kann mit ihm umgehen wie mit einem Freund, obwohl er doch Herr ist. Denn ich erkenne, dass er nicht ist wie die, die wir hier als Herren haben, die ihr ganzes Herr-Sein auf „Autoritätsprothesen“ gründen.“))

 

3. Mechthild von Magdeburg (1207-1282)

Sie gilt neben Hildegard von Bingen als bedeutendste deutsche Mystikerin des Mittelalters. Das Bistum Magdeburg feiert ab September 2007 das „Mechthild-Jahr“. Wer war Mechthild? Was schrieb sie? Was bietet das „Mechthild-Jahr“?

I. Mechthilds Leben und Wirken

Die Begine
Mechthild ist 1207 oder 1210 in der Diözese Magdeburg als Kind wohlhabender, adeliger Eltern geboren worden und hat sich offenbar eine gute höfische Bildung angeeignet. Einerseits mag das Armutsideal der Franziskaner, andererseits aber auch ihr eigenes Streben nach Vollkommenheit und gelebter Nachfolge Christi sie dazu bewogen haben, um 1230 das Elternhaus zu verlassen und sich in einen Magdeburger Beginenhof zu begeben. Dort führt sie während dreißig Jahren ein strenges geistliches Leben gemäß den evangelischen Räten: Armut, Ehelosigkeit, Gehorsam.
Entsprechend dem damaligen Frömmigkeitsverständnis unterwirft sie ihren Körper harten Bußübungen, um den Weg der inneren Läuterung zu gehen und die Einformung des eigenen Willens in den Willen Gottes zu erlangen. Mechthild erachtet es aber auch als ihren Auftrag, aktiv am Leben und Geschehen der Kirche teilzunehmen. Wie viele Beginen, deren Namensherkunft im übrigen unklar ist und die sich gegen Ende des 12. Jh. vor allem in den Niederlanden, den angrenzenden rheinischen Gebieten und Nordfrankreich gruppieren, betreibt sie eifrig Bibellektüre, kümmert sich um arme Kinder, unterrichtet, steht kranken und alten Menschen bei.
Solchermaßen übt sie ein tätiges Christentum. Daneben pflegt sie Kontakt mit Mitgliedern des Dominikanerklosters von Halle, wo ihr jüngerer Bruder Balduin ein Ordensstudium absolviert und eintritt. Sie lässt sich von Ordensleuten dieses Klosters beraten und genießt wahrscheinlich auch ihren Schutz, was ihr sehr zustatten kommt, hält sie doch mit ihrer Kritik an Geistlichen nicht zurück. So schreibt sie an einer Stelle, dass Gott die Domherren Böcke nenne, und in der Vorrede ihres bedeutenden Werkes „Das fliessende Licht der Gottheit“ lesen wir: „Dieses Buch sende ich nun als Boten allen geistlichen Leuten, die die Säulen der Kirche sind, den guten wie den schlechten; denn, wenn die Säulen fallen, dann kann das Gebäude nicht überdauern.“ Sie verfügt über ein erstaunliches Sendungsbewusstsein, sagt sie doch, dass dieses Buch allein von ihr künde und ihr Geheimnis offenbare, um Gott zu verherrlichen, wobei alle, die es verstehen wollen, es neunmal lesen sollen.

Die Mystikerin
Mechthild von Magdeburg schenkt uns eine unerschöpfliche Glaubens- und Lebenslehre, da wir bei ihr eine Einheit des Denkens, Fühlens und praktischen Lebensvollzugs feststellen. Wir erahnen ihre persönliche Liebesbeziehung zu Gott, nehmen jedoch auch den Zusammenklang mit dem heilsgeschichtlich-kosmologischen Geschehen wahr: Aufschwung und Niedersinken der Seele entsprechen dem Fliessen der Gottheit. Es veranschaulicht Gottes überströmende Liebe, die sich im Schöpfungswerk, ganz besonders in Christi Menschwerdung, aber auch in seiner Höllenfahrt manifestiert. Trotz Kirchenkritik und Höllenvisionen steht die göttliche Liebe als Ursprung und Ziel aller menschlichen Liebe im Mittelpunkt. Wir erkennen die Dynamik einer Liebe, die sich nicht nur im Aufstieg und in der mystischen Vereinigung mit dem Geliebten bewährt, sondern auch im «Entsinken» aus Gehorsam gegenüber Gottes Willen.
Diese Dynamik der Bewegung, das Fließende, Strömende von Licht, Feuer, Wasser als Ausdruckskraft der göttlichen Liebesgaben ist fortwährend spürbar, sowohl in der mit unseren Sinnen wahrnehmbaren Welt als auch im Denken und in der allein dem suchenden Geist zugänglichen, übersinnlichen Welt. Daher die Metaphorik von Wasser und Wein, höfischer Liebesbeziehung von Braut und Bräutigam, die Bilder von Berg, Licht, Feuer, die beinahe unerschöpflich anmuten.

Als überzeitliche Metapher verwendet sie in ihrer mystischen Sprache die Vision von Gott als «Berg», während sie an anderen Stellen den Bräutigam einen „giessende“, „fliessenden“, „brennenden“, „verschmelzenden“ Gott nennt. Häufig gehen mystischer Erfahrungsbericht und theologisch-ethische Reflexion ineinander über. In kühnen Strichen entwirft sie mit wunderschönen Bildern ihr Gottesbild, zeigt uns einen Gott und Schöpfer, den sie ernst nimmt und dem sie existentielle Fragen stellt.

Die letzten Jahre
Zwischen 1250 und 1259 entstehen die Bücher I-V, von 1260 bis 1270/71 Buch VI, wobei wir nicht wissen, wie groß der Einfluss ihres Beichtvaters Heinrich von Halle war, der die Aufzeichnungen redigiert, möglicherweise auch da und dort «korrigiert» und die Reihenfolge der Bücher nach eigenem Gutdünken bestimmt. Allerdings bringt dieser Dominikaner ihr Werk an die Öffentlichkeit. Zudem vergleicht er Mechthild mit den Prophetinnen Deborah aus dem Buch der Richter (IV, 4-5) und Olda aus dem 2. Buch der Könige (XXII, 14-20), die beide vom Heiligen Geist über die Geschichte Israels und die Gerichte Gottes belehrt werden.

Obwohl sie in Heinrich von Halle einen Verbündeten hat, erlebt sie zwischen 1260 und 1270 Anfeindungen gegen ihre Person und ihr Werk. Es mag damit und mit der zunehmend bedrohlichen Lage der Beginen zusammenhängen, die mit ihrer Mobilität – sie waren ja keiner Oberin unterstellt – ihren mannigfachen Aktivitäten und vielleicht auch mit ihrer Gelehrsamkeit vielen Geistlichen ein Dorn im Auge waren, dass sie sich 1270 ins Kloster Helfta bei Eisleben zurückzieht. Hier befinden sich zu der Zeit auch die beiden ebenfalls schreibenden Zisterzienserinnen Mechthild von Hackeborn (12411299), Autorin der „Visionen und Offenbarungen“, und Gertrud die Grosse (12561302), Verfasserin des „Legatus divinae pietatis“ („Gesandter der göttlichen Liebe“). Mechthild von Magdeburg stirbt hier 1282.

Selbst wenn wir vermuten, dass Hildegard von Bingen, Dionysius Areopagita, Bonaventura in ihrem Werk Spuren hinterlassen haben und sie von Augustinus und Bernhard von Clairvaux geprägt worden ist, bedeutet dies für uns keine Beeinträchtigung ihrer Begabung und Künstlerschaft. Vielmehr zählen wir Mechthild von Magdeburg den großen Gottsuchern und Kündern der Gottesliebe zu, die nach ihrer Anschauung das ganze Universum in Gang hält, diese unversiegliche, schöpferische Kraft, die dieses unaufhaltsame „Fließen“ und „Überfließen“ bewirkt.

 

II. Aus dem Werk

Mechthilds in sieben Büchern erschienenes Hauptwerk „Das fließende Licht der Gottheit“ (FLG) gilt als erstes Zeugnis der Mystik in deutscher Sprache. Wie durch ein Wunder wurde es über eine alemannische Übersetzung erhalten, im 19. Jahrhundert und in der amerikanischen Frauenbewegung des 20. Jahrhundert wieder entdeckt. Im Prolog offenbart kein geringerer als Gott selbst den Namen des Buches: „Es soll heißen: Das Licht meiner Gottheit, fließend in alle Herzen, die da leben ohne Arg.“ Es folgen einige Auszüge.

Wie Gott in die Seele kommt
Ich komm zu meinem Lieb wie der Tau auf die Blume.
Wie die Seele Gott empfängt und lobt Eia, selige Schau!
Eia, inniger Gruß! Eia, süße Umarmung!
Herr, Dein Wunder hat mich verwundet!
Deine Gnade hat mich erdrückt!
Du hoher Felsen,
Du bist so herrlich durchgraben.
In Dir kann niemand wohnen
denn Taube und Nachtigall. (FLG I, 14.)
Gott vergleicht die Seele vier Dingen
Du schmeckst wie eine Weintraube,
du duftest wie ein Balsam, du leuchtest wie die Sonne,
du bist ein Wachstum meiner höchsten Minne.

 

Die Braut
Die Braut ward trunken beim Anblick des edlen Antlitzes.
In der größten Stärke kommt sie sich selbst abhanden.
Im schönsten Licht ist sie blind in sich selbst.
In der größten Blindheit sieht sie am allerklarsten.
In der größten Klarheit ist sie beides, tot und lebendig.
Je länger sie tot ist, umso seliger lebt sie.
Je seliger sie lebt, umso mehr erfährt sie.
Je geringer sie wird, umso mehr fließt ihr zu.
Je reicher sie wird, umso bedürftiger wird sie.
Je tiefer sie (in Gott) wohnt, umso aufnahmefähiger wird sie.
(Je mehr sie begehrt), umso verlangender wird sie.
Je tiefer ihre Wunden werden, umso heftiger stürmt sie.
Je zärtlicher Gott gegen sie ist, umso höher wird sie entrückt.
Je schöner sie vom Anblick Gottes aufleuchtet, umso näher kommt sie ihm.
Je mehr sie sich müht, umso sanfter ruht sie.
(Je mehr sie empfängt), umso mehr erfaßt sie.
je stiller sie schweigt, umso lauter ruft sie.
(Je schwächer sie wird), umso größere Wunder wirkt sie mit seiner Kraft nach ihrer Macht
Je mehr seine Lust wächst, umso schöner wird ihre Hochzeit.
Je enger das Minnebett wird, umso inniger wird die Umarmung.
Je süßer das Mundküssen, umso inniger das Anschauen.
Je schmerzlicher sie scheiden, umso reichlicher gewährt er ihr.
Je mehr sie verzehrt, um so mehr hat sie.
Je demütiger sie Abschied nimmt, um so eher kommt er wieder.
Je heißer sie bleibt, umso rascher schlägt sie Funken.
Je mehr sie brennt, umso schöner leuchtet sie.
Je mehr sich Gottes Lob verbreitet, umso größer bleibt ihr Verlangen.

 

Über Christian Salvesen:

Er ist Autor, Künstler und Kenner der spirituellen Szene. 1951 in Celle geboren, Magister der Philosophie und Musikwissenschaften, Komponist und Musiker, arbeitet seit über 20 Jahren als Journalist/Redakteur und hat etliche Bücher veröffentlicht, darunter „Advaita“ und „Liebe – Herz aller Weltreligionen“. In den 80ger Jahren leitete er in eigenen, erfolgreichen Rundfunksendungen beim WDR und NDR zur Meditation und zum Bewussten Hören an. Er lebt mit seiner kanadischen Ehefrau in der Nähe von München. Alles weitere erfahren Sie auf www.christian-salvesen.de

 

Über Dr. Rosmarie Tscheer:

Sei ist Romanistin, Übersetzerin, Lyrikerin, Buchautorin und Referentin. Erstmals wurde ihr Text in der Schweizerischen Kirchenzeitung 1998 veröffentlicht.

 

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Dieser Artikel 3 katholische Mystikerinnen: Hildegart, Mechthild und Teresa ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.

Kollektives Trauma, Mystik und Integration – Thomas Hübl im Gespräch

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Bereits zum 14. Mal findet das Celebrate Life Festival statt – diesmal am 28. Juli bis zum 6. August 2017 -, das die Besucher dazu einlädt, beziehungsvoller auf das Thema Trauma einzulassen, sich über zeitgemäße Bewältigungsformen zu informieren und gemeinsam alltagstaugliche Handlungskompetenzen im Umgang mit Trauma zu entwickeln. Der Mystiker Thomas Hübl ist der Initiator des Ganzen – hier ein Interview mit ihm über die Hintergründe und darüber, warum kollektive Traumata auch heute noch Thema sind.

 

Echos und Antworten in einer Fragmentierten Welt

Thomas, was ist das Wesen von Trauma, und in welcher Beziehung dazu steht die Mystik?

Thomas Hübl: Das Thema Trauma ist von besonderer Relevanz in der Bewusstseinsevolution. Evolution ist Bewegung. Trauma wirkt als bremsende Kraft. Wenn wir inspiriert sind, wenn wir etwas Neues herausfinden und frische Einsichten haben, wenn wir kreativ sind, wenn wir gemeinsam in einen interessanten Dialog gehen, wird Bewegung angeregt und wir kommen intensiver in den Fluss. Treffen diese Anregungen oder Anforderungen jedoch auf ein traumatisiertes Areal, passiert das Gegenteil:

Es entsteht Angst, Konfusion, Überaktivierung, Rückzug, Eskalation etc. Dieser Mechanismus hat sowohl in der persönlichen Entwicklung des Einzelnen als auch für die Beziehung zu anderen Menschen und im kollektiven Miteinander erhebliche Auswirkungen. Erfahrungsfähigkeit, Beziehungsfähigkeit und Verarbeitungsfähigkeit sind eingeschränkt.

Neben unvorhergesehenen Begebenheiten, die zu traumatischen Schockreaktionen führen können, ist Trauma für die meisten Menschen etwas, das aus einer nicht adäquaten Beziehung und /oder einer überwältigenden Erfahrung entsteht und nicht erlöst werden kann.

Im Trauma ist unser Organismus überfordert. Es gibt eine Überladung von der Erfahrung, die nicht verarbeitet werden kann. Durch die Überlastung des Nervensystems reduziert der Organismus seine Sensitivität. Es gibt also eine Hyperaktivität und zugleich eine bremsende Aktivität. Sich weiterbewegen zu wollen und gleichzeitig energetisch auf der Bremse zu stehen, das ist das Wesen von Trauma.

Die Mystik begreift Trauma als gefrorene Vergangenheit. Sie geht davon aus, dass die Vergangenheit nicht das ist, was im Sinne einer Zeitlinie gestern passiert ist, sondern das, was vom Gestern noch unerledigt ist und deshalb heute immer noch unser Leben beeinflusst.  Ein Päckchen also, das ein Mensch mit sich herumträgt, welches seine Entscheidungen und Beziehungen mitbestimmt und ihn zumindest subtil fortwährend beschäftigt. Im Fernen Osten nennt man das Karma. Wir nennen es hier Trauma. Aber ganz gleich, wie wir es nennen, – es ist ein Phänomen, das in der Gesellschaftsentwicklung und Bewusstseinsevolution eine enorme Tragweite hat.

 

Wie äußert sich individuelles Trauma im Alltag, und wie können wir alltäglichen Traumasymptomen begegnen?

In den Momenten, in denen ein Mensch nicht seiner Intelligenz entsprechend auf die Wirklichkeit antworten kann, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass er gerade entweder einer starken Konditionierung oder einem Trauma in sich begegnet. Da ihm das jedoch nicht bewusst ist, nennt er es Problem. Doch dieser Mechanismus ist ja nur der nach außen projizierte Versuch, für seine eigene Konfusion und/oder Unzulänglichkeit eine Erklärung zu finden. Ihm fehlt in solchen Situationen die innere Möglichkeit, zu der gestellten Herausforderung eine Beziehung zu finden. Wird diese Beziehungsfähigkeit wiederhergestellt, wird enorm viel Energie frei, die bis dahin gebunden war.

Wir haben mit der Transparenten Kommunikation® eine Methode entwickelt, wie man Beziehung in einer sehr hohen Auflösung wiederherstellen kann, sodass wir sehen, dass unsere Bezogenheit im Grunde die Grunddynamik des Menschen ist. Umso gesünder sich diese Beziehungsfähigkeit in den ersten Lebensjahren entwickeln kann, desto besser ist die Basis, die Menschen für ihr Leben haben. Gibt es diesen guten Nährboden nicht, führt das manchmal zu einem lebenslangen Abmühen mit bestimmten Themen und zu zirkulär wiederkehrenden Schwierigkeiten, die mit viel Leid verbunden sind.

Viele individuelle Themen, Schwierigkeiten in unseren intimen Beziehungen und auch Probleme in unserer Kultur sind im Prinzip nichts anderes als Symptome, die aus früheren Traumatisierungen entstanden sind.

Jeder kann seine eigenen Traumasymptome im Alltag erforschen und daran arbeiten: Wenn ich nicht automatisiert lebe, sondern lerne, mich mehr und mehr bewusst auf mich selbst zu beziehen, bekomme ich immer mehr mit, wo mir das Leben schwer fällt, wo ich keine Selbstbeziehung herstellen kann.

Wenn ich dann genug Mut habe, fange ich an, mir meine Themen in der Ich-Du-Beziehung, ggf. gemeinsam mit einem Profi, tiefer anzuschauen. So kann das nachreifen oder heilen, was aus nicht adäquaten Beziehungen entstanden ist. Hilfreiche Werkzeuge hierfür sind sowohl Traumatherapien als auch die spirituelle Praxis, sowie Gemeinschaften, die ein gesundes Beziehungsumfeld und eine gesunde Basis für individuelle und inter-personelle Praxis bieten.

Je tiefer die Beziehung ist, die ich zu mir selbst herstellen kann, umso weniger werden die Bereiche meines Lebens, die ich als Problem nach Außen projizieren muss.

Für manche Menschen gilt es jedoch, überhaupt erst einmal anzuerkennen, dass sie traumatisiert sind; dass sie also je nach Abstufung in ihrem Leben etwas überwältigt hat oder sehr schwer zu ertragen war. Indem sie das ernst nehmen, öffnen sie ein Tor für ein Umfeld, in dem Heilung entstehen kann.

 

Es gibt exzellente psychologische Methoden zur Auflösung von Traumata. Welche Verbindung gibt es zwischen der Mystik und moderner Traumatherapie?

Aus Sicht des Mystikers gibt es beim Verständnis von Trauma keinen Unterschied zwischen Mystik und Psychologie. Gerade die neuesten Erkenntnisse der Psychologie zeigen, dass es eine sehr starke Übereinstimmung zwischen Mystik, Energetik und Traumatherapie gibt. Die Mystik spricht von eingefrorener Energie in Raum und Zeit, und es geht, genau wie in der Traumatherapie, darum, diese gefrorenen Areale zu kontaktieren und zu erlösen, also in eine neue Beziehung zu führen, und dadurch die Entwicklung des Menschen wieder in Fluss zu bringen. Moderne Traumatherapie und Mystik wirken synergistisch.

Die Erweiterung der psychologischen Arbeit um die spirituelle, transpersonale Dimension kann die Landkarte der Bewältigungsmöglichkeiten vergrößern und als Ressource für Heilung genutzt werden.

Wenn man sich Traumata stellen möchte, sind Mystik und Psychologie vortreffliche Partner, die sich wechselseitig darin verstärken können, kristallisierte Energie in Bewegung zurückzuführen und die Synchronizität von Körper, Herz und Geist wieder herzustellen.

 

Trauma gab es zu allen Zeiten. Warum erachtest du dieses Thema gesamtgesellschaftlich gegenwärtig als besonders relevant?

Die ganze Welt erlebt derzeit eine Welle von Aufruhr, Umbruch und Retraumatisierung. Jahrtausende alte Schatten entladen sich. Die Erlösung alter Traumata ist von immenser Bedeutung für die globale gesellschaftliche Weiterentwicklung. Überall dort, – in uns selbst und in der Welt -, wo es uns nicht gelingt, Karma/Trauma zu erlösen, müssen wir erneut durch die Erfahrung hindurch.

Gerade in Deutschland ist es aktuell wesentlich, für traumatische Zusammenhänge bewusst zu sein, weil die vielen Flüchtlingen, z. B aus Syrien, die frisch traumatisiert ins Land kommen, hier auf eine Kultur treffen, die noch dabei ist, den Holocaust und den zweiten Weltkrieg aufzuarbeiten. Verdrängtes Unbewältigtes wird reaktiviert. Das kann einerseits zu sehr spannungs- und konfliktbeladenen Situationen führen, zugleich liegt darin aber auch eine enorme Heilungschance, weil wir durch diese Aktivierung Zugang bekommen zu der verschütteten kollektiven deutschen Traumatisierung, die durch die Generationen weitergegeben wurde und immer noch in vielen Menschen aktiv ist.

Viele ökonomische und politische Symptome unserer Gesellschaft sind Traumasymptome. Es gibt ein kollektives Unbewusstes, das damit beschäftigt ist, Traumata zu unterdrücken und (epi)genetisch zu verarbeiten.

Wenn wir einen heilsamen Beitrag in der Welt leisten wollen, sind wir aktuell mehr denn je gefordert, uns sowohl mit individuellen Traumata als auch mit kollektiven Regulationsphänomenen und deren Beziehung zueinander zu beschäftigen. Die transpersonale Dimension unterstützt uns dabei, die Vergangenheit heilsam umzuschreiben. Rationales Wissen und das Schauen auf Symptome bringt uns nicht weiter.

Wir brauchen ein kulturelles Reflexionsfeld, in dem wir uns gegenseitig von der Idee einer idealen Welt „ent-süchtigen“, denn das Aufrechterhalten dieses Ideals führt zur Vermeidung einer tiefen inneren Beziehung zu dem, was wirklich geschieht. Die Transformation von kollektivem Trauma beginnt, wo wir uns individuell allem, was uns in diesem Augenblick begegnet, radikal zur Verfügung stellen können.

 

Wir sind individuelle und kollektive Traumata miteinander verwoben und welche Verantwortung ergibt sich daraus??

Durch die angespannte Weltlage werden wir über die Medien täglich mit Traumatisierung konfrontiert. Doch sehr viele Menschen sind gar nicht in der Lage, das, was sie dort sehen, adäquat zu verarbeiten, weil die Nachrichten auf ihr eigenes gefrorenes Areal treffen.

Wir alle sind in kollektive Traumata hineingeboren, aber wir sind uns dessen nicht bewusst, weil diese Traumata uns geprägt haben und alle Menschen in unserer Kultur darin verbunden sind. Viele Beziehungsgefüge, die wir als gegeben und normal hinnehmen, sind  bei tieferem Hinschauen Schattensymptome.

Anschaulich wird dieses, wenn z.B. jemand bislang vollkommen Unbekanntes in meiner Umgebung auftaucht und in mir selbst erst einmal eine Distanz, ein Fremdheitsgefühl, entsteht. Gelingt es mir, dieses distanzierte Gefühl bewusst als zu mir selbst gehörend anzunehmen, habe ich die Freiheit zu schauen, was als nächstes tatsächlich passiert. Wenn ich dieses Fremdheitsgefühl jedoch gewohnheitsmäßig von mir weg auf den Unbekannten richte und mich mit bekannteren Menschen in meiner Umgebung zusammenschließe, denen das auch so geht, fühlen wir uns als Gesellschaft verbunden – und der Unbekannte wird zu einem Fremden.

So wird die Fremdheit im einzelnen Menschen vor dem Hintergrund jahrtausendealter Traumata und Schmerzen als gesamtgesellschaftliche „Wahrheit“ ins Außen projiziert.

Wir unterstützen uns als Kultur im Aufrechterhalten unserer kollektiven Schattendynamiken.

Wenn wir Verantwortung für die Weiterentwicklung und mögliche Erlösung unserer Kultur übernehmen, müssen wir uns fragen, wie es eine Kultur schafft, Traumata wie den Holocaust kollektiv zu verdrängen. Wie machen wir es, dass die ganze, von Massenmorden und Kriegen übrig gebliebene Energie nicht ständig mit uns an unserem Arbeitstisch sitzt? Wie kann man präventiv in Krisensituationen handeln und neue Wege/Instrumente entwickeln, um die Effekte von kollektiver Traumatisierung bereits im Vorfeld zu reduzieren?

Es ist inzwischen vieles bekannt über die Dynamiken, mit denen der einzelne Mensch seine Traumata verdrängt. Aber wir wissen relativ wenig darüber, wie die kollektive Verdrängung funktioniert. Noch weniger wissen wir darüber, wie genau wir an diesen Dynamiken Anteil nehmen. Und es ist schwieriger, diese Dynamiken zu erforschen, weil jeder von uns selbst auch darin lebt.

Wir alle sind in kollektive Traumata hineingeboren. Wir können diese gar nicht von uns selbst unterscheiden. Sie sind Teil unseres Selbstgefühls.

Man muss sehr bewusst sein, um sich langsam aus diesen Gewohnheiten und Verständigungen herauszuschälen. Aber wenn wir das erforschen, tun sich vollkommen neue Welten auf. Es betrifft uns alle. Und meiner Ansicht nach werden sich viele zukünftige Einsichten in der Psychologie aus dieser neuen Dimension heraus entwickeln.

 

Was können wir als Einzelne und als Kultur zur Traumaheilung beitragen?

In all den traumatischen Schatten, mit denen wir täglich konfrontiert werden, liegt auf höherer Bewusstseinsebene auch das höchste Potenzial für Transformation.

Die Chance unserer Zeit besteht nicht in der Indifferenz. Gewisse Dinge existieren kollektiv nur weiter, weil sie nicht gesehen werden können. Wir müssen sowohl als Individuen als auch als Kultur lernen, mit einer echten Empfindungsfähigkeit Anteil zu nehmen. Wir müssen hinschauen lernen, wo die meisten Leute heute noch wegschauen oder nur intellektuell hinsehen können, weil es zu schwierig ist.

Alle Menschen, die wegschauen, sind Teil der kollektiven Schatten, vor denen sich ihre Wahrnehmungsfähigkeit verschließt. Es braucht eine ganz neue Hinwendung und eine gemeinsame Verantwortungsübernahme, ein tiefes Erkennen davon, dass wir alle potenziell die Kraft haben, dem Leben so zu antworten, dass sich Schatten transformieren können.

Wir können uns in der spirituellen Praxis verbinden und sie als Ressource zur Prävention und Bewältigung von Traumata nutzen. Wir können uns um die Auflösung unserer individuellen Traumata kümmern und andere darin unterstützen, ihre Traumata aufzulösen. Wir können tiefgreifende Beziehungs-Kompetenzen ausbilden, um auch starke Emotionen und scheinbar Widersprüchliches in uns beheimaten zu lernen und nicht abzuspalten.

Die Menschen, die schon heute dazu in der Lage sind, hinzuschauen und sich dem Unangenehmen zu stellen, können diesen Mut und diese Lebensverpflichtung für unsere gemeinsame Lebensgrundlage einsetzen und Teil einer transformatorischen Bewegung werden.

Multidisziplinäre Zugänge, gespeist u.a. aus Recht, Soziologie, Bildung, Kunst, Medizin und Spiritualität, können helfen, Traumata zu beleuchten, zu erforschen, zu integrieren und zu heilen. Gemeinsam können wir dafür Verantwortung übernehmen, jenseits der Traumatisierung zu einer Wiederherstellung der natürlichen Bezogenheit und Bewegung zu gelangen. In dieser Wiederherstellung liegt die transformatorische Kraft dafür, traumatische Zyklen zu stoppen und als Menschheit einen echten Lernschritt weiterzugehen.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Infos zu Celebrate Life:

„Das 14. Celebrate Life Festival 2017 lädt dich dazu ein, dich beziehungsvoller auf das Thema Trauma einzulassen, dich über zeitgemäße Bewältigungsformen zu informieren und gemeinsam alltagstaugliche Handlungskompetenzen im Umgang mit Trauma zu entwickeln.

Veranstaltet wird das diesjährige Festival gemeinsam mit dem Pocket Project. Dieses internationale Projekt wurde in 2016 als eigenes Spendenprojekt von Sharing the Presence e.V. ins Leben gerufen. Es stellt sich weltweit in den Dienst der Bewusstwerdung und Integration von kollektivem und generationsübergreifendem Trauma und bringt zeitlose mystische Weisheit und die neuesten Erkenntnisse wissenschaftlicher und psychologischer Forschung zusammen. Im Aufbau sind Pocket-Gruppen in möglichst vielen Ländern der Welt und weiterführende Trauma-Konferenzen mit Trauma-Experten unterschiedlichster Fachbereiche.

28. Juli bis 6. August in Hof Oberlethe“

www.celebrate-life.info

Dieser Artikel Kollektives Trauma, Mystik und Integration – Thomas Hübl im Gespräch ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.


4 Dinge, die unser Leben bestimmen – Michael A. Singer

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© manun / photocase.de

Im Grunde gibt es nicht mehr als vier Dinge, die es zu erkennen gilt: Die Welt, der Geist, das Herz und sich selbst. Wir selbst sind es, welche die anderen drei erfahren. Wer diese vier Dinge erkannt hat, weiss alles, was es zu wissen gibt. Fragt sich bloss, wie genau und ausführlich wir uns mit ihnen zu beschäftigen haben, um das Wesen dieser vier Dinge zu erfahren. Ein spirituell-philosophischer Blick auf Geist, Bewusstsein und Herz.

von Michael A. Singer

 

Was ist das Wesen der Welt um uns? Die Welt scheint ein unerschöpflich weites Thema zu sein, doch eigentlich ist die Sache ganz einfach: Das Wesen der Welt ist das Auftreten von Formen und Gestalten. Ein Energiefeld bringt eine unfassbar grosse Zahl verschiedener Formen und Gestalten hervor, und das geschieht aufgrund darunter liegender Gesetze. Das ist alles.

Um das Wesen der Welt zu erkennen, brauchen wir nicht das Verhalten eines jeden Fisches zu kennen, der durchs Wasser schwimmt, und nicht jedes Tier zu kennen, das sich an Land bewegt. Wir brauchen einzig die Tatsache zu anerkennen, dass es Wasser gibt und Land, und dass da Tiere sind, die im Wasser leben, und andere leben an Land. Diese Kenntnis reicht aus, um das Wesen der Dinge zu erkennen. Die Welt ist etwas, das es gibt, und wir sind in der Lage, sie zu erfahren. Sie hat bestanden, bevor es mich gab, und sie wird weiter bestehen, nachdem ich gegangen bin. Eine tiefer reichende Untersuchung dieser Fakten braucht es nicht. Es genügt, wenn wir mit offenen Augen in die Welt blicken und die Myriaden von Formen erblicken, welche die Schöpfung hervorbringt.

Worauf es nun ankommt, ist die Einsicht, dass die Welt nichts mit uns zu tun hat. Sie existiert unabhängig von uns. Das ist leicht zu verstehen, wenn man an entfernte Planeten wie Jupiter und Mars denkt. Da draussen gibt es einfach ein paar Planeten, die um einen Stern kreisen, und dieser Stern ist die Sonne. Die Tatsache, dass es uns möglich ist, diese Planeten durch ein Fernrohr zu betrachten, bedeutet nicht, dass diese Planeten irgendetwas mit uns zu tun haben. In ein paar Jährchen werden wir nicht mal mehr hier sein. Die Planeten und der Stern, um den sie ihre Bahn ziehen, werden aber noch Milliarden von Jahren fortbestehen.

Auf der höchsten Ebene ist das also das Wesen der Welt, in der wir leben. Ihr Wesen heisst Existenz, ihr Wesen ist Form, und ihr Wesen besteht darin, dass sie nichts mit uns zu tun hat. Wir sind lediglich dabei zu erfahren, dass fortwährend Schöpfung geschieht.

 

EIN SANDKORN

Doch wie viel von dieser Schöpfung nehmen wir auch tatsächlich wahr? Es gibt wohl keine Zahl, die so klein ist, dass sich mit ihr ausdrücken liesse, wie gering der Anteil der Welt ist, den wir tatsächlich wahrnehmen, verglichen mit dem unendlich Vielen, das wir verpassen.

Ein einziges Sandkorn, verglichen mit sämtlichen Sandkörnern sämtlicher Strände dieser Erde, das ist noch immer mehr, als dieses klitzekleine Bisschen, das wir von der Welt zu Gesicht bekommen. Wozu sich dann daran festhalten und sich einbilden, dieses kleine Fitzelchen Wahrnehmung habe irgendetwas mit einem zu tun? Wir müssen aufwachen und die Welt aus einer universellen Warte betrachten.

Nimmt man die Dinge mit ausreichend Distanz wahr, so wird das Wesen der Welt klar ersichtlich. Und das gilt auch für das Wesen des menschlichen Geistes. Was ist die Natur des menschlichen Geistes? Die Wahrheit ist, es fällt leichter, das Wesen des gesamten Universums zu erkennen, als das Wesen des Geistes in den Griff zu bekommen. Das ist nicht so, weil das Wesen des menschlichen Geistes eine derart komplexe Angelegenheit wäre. Wir schaffen das nicht, weil wir vor lauter Bäumen den Wald nicht sehen. Wir können den menschlichen Geist nicht sehen, weil wir derart verstrickt sind in unser Denken. Unsere Gedanken halten uns so sehr auf Trab, dass es uns nicht möglich ist, zu ihnen so weit auf Distanz zu gehen, um zu erkennen, wo all diese Gedanken bloss herkommen. Doch wir müssen zumindest so weit hinter das Denken kommen, dass wir erkennen können, was ausserhalb des menschlichen Geistes liegt. Das wiederum lässt einen sehen, was der Geist ist.

Durch Meditation kann sich uns eine solche Perspektive erschliessen. In tiefer Meditation betrachten wir den menschlichen Geist aus der Distanz, so wie man einen Stern am Firmament betrachtet. Wenn man einem aktiven Stern richtig nahe käme, würde man ihn nicht als eines jener Dinge erkennen, die nachts am Himmelszelt glänzen. Vielmehr hätte man einen riesigen Feuerball vor Augen. Damit wir «Stern» als solchen sehen können, müssen wir zugleich «Nicht–Stern» sehen können. Dasselbe gilt für den menschlichen Geist. Wenn wir uns tief genug in unser Selbst zurückziehen, können wir dem Geist aus der Ferne dabei zusehen, wie er uns kontinuierlich zutextet. Wo der Geist ausfranst und in etwas anderes übergeht, verflacht diese Aktivität, und ausserhalb des Geistes herrscht vollkommene Stille.

 

ENERGIEFELDER

Lange ist uns diese Perspektive allerdings nicht vergönnt. Rasch verlieren wir uns wieder im Denkbetrieb des Geistes. Darum gelingt es uns nicht, das Wesen des Geistes zu erkennen. In seinem Kern besteht das Wesen des Geistes aus einem Feld unbestimmter Energie mit dem Potenzial, sich als Gedankenformen zu manifestieren.
Der menschliche Geist ist ein Energiefeld zwischen uns (den Wesen, die -darin leben) und der Welt, die wir sehen. In diesem Energiefeld gibt es bestimmte Gesetze, denen gemäss der Wellenschlag des Denkens auftritt. So wie es Wissenschaftlern möglich ist, Wellen zu studieren und bestimmte Gesetze über deren Bildung zu formulieren, so ist es uns möglich, unsere Gedanken zu untersuchen. Dabei lässt sich erkennen, dass die Gedankenbildung bestimmten Mustern und Gesetzen folgt. Wenn jedes einzelne Ereignis Ihres gesamten Lebens offen vor mir zutage läge, wäre ich vertraut mit der -gesamten Datenmenge Ihres Geistes. Und wenn es mir möglich wäre, diese Daten in der richtigen Weise zueinander in Beziehung zu setzen, so würde es mir gelingen, die Reaktion Ihres Denkens auf eine bestimmte Wahrnehmung der Welt -vorauszusagen.

Unser Geist ist die Summe all unserer Erfahrungen. Die vielen Erfahrungen, die wir über die Sinne aufnehmen, hinterlassen im Energiefeld unseres Geistes ihren Eindruck. Aufgrund dieser Eindrücke bringt der Geist bei unterschiedlicher Gelegenheit unterschiedliche Gedanken hervor. Das ist die Quelle unserer Gedanken. Wenn Sinneseindrücke unseren Geist erreichen, so bringt dieser entsprechend seiner Prägungen Gedanken hervor. Haben wir das einmal begriffen, beginnen wir zu verstehen, dass dieser Prozess während des gesamten Lebens abläuft.

 

KOMMEN UND GEHEN

Jede einzelne Sekunde nehmen wir eine kleinste Einheit der Welt wahr, doch die vielen einzelnen Erfahrungen werden in unserem Geist zu einem grossen Ganzen verwoben und uns als absolute Wahrheit aufgetischt. Doch das ist keine Wahrheit; und wenn wir die Wahrheit erkennen wollen, so ist es ganz wesentlich, dass wir die Dynamik erkennen, mit der die Welt unseren Geist programmiert. Kein Gedanke verkörpert irgendetwas Heiliges, und das Denken hat nichts mit uns zu tun. Die Gedanken sind lediglich der Ausdruck von Prägungen des Geistes, die wir uns im Laufe des Lebens angeeignet haben. So wie wir den Wellen des Meeres -zusehen können, wie sie kommen und gehen, so können wir den Gedanken -dabei zusehen, wie sie im Geist entstehen und vergehen. So allerdings verhalten wir uns nicht. Vielmehr glauben wir an unser Denken. Ein Gedanke tritt auf, und schon betreten wir eine neue Welt.

Jede einzelne Entscheidung treffen wir aufgrund unserer Gedanken, und es ist nicht übertrieben zu sagen, dass wir unser Denken richtiggehend verehren. Mehr noch, wir glauben, unser Denken zu sein. Und sollten an dieser Stelle in Ihnen mit einem Mal Gedanken aufkommen wie: «Ich mag diesen Artikel nicht. Mir gefällt nicht, was hier behauptet wird» – was ist das nun wieder? Ganz einfach weitere Gedanken, die sich aus dem Kern Ihres Geistes heraus bilden. Und da ist nicht ein einziger Gedanke, der nicht das Ergebnis wäre der gesammelten Erfahrungen.

Die Summe der Eindrücke bestimmt, was wir denken. Und so sprechen wir aussen brav nach, was die Stimme der Gedanken in uns drin vorsagt. Das ist beunruhigend, nicht wahr? Darüber spricht niemand, und kaum jemand kann es uns erklären. Ganz bestimmt gab es nie ein Schulfach, in dem uns diese Dinge nahegebracht worden -wären, egal, wie lange wir zur Schule gingen, hat man uns nie erklärt, wie unser Geist funktioniert. Anstatt uns über das wahre Wesen unseres Geistes ins Bild zu setzen, war man damit -beschäftigt, unseren Geist weiter zu programmieren. Wie sollte man sich da je befreien können?

 

STRÖME DES HERZENS

Doch da gibt es etwas, das stärker ist als der denkende Geist. Dieses Etwas ist unser Herz. Das Herz ist recht verschieden vom Energiefeld, das unsere Gedanken hervorbringt. Wie alles andere in der Schöpfung hat auch das Herz sein eigenes Wesen. Wir verstehen das Herz am besten, wenn wir es als ein Energiefeld betrachten mit Strömen in verschiedene Richtungen und in unterschiedlicher Intensität. Diese Ströme funktionieren wechselseitig, und wenn der Fluss der Energie in ihnen blockiert ist, kann das zu beträchtlichen Störungen führen. Mit der Erfahrung dieser Energieflüsse sind wir bestens vertraut. Wenn wir in der Welt etwas sehen, das uns anspricht, so bildet sich aus dem Herzen ein Strom von Energie, der dieser Sache zuströmt. Dann fühlen wir uns von dieser Sache angezogen. Im Denken mag sich dagegen Widerstand melden: «Nein, das will ich nicht tun, damit könnte ich mir einige Probleme einhandeln.» Doch die Verbindung des Herzens kann stärker sein als die Botschaft des Denkens, und dadurch erweist sich, wie verschieden das Herz vom Verstand ist.

Wenn wir nun herausfinden wollen, warum sich unser Herz von bestimmten Dingen angezogen fühlt und von anderen abgestossen wird, so fällt das nicht allzu schwer. Denn auch das Herz ist weitgehend programmiert durch die Erfahrungen der Vergangenheit. In der Yogalehre wird diese Programmierung bezeichnet mit dem Begriff «Samskaras». Darunter werden Prägungen aus der Vergangenheit verstanden, die im Herzen zu wiederholt durchgespielten Energiemustern geführt haben. Werden diese Muster durch die Wahrnehmung eines Objekts aktiviert, so fliesst die Energie des Herzens durch die vorgespurten Bahnen.

Und jetzt möchte ich auf Ihr Herz zu sprechen kommen in einer Weise, die Ihnen vielleicht nicht zusagt. Ihr Herz ist ein überaus aktives Energiefeld mit zahlreichen Unterströmungen, und nichts von alledem hat irgendetwas mit dem zu tun, was Sie sind. Das Herz gehört einfach zu den Dingen, deren wir bewusst sind. Unversehens merken wir, dass uns etwas anzieht, fünf Minuten später fühlen wir uns davon abgestossen. Und das geschieht ständig. Ein anderer Mensch kann Sie bezaubern, und ohne Vorwarnung sagt oder tut dieser Mensch etwas, das Sie nicht mögen. Sogleich wenden Sie sich innerlich von ihm ab. Was sich hierbei zu- und wieder abwendet, können wir als «persönliches Herz» bezeichnen, denn seine Energieströme unterliegen den persönlichen Erfahrungen des Individuums. So gut wie immerzu, und alle folgen entweder den Einflüsterungen des persönlichen Herzens oder des persönlichen Geistes. Und meist setzt sich das Denken durch. Der Verstand argumentiert logisch mit Verweis auf die Erfahrungen in der Vergangenheit und suggeriert: «Ich weiss, wie du glücklich wirst.»

 

SUCHE NACH GLÜCK

Das aber kann der menschliche Geist nicht. Nie und nimmer macht er uns glücklich. Lediglich mit dem Denken kennt der Geist sich aus. Und wahrhaftes Glück kommt uns nur aus dem Herzen zu.

Also ist es besser, dem Herzen zu folgen statt dem Denken? Weder – noch, denn keines von beiden wird Sie dorthin führen, wo Sie hin wollen. Weil Sie weder das eine noch das andere sind. Sie sind es, die oder der das Herz erfährt, und Sie sind es, die oder der den Geist erfährt. Wenn Sie etwas objektiv beobachten können, dann ist das, was Sie beobachten, nicht das, was Sie sind. Sie sind der Beobachter. Was sehen Sie, wenn Sie das Herz beobachten? Sie stellen fest, dass sich das Herz zuweilen öffnet und zuweilen verschliesst. Sie erfahren das als Anziehung und Abstossung, als Liebe und Angst. Wenn das Herz offen ist, empfinden Sie eine enorme innere Stärke. Wenn sich das Herz verschliesst, empfinden Sie ein Absacken der Energie, oder die Kraft, die Sie eben noch beflügelte, wird unstet. Auf diese Weise stellen Sie fest, dass Sie nicht Ihr Herz sind; Sie waren dort, als die Inspiration einsetzte, und Sie waren dort, als sie entschwand. Sie sind derjenige, der dort drin ist und beobachtet, wie diese Veränderungen sich abspielen.

 

FRIEDEN MIT DER WELT

Mit der Zeit werden Sie merken, dass es Sie da drin nur einmal gibt. Sie, welche die Welt wahrnimmt, Sie, welcher den Geist beobachtet, und Sie, welche das Herz erfährt, das ist alles ein und dasselbe. Da ist nur ein einziges Wesen, das sich all dieser Erfahrungen bewusst ist. Und nichts von allem, das Sie wahrnehmen, hat etwas mit dem zu tun, das Sie sind. Nur Sie, die Bewusstheit allen Seins, haben etwas mit Ihnen zu tun. Wenn Sie diesen Zustand von Einsicht erreicht haben, sind Sie erwacht. Doch es wird Ihnen erst möglich sein, das Wesen Ihres Seins zu erkunden, wenn Sie Frieden geschlossen haben mit der Welt, mit dem Geist und mit dem Herzen. Das ist Ihre spirituelle Arbeit.

Indem Sie das Wesen der Welt ehren, schliessen Sie Frieden mit der Welt. Sie machen es sich zur Aufgabe, die Welt zu anerkennen und zu ehren, sie begrüssen die Welt, wenn sie auf sie zukommt, und Sie geben ihr einen Abschiedskuss, wenn sie weiterzieht. Mehr tut die Welt ja nicht – sie kommt und geht. Gott möchte uns da etwas beibringen: Mit -jedem neuen Tag kommt die Welt, jeden Abend geht sie – und kehrt nie mehr so wieder. Nun sehen wir sie, dann wieder nicht. Es ist wie ein Zaubertrick, und es hat nichts mit uns zu tun; wir erfahren die Welt bloss, wie sie an uns vorüberzieht. Doch die pausenlose Aktivität des Geistes lässt es nicht zu, dass wir die Welt ehren. Das Denken hat seine eigenen Vorstellungen darüber, wie die Welt zu sein hat. Der wahrhaft weise Mensch versteht, dass das zum Wesen des menschlichen Geistes gehört, und versucht nicht, dagegen anzukämpfen. Ein weiser Mensch betrachtet den Geist mit Mitgefühl und stellt fest, dass wir mit Denken versuchen, die Probleme des Herzens zu lösen. Wenn wir Frieden schliessen wollen mit dem Geist, ist es daher am besten, Frieden zu schliessen mit dem Herzen.

Unser Herz kann erfüllt sein von Liebe, von Schönheit und Gesang. Genauso kann das Herz aber auch leer sein, ausgelaugt und voller Schmerzen. Wie ein grossartiges Musikinstrument verfügt es über eine enorme Reichweite der Tonalitäten. Wer mit diesem Instrument nicht zurechtkommt, versucht, aus dem Denken heraus für sein Herz eine bessere Realität zu erschaffen. Das heisst, man versucht, die Welt so zu kontrollieren und zu manipulieren, dass sie den vermeintlichen Bedürfnissen der Welt entsprechen.

 

DAS HERZ, WIE ES IST

Man kann aber auch lernen, sein Herz so zu nehmen, wie es ist. Die grösste Aufgabe, vor der wir als spirituelle Wesen stehen, besteht darin, Frieden zu finden mit der enormen Reichweite unseres Herzens. Jeden Morgen sollten wir aufwachen und zu uns sagen: Sieh nur, wie aufregend die Wege des Herzens sind, ich werde ihnen folgen, egal, wohin sie mich führen. Das kann überwältigende Liebe sein, aber auch überwältigender Schmerz. Beides ist nicht von Bestand; es sind einfach Zustände, die dem Herzen offenstehen. Vom Sitz einer bewussten Zeugenschaft aus staunen wir einfach über die enorme Reichweite des Herzens.

Die Unfähigkeit, mit seinem Herzen zurechtzukommen, bestimmt das gesamte Leben. Das muss aber nicht so sein. Man kann das Wesen des menschlichen Herzens feiern und grosse Freude darin finden, die gesamte Reichweite seiner Möglichkeiten zu erfahren. Die meisten Menschen haben eine falsche Vorstellung über den Pfad des uneingeschränkten Glücks. Das bedeutet nicht, dass wir im Herzen ständig nur Glück fühlen würden. Es bedeutet, dass wir ständig in Frieden sind mit dem, was unser Herz fühlt.

Das Herz ist ein grossartiges Geschenk des Universums an uns. Es beschenkt unser Leben mit enormem Reichtum. Doch da wir mit dem Herzen nicht zurechtkommen, gelingt es uns nicht, die wahre Natur unseres Seins zu erfahren. Wer die Freiheit dazu will, muss lernen, die Welt zu ehren, das unbeständige Wesen des persönlichen Geistes zu betrachten, und er muss zurechtkommen mit dem menschlichen Herzen. Nur dann können wir uns bequem zurücklehnen in den Sitz des Selbst, nur dann steht es uns frei, mit dem wahren Wesen unseres Seins zu verschmelzen.

 

IHR WAHRES SELBST

Was ist das wahre Wesen unseres Seins? Christus sagte: «Der Vater und ich sind eins.» Im Schöpfungsbericht heisst es, Gott habe den Menschen nach seinem Ebenbilde erschaffen. Das ist die wahre Natur des Selbst, und Sie sind dazu in der Lage, diese Wahrheit unmittelbar zu erfahren. Jedes Mal, wenn Ihr Herz sich in einen Bereich bewegt, von dem Sie glauben, Sie würden es nicht ertragen, steht es Ihnen frei, einfach zu atmen und sich in den Sitz des Selbst hinein zu entspannen, statt sich vom Herzen oder vom Denken in etwas hineinziehen zu lassen. Das ist die höchste Form von Yoga. Die bedeutendste spirituelle Praxis für jeden Augenblick eines jeden einzelnen Tages besteht darin, die Welt zu befreien, den Geist zu befreien und das Herz zu befreien. Wenn die drei frei sind, ihrem Wesen gemäss zu sein, dann sind Sie selber frei, Ihrem Wesen gemäss zu sein – Ihr wahres Selbst zu verwirklichen. Das ist der Pfad zurück zum Wesen Ihres Seins.

 

Über Michael A. Singer: Er lebt zurückgezogen in einem Yoga-Center in Florida.  Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch: MF

 

Bücher von Michael A. Singer:

 

 

Michael A. Singer: „Die Seele will frei sein“
Verlag: Allegria Verlag 2016 (zuvor Edition SPUREN)
Umfang: 256 Seiten
Preis: 9,99 €
ISBN: 978-3548746418

 

Hier können Sie das Buch bestellen

 

 

 

Michael A. Singer: „Das Experiment Hingabe. Mein Weg in die Vollkommenheit des Lebens“
Verlag: Edition SPUREN, 2016
Umfang: 317 Seiten
Preis: 23,- €
ISBN: 978-3905752526

 

Hier können Sie das Buch bestellen

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Dieser Artikel 4 Dinge, die unser Leben bestimmen – Michael A. Singer ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.

Neuer Kongress 2018: „Medialität & Heilung“ am 17. und 18. März

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„Die Übersinnlichen – Der Kongress: Teil Zwei“ könnte man unsere Fortsetzung nennen. Nach dem überraschend großen Erfolg unseres Kongresses im März 2017 haben wir uns entschlossen, dieses Thema weiter zu führen. Viele Menschen sind offen und interessiert an der Geistigen Welt, unserer Verbindung miteinander und mit anderen Ebenen – und viele sehnen sich nach Antworten bezüglich ganzheitlicher Heilung. Eng damit verbunden ist das Thema der Geistheilung – ein Phänomen, das wissenschaftlich nicht erklärbar ist und dennoch schon vielen Menschen geholfen hat. So werden Sie auch Geistheilung und die geheimnisvolle Aurachirurgie bei uns in Theorie und Praxis erleben können. Und Sie werden viel erfahren über schamanische Heilung und natürlich verschiedene Formen der Medialität.

Auch für diesen Kongress ist es uns gelungen, hervorragende Experten und Referenten zu gewinnen. Für ein abwechslungsreiches, unterhaltsames und in die Tiefe gehendes Programm sorgen diesmal:

Andy Schwab
Bahar Yilmaz
Gabriel Palacios
Karina Wagner
Lars Köhne
Martin Zoller
Sue Dhaibi
Tom Peter Rietdorf
u. evtl. weitere Überraschungsgäste

 

Wir versprechen Ihnen, dass Sie viel lernen werden über Ihre ganz persönliche Intuition, Sensitivität und Medialität und über die faszinierende Möglichkeit der energetischen und geistigen Heilung. Das Programm ist ein komplett anderes als das vom letzten Jahr, so dass auch treue Kongressbesucher ein ganz neues Event erfahren können. So freuen wir uns schon jetzt, mit Ihnen einen großartigen neuen Kongress zu erleben. Unser bewährtes Team heißt Sie herzlich willkommen!

Als Frühbucher bekommen Sie das Samstag-Kongressticket für kurze Zeit zum vergünstigten Sommerpreis – also zögern Sie nicht!

Veranstaltungsort: Taufkirchen bei München.

 

Das Programm:

Samstag, den 17. März 2018:
Aufeinander aufbauende Vorträge und eine Talkrunde
Tickets zum vergünstigten Summer Sale ab jetzt erhältlich

Sonntag, den 18. März 2018:
Vertiefende Seminare und Workshops
Tickets in Kürze erhältlich.

Hier finden Sie das Programm im Detail.

Dieser Artikel Neuer Kongress 2018: „Medialität & Heilung“ am 17. und 18. März ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.

Neue Politik: Aufbruch ins Lebendige? – Dr. Thomas Steininger

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Thomas_Steininger_Aufbruch ins Lebedinge_MYSTICA_TV

© en.joy.it / photocase.de

Gesellschaftliche Veränderung, progressive Spiritualität und Menschen mit Herz – das sind die Stichworte zu diesem Artikel von Dr. Thomas Steininger. Unsere Welt ist geprägt von den komplexen Systemen der Weltwirtschaft und unserer politischen Institutionen. Der Radio-Moderator und freie Journalist reflektiert über die letzten 30 Jahren unseres gemeinsamen Lebens auf diesem Planeten und über die Wertschätzung von Lebendigkeit als einen politischen Akt.

von Dr. Thomas Steininger, zuerst erschienen in evolve

 

1978 war ich an meiner ersten großen politischen Aktion beteiligt. Damals sollte in Österreich das erste Atomkraftwerk ans Netz gehen. Doch es gab im Land überraschenden Widerspruch. Für Menschen aus den fortschrittlichen wie auch aus den konservativen Teilen der Gesellschaft war die Atomkraft zu einem Symbol für eine Industrie geworden, die in eine grundlegend problematische Richtung ging. Sie stand für eine Entwicklung, die in Kauf nahm, für scheinbar billigen Strom unvorhersehbare gesundheitliche Risiken für viele Generationen in Kauf zu nehmen. War das noch eine Industrie, die für uns Menschen da war? Eine ganze Generation entdeckte die Ökologie. Denkprozesse, die damals anfingen, stellen sich vielleicht heute mit einer Dringlichkeit dar, die wir damals noch nicht ahnten. Können wir Entscheidungen verantworten, deren Folgen unsere Enkel tragen? Damals in Österreich gelang es den Gegnern der Atomkraft, eine Volksabstimmung über das bereits gebaute AKW Zwentendorf durchzusetzen. Viele, auch wir jungen Menschen, waren über Monate auf der Straße und diskutierten über die Risiken und darüber, welche Industrie und welche Gesellschaft wir wollten. Was niemand erwartet hatte, geschah: Am 5. November 1978 stimmten die Menschen in Österreich mit knapper Mehrheit gegen die Atomtechnologie. Das AKW Zwentendorf wurde noch vor seiner Inbetriebnahme zu einem Museum einer veralteten Technologie. Viele von uns empfanden diese Volksabstimmung als eine Zeitenwende. Wir träumten von Wind- und Sonnenenergie und von einer neuen, ökologischen Gesellschaft. Doch der Zeitgeist wehte vorerst in eine andere Richtung als unsere jungen Träume.

 

30 Jahre Umbruch

In den letzten dreißig Jahren standen wir immer wieder vor überraschenden globalen Veränderungen, die uns jeweils neu über unsere Gesellschaft nachdenken ließen. All diese Umbrüche haben unser Verständnis von Geschichte und Gesellschaft nachhaltig geprägt. Das neue Wort, das die 80er Jahre beflügelte, hieß Neoliberalismus. Es stand damals für die Politik von Ronald Reagan und Magaret Thatcher. Ihre Politik war der Anfang einer neuen, radikal markt- und wirtschaftsorientierten Politik. Der nächste Einschnitt in die gesellschaftliche Entwicklung war das Jahr 1989, der Zusammenbruch des kommunistischen Ostblocks in Europa. Es war eine Zeit des Zusammenbruchs der Ideologien. Einer der wirklichen Helden des historischen Umbruchs in Europa war Václav Havel. Der tschechische Dichter und Dissident wurde über Nacht zum Präsidenten der jungen tschechischen Demokratie. Der tiefe, aber auch skeptische Humanismus dieses Dichterpräsidenten versprach eine neue menschliche Dimension in der Politik: „Die Tragik des modernen Menschen ist nicht, dass er immer weniger über den Sinn des eigenen Lebens weiß, sondern dass ihn das immer weniger stört.“ Hier sprach jemand, dem die existenzielle Dimension unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens nicht fremd war. Václav Havel war wie ein Versprechen für eine neue Politik, in der die Menschen in ihrer Verletzlichkeit, in ihrer Freiheit und ihrer Eigenverantwortlichkeit im Mittelpunkt standen.

Aber der Frühling in der Politik dauerte nicht lange. 2001 kam der große Schock. Im Terroranschlag auf die Twin Towers in New York und im Krieg gegen den Terror zerbrach die naive Hoffnung, das 21. Jahrhundert würde vielleicht frei von ideologischen Kriegen sein. Die Welt erlebte einen neuen globalen Konflikt. Die westliche Welt war mit einer radikalen, ja brutalen Ablehnung ihrer liberalen Werte aber auch gegenüber ihrer neoliberalen Politik konfrontiert. Die weltweite Renaissance der Religion bekam auf einmal die Form eines rückwärtsgewandten und manchmal auch erschreckenden Fundamentalismus.

2008 kam der nächste Schock: die Finanz- und Wirtschaftskrise. Sie riss die Welt in wenigen Wochen fast in den Abgrund. In Europa schwelt die globale Finanzkrise seither weiter vor sich hin und wird zum Nährboden rechtspopulistischer Bewegungen. Aber auch weltweit ist die Schuldenkrise nur vorerst mit zusätzlicher Verschuldung aufgefangen worden.

Die globalisierte Welt erzeugt eine Komplexität, wie wir sie in unserer Geschichte noch nie gesehen haben. Sie ist geprägt von einem historischen Klimawandel, von neuen Kriegen, dramatischen Flüchtlingsströmen – einer Dauerkrise, die alle Akteure zu überfordern scheint. Gleichzeitig leben wir in einer Welt, in der die neuen Technologien eine Wissens- und Datenökonomie erschaffen, die uns als globale Menschheit fast neu erfindet. Wohin führt dieser Umbruch, den viele als Zeitenwende erleben? Die Ära des Neoliberalismus scheint zu Ende zu gehen. Das Vertrauen in die Vernunft der globalen Börsen, das sie die letzten 30 Jahre bestimmt hat, ist seit 2008 dramatisch eingebrochen. Aber auch eine 300 Jahre alte Ära der uneingeschränkten westlichen Dominanz in der Welt scheint zu Ende zu gehen. Neue Aufsteiger wie China, Indien, Brasilien aber auch Regionalmächte wie Südafrika und der Iran sind Vorboten einer Zukunft, in der verschiedene Kulturen um Mitbestimmung konkurrieren werden, um zu beeinflussen, wie unsere gemeinsame Zukunft aussehen wird.

Teil dieses Umbruchs ist eine Renaissance der Religion. Wir erleben sie nicht nur in fanatisch-fundamentalistischen Formen des Islam. Die Tea-Party-Bewegung in den USA und Putins neu-orthodoxes Russland sind Teil einer weltweiten fundamentalistischen Welle. Aber die Renaissance der Religion, oder besser gesagt, die Renaissance der Spiritualität hat auch ein zweites Gesicht. Viele Menschen, gerade in den USA und Europa, suchen nach einem neuen Einklang zwischen den Werten westlicher Aufklärung und einem neuen Verständnis von Religion und Spiritualität, eine Synthese einer aufgeklärten Vernunft und einer offenen Spiritualität. Es gibt auch die Renaissance einer progressiven Spiritualität und unser Magazin versteht sich als Teil dieser Entwicklung.

 

Progressive Spiritualität

Jürgen Habermas, der wahrscheinlich bedeutendste Sozialphilosoph unserer Zeit, bezeichnet sich selbst als „religiös unmusikalisch“, aber sein Verständnis der grundlegenden gesellschaftlichen Herausforderungen, vor denen wir gemeinsam stehen, zeigt vielleicht auch, welchen Beitrag eine moderne, offene Spiritualität leisten kann. Jürgen Habermas beschreibt in seinem Werk den zentralen gesellschaftlichen Konflikt des 20. und 21. Jahrhunderts als einen Konflikt zwischen zwei Bereichen der Gesellschaft, die er „Lebenswelt“ und „Systemwelt“ nennt. Traditionelle Gesellschaften kannten diesen Konflikt nicht, aber ihre Lebenswelten waren noch nicht von dem getrennt, was wir heute als „das gesellschaftliche System“ verstehen. Wirtschaft und Politik waren in den traditionellen Gesellschaften Ausdruck einer gemeinsam gelebten kulturellen Sphäre. In frühen Stammesgesellschaften waren Arbeit und Gemeinschaftsleben noch eins mit der gelebten Spiritualität der Stammesgesellschaften. In späteren Priesterkulturen prägten Priesterherrscher die gesellschaftlichen Normen. Die damalige Arbeits- und Lebenswelt war tief durchdrungen von der spirituellen Welt der großen Religionen. Das Zinsverbot vieler Religionen war ein Ausdruck dieser Einheit.

Die Trennung zwischen System- und Lebenswelt kam, so Habermas, mit der europäischen Reformation und der Industrialisierung. In der Zeit der Reformation entkoppelten sich Geld- und Machtstrukturen von den traditionellen Lebenswelten. Wirtschaft und Politik wurden zu einem unabhängigen System mit eigener Logik und Dynamik. Habermas beschreibt, dass in der modernen Welt die Systemwelt in immer größerem Maße danach trachtet, die Lebenswelten zu kolonisieren. Sie transformiert menschliche Beziehungen zu Warenbeziehungen oder abstrakt-bürokratischen Machtbeziehungen. Es geht darum, so Habermas, diesen Prozess der Kolonisierung umzukehren. Sein politisches Projekt besteht darin, den Lebenswelten durch „verständnisorientiertes Handeln“ wieder ein Übergewicht gegenüber der Eigenlogik von Markt und Bürokratie zu geben. Die Überwindung der weltweiten ökologischen Krise, aber auch die Zähmung der Marktlogik durch die Werte menschlicher Beziehungen, braucht eine starke verständnisorientierte Lebenswelt.

Auch eine globalisierte Welt, die nicht nur eine Globalisierung der Märkte ist, sondern eine Globalisierung unserer Beziehungen, braucht ein tiefes Verständnis lebendiger zwischenmenschlicher Beziehungen und einer lebendigen Beziehung zu dieser Erde. Progressive Spiritualität kann uns dabei helfen, auf einer radikalen und existenziellen Weise zu verstehen, was der Unterschied zwischen Lebenswelt und Systemwelt eigentlich ist. In einem Wald nicht nur „Nutzholz“ zu sehen, sondern lebendige Bäume wahrzunehmen, ist ein spiritueller Akt. Unsere menschlichen Beziehungen nicht weiter zu käuflichen Warenbeziehungen verkommen zu lassen, ist ein spiritueller Akt. Zu sehen, wie die Systemwelt weite Bereiche unserer Seele kolonisiert hat, ist ein spiritueller Akt. Wir brauchen unsere menschliche Intuition und unser Herz, um den Wert des Lebens wieder zu sehen.

Sind wir in der Lage, die Natur und vielleicht sogar den Kosmos als lebendig und beziehungsfähig zu erfahren – was uns in tiefer spiritueller Einsicht zugänglich werden kann?  Albert Einstein war nicht nur ein genialer Physiker, sondern auch ein moderner, mystischer Mensch. Er meinte einmal, wenn er Gott eine Frage stellen könnte, dann wäre es die Frage: „Ist das Universum freundlich oder nicht?“ In dieser Frage steckt natürlich auch noch eine Frage: Ist das Universum beziehungsfähig, ist es lebendig? Die materialistische Wissenschaft beschreibt den Kosmos im Grunde als eine große kalte Leere mit ein paar verstreuten Materiebrocken. Spirituelle Intuition sieht das anders. Es gibt gute Argumente, auch aus einer aufgeklärten und modernen Perspektive unser Universum als ein ungeteiltes, beziehungsfähiges und lebendiges Ganzes zu sehen. Diese Einsicht würde dem Wort Lebenswelt eine andere Tiefe geben. Diese radikale Wahrnehmung unserer universellen Lebenswelt ist vielleicht einer der wichtigsten Beiträge der Spiritualität zu den Fragen unserer Zeit.

 

Lebenswelt

Der philippinische Soziologe und Träger des Alternativen Friedensnobelpreises Nikanor Perlas hat Habermas’ Gedanken zu System- und Lebenswelt auch im Rahmen eines globalen politischen Aktivismus weitergedacht. Nikanor Perlas, der eine spirituell erweiterte Sicht der Lebenswelt vertritt, sieht neben Global Business und den internationalen politischen Strukturen in der globalen Zivilgesellschaft eine entstehende dritte, Lebenswelt-orientierte globale Kraft. Die globale Zivilgesellschaft verbreitet und verbindet sich auch durch die Entstehung des Internets in den letzten Jahrzehnten über den ganzen Globus. In ihr spielen soziale, tiefenökologische aber auch direkt spirituelle Werte eine immer bedeutendere Rolle. Die weltweiten Netzwerke der entstehenden Zivilgesellschaft sind vielleicht der Anfang eines globalen Verständigungsprozesses, der weit über die Grenzen der verschiedenen Nationen und Kulturen hinausgeht. In Nikanor Perlas‘ Vision ist das Netzwerk eine verständigungsorientierte globale Lebenswelt, die mit Global Business und den weltweiten politischen Strukturen in eine konstruktive Auseinandersetzung gehen kann.

Einer der auch spirituell motivierten Vordenker einer lokalen und globalen Lebenswelt ist Charles Eisenstein. In seinen Büchern beschreibt er unsere Zeit als einen epochalen globalen Umbruch. Er sieht ihn als den Übergang von einer Kultur der Trennung zu einer Kultur der Wiedervereinigung mit der Lebendigkeit des Lebens, der Lebendigkeit des Kosmos und der Lebendigkeit unseres Planeten Erde. Das große Echo, das Autoren wie Charles Eisenstein bis tief hinein in die Occupy-Bewegung der letzten Jahre gefunden haben, zeigt zumindest, dass es eine neue Sensibilität und ein neues Interesse für ein spirituelles Verständnis unserer Lebenswelt gibt.

Seit der Finanzkrise 2008 hat sich auch im Mainstream der Medien der Diskurs stark verändert. Das Wort Nachhaltigkeit hat eine neue Bedeutung gefunden. In den Wirtschaftswissenschaften gibt es eine neue Generation von Postmaterialisten. In Deutschland und der Schweiz ist es seit einigen Jahren gelungen, eine breite Debatte über ein bedingungsloses Grundeinkommen zu führen. Enno Schmidt, Mitinitiator der Schweizer Initiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen, betont in seiner Arbeit, dass allein der Gedanke des bedingungslosen Grundeinkommens unser herkömmliches Menschenbild und unsere Vorstellungen über unsere menschlichen Beziehungen infrage stellt. Er sieht in der öffentlichen Debatte schon einen großen Erfolg.

Ethische Banken wie die GLS Bank, die Ethik Bank oder die Triodos Bank in Deutschland zeigen, dass es auch Ansätze gibt, ganz real mit Geld und Kapital in einer Weise umzugehen, die nicht nur der Logik der Systemwelt, sondern auch den Werten unserer Lebenswelten Rechnung trägt. Die aus Österreich kommende Initiative für Gemeinwohlökonomie macht ganz direkt den Versuch, die Wirtschaftlogik wieder über politische und demokratische Prozesse an die Werte einer verständnisorientierten Lebenswelt anzuschließen. Radikale Ansätze wie Charles Eisensteins Ideen einer „Schenkökonomie“ gehen dem Gedanken nach, dass die einfache Einsicht, dass uns das Leben selbst – und viele der wesentlichen Qualitäten unseres Lebens wie Liebe, Respekt, Freundschaft – nur geschenkt werden können, wenn sich unser Verständnis von Wirtschaft und Gesellschaft verändert. Auch unsere globalen Probleme brauchen eine neue Kultur einer globalen Lebenswelt. Dazu leisten die verschiedenen Formen traditioneller und progressiver Spiritualität wichtige Beiträge.

Als wir 1978 gegen die Atomkraft in Österreich abstimmten, hatten wir die Hoffnung, dass erneuerbare und lebensbejahende Energie bald Mainstream wird. Auf eine gewisse Weise ist sie das heute, nach über 35 Jahren, auch geworden. Die Herausforderungen unserer Welt sind aber nicht kleiner geworden. Um der Lebenswelt in dieser Welt eine neue Bedeutung zu geben, müssen wir auch sehen, wo diese Lebenswelt immer wieder neu geboren wird – in unseren Beziehungen. Im lebendigen Dialog entdecken wir immer wieder auf‘s Neue unsere gemeinsame Welt. Vielleicht ist es auch die Aufgabe der progressiven Spiritualität, eine neue Dialogkultur anzustoßen, in der die Lebendigkeit unserer Beziehungen und die Lebendigkeit der Welt erfahrbar und lebbar werden. Diese bewusste Dialogkultur wird ein wichtiger Beitrag sein.

Der Text ist zuerst erschienen in evolve – Magazin für Bewusstsein und Kultur
www.evolve-magazin.de
www.facebook.com/evolve.magazin

 

Über Dr. Thomas Steininger:

Er ist Herausgeber des Magazins evolve und studierte Philosophie an der Universität Wien mit einem besonderen Schwerpunkt auf Bewusstseinsthemen und soziale Evolution. Er arbeitete für das österreichische Radio (Ö1) und als freier Journalist. Thomas lehrte beim Masters-Programm für „Conscious Evolution“ am Graduate Institute in Connecticut/USA in Zusammenarbeit mit Don Beck, Susanne Cook-Greuter, Allan Combs u. a. Heute leitet er emerge e.V. Deutschland und moderiert das Webradio Radio evolve. Er hält international Vorträge und gibt Seminare über Dialog und evolutionäre Spiritualität.

Dieser Artikel Neue Politik: Aufbruch ins Lebendige? – Dr. Thomas Steininger ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.

Qi Gong der Spontanbewegungen: Ein Tanz! – Frithjof Krepp

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Qi Gong ist mehr als Gesundheitsprävention. Qi Gong kann heilen, besonders dann, wenn man dem Qi die Freiheit dafür gibt. Dieser „Freiheitstanz“ des Qi’s beginnt aber erst nach der „normalen“ Qi Gong Praxis. Noch ist diese Möglichkeit in Deutschland nahezu unbekannt. Ihr Bekanntwerden könnte dem Qi Gong hierzulande einen kräftigen Aufschwung geben, weil bei diesem Qi Gong Stil die Selbstheilungskräfte enorm aktiviert werden, was zu den viel zitierten mystischen Qi Gong Wundern führen kann.

 von Frithjof Krepp

 

 

Meine ersten Erfahrungen mit den Spontanbewegungen:

Mitte der 1980er Jahre machte ich einen Taijiquan Basis Kurs bei einer Volkshochschule nähe Frankfurt/Main. Es war meine erste Begegnung mit dieser asiatischen Kunst, deren Hauptaspekte Gesundheit, Selbstverteidigung und Meditation sind. Ich lernte einen Teil des Yang Stils, eine Folge langsamer, fließender Bewegungen und praktizierte diese täglich etwa 20 Minuten. Einige Zeit nach Beendigung des Kurses stellte sich bei mir ein merkwürdiges Phänomen ein. Immer dann, wenn ich die Übung abgeschlossen hatte und entspannt stehen blieb, fing mein Körper an, sich von selbst unwillkürlich zu bewegen.  Manchmal weich und langsam, manchmal schneller, manchmal zuckend. Ich ließ dies zu, denn es war wie ein Tanz, aber ohne Musik, der sich gut und befreiend anfühlte. Da ich nie das Gefühl hatte, dass ich die Kontrolle über mich verlieren könnte, genoss ich diesen Zustand, bis er von ganz alleine wieder ausklang. Leider fand der Taijiquan Kurs keine Fortsetzung, und mein Interesse an weiterer Übungspraxis ebbte nach ca. zwei Monaten ab.

 

Meine Heilung durch das Qi Gong der Spontanbewegungen

Im Herbst 1987 begann für mich eine langjährige Gesundheitskrise mit permanentem Energiemangel und daraus resultierender verschiedenster Symptome. Heute würde man dazu Burnout Syndrom sagen. Ich konnte meinen Beruf als Lehrer an einer öffentlichen Schule ein halbes Jahr gar nicht ausüben. Auch danach war ein Einsatz nur mit 50% reduziertem Stundendeputat möglich. Es war eine lange Leidenszeit, in der ich viele verschiedene Therapien für mich anwandte, aber ohne durchschlagenden Erfolg.

Die Wende kam am Pfingstwochenende 1996. Ich hatte in einer Ankündigung des „Frankfurter Rings“ (Verein in Frankfurt/Main, der u.a. spirituelle Vorträge und Seminare organisiert) gelesen, dass die Qi Gong Großmeisterin Gao Yun mit ihrer Tochter Bai Yin erstmalig in Deutschland sei und an dem besagten Pfingstwochenende ein Qi Gong for Life-Seminar halten würden. Die Ankündigung sprach mich an, und ich entschloss mich, mir die beiden Frauen freitags, an einem Erlebnisabend, einmal anzuschauen, zumal ich über Qi Gong nichts wusste. Als Master Gao Yun im Rahmen des Abends ihre Qi Gong for Life Basis Form vorführte, berührte mich diese Vorstellung sehr, und ich entschloss mich kurzfristig an ihrem kommenden Wochenendseminar teilzunehmen.

Das Seminar fand in einem großen Saal mit über 60 Teilnehmern aus ganz Europa statt. Es hatte zum Ziel, dass am Ende der beiden Tage alle, neben der Erfahrung theoretischer Hintergründe des Qi Gongs, die ersten 18 Bewegungen der sogenannten Schwanen-Kranichübung des Qi Gong for Life-Stiles gelernt haben sollten.

Gegen Ende der Veranstaltung kündigte die Meisterin an, zum Abschluss der Übungspraxis Qi auf die Gruppe abgeben zu wollen, um den Teilnehmern den eigenen Qi Fluss zu erleichtern und zu verstärken. Hierzu sollten wir nach dem Ende der Übungsfolge einfach mit geschlossenen Augen entspannt stehen. Ich wusste nicht, was mich erwartete. Während ich eine angenehme Wärme, von den Fußsohlen ausgehend und über Füße und  Beine nach oben steigend, fühlte, nahm ich verstärkt viele Geräusche im Saal war. Ich öffnete kurz die Augen und sah eine Menge Teilnehmer, die sich spontan bewegten, manche sanft in den Armen und Hüften kreisend, manche mit den Füßen auftretend, manche mit schnellen zuckenden Bewegungen, manche gaben Töne von sich, manche weinten . . . Es war unglaublich. Wo war ich gelandet? Mein Geist riet mir, mich nicht ablenken zu lassen, wieder die Augen zu schließen und mich auf das einzulassen, was mit mir passierte, denn die innere Wärme war angenehm und breitete sich immer mehr in mir aus. Gleichzeitig fühlte ich mich immer schwereloser, und auch mein Oberkörper, meine Arme, Hände und Finger fingen an, sich unwillkürlich zu bewegen. Ich erinnerte mich an den Zustand, den ich fast zehn Jahre vorher nach meiner Taijiquan Praxis erlebt hatte. Nach ein paar Minuten dieses wirklich schönen Zustandes sagte Master Gao Yun, dass wir die Hände auf unseren Unterbauch legen und unser Bewusstsein dorthin fokussieren sollten, um das Qi dort einzusammeln. Dadurch hörten die Bewegungen rasch auf, und ich kam in einen Zustand tiefer, innerer Ruhe.

Ich folgte dem Rat von Master Gao Yun, den sie allen Teilnehmern zum Abschluss des Seminars auf den Weg gegeben hatte und praktizierte in den Folgemonaten täglich zweimal je ca. 20 Minuten Qi Gong for Life. Immer mehr spürte ich, auch ohne direkten Qi Empfang durch Master Gao Yun wie seinerzeit im Seminar, in den folgenden Wochen den Energiefluss. Die Spontanbewegungen am Ende der Übung zeigten mehr und mehr verschiedenste Formen. Dies fühlte sich durchweg angenehm an, egal was sich an Bewegungen oder auch Emotionen zeigte. Irgendwie schien dieser geheimnisvolle Tanz des Qi’s auch meinen Zustand zu verbessern, denn ich fühlte mich nach der Übungspraxis immer sehr gut.

Nach etwa vier Monaten hatten sich mein jahrelanger Energiemangel und die daraus resultierenden Symptome aufgelöst. Ich wieder gesund und in meiner Kraft!

In den folgenden Jahren begann ich, neben einer Qi Gong Lehrerausbildung bei Master Bai Yin, der Tochter von Master Gao Yun, Qi Gong auch bei anderen Lehrern zu lernen. Bei den meisten Lehrern waren die Spontanbewegungen gar nicht im Programm. Glücklicherweise begegnete ich im Shaolin Wahnam Institut in Frankfurt/Main Grandmaster Wong Kiew Kit, von dem ich vorher das Buch „Die Kunst des Qi- Gong“ gelesen hatte, ein Buch, in dem ich erstmals etwas über den geheimnisvollen freien Fluss des Qi’s gelesen hatte. Grandmaster Wong entstammt der Shaolin Tradition und hatte bereits 1997 die Auszeichnung weltbester Qi Gong Meister erhalten. In seinem Buch schreibt er, statt des Begriffs Spontanbewegungen, vom angeregten Qi Strom und von den Heilungen, die dadurch erreicht wurden und erreicht werden können.

Nach jeder Übungseinheit praktizierten wir in allen seinen Seminaren den angeregten Qi Strom. Aus seiner Sicht ist Qi Gong ohne Spontanbewegungen, wie er sagte, auf einem niedrigen Niveau und bessere Gymnastik. Wenn das so ist, fragte ich mich: Warum ist das Qi Gong der Spontanbewegungen in Deutschland nahezu unbekannt? Warum wird es in den Lehrerausbildungen nicht unterrichtet? Die Antwort findet man in der Qi Gong Entwicklung im China der 1980er Jahre.

 

Das Qi Gong der Spontanbewegungen in China

Das Qi Gong der Spontanbewegungen wurde, nach dem Ende der mörderischen Kulturrevolution unter Mao Tse Tung, im China der 1980er Jahre zu einer Massenbewegung. Es kam zu einem regelrechten Qi Gong Fieber, das das ganze Land zu erfassen schien und wurde zu einem Symbol des Aufbruchs nach etwa zehn Jahren Unterdrückung. Man fand sich in großen Gruppen, stellenweise zu Hunderten im Freien und in den Parks großer und kleinerer Städte, zusammen und praktizierte nach der üblichen Qi Gong Bewegungsfolgen des Kranich Qi Gongs Spontanbewegungen. Unter den Praktizierenden waren auch viele kranke Menschen und solche, die von den Ereignissen der letzten Jahre schwer traumatisiert waren. Diese verdanken in dieser Zeit dem angeregten Qi Strom Linderung und Heilung von selbst schwersten Erkrankungen. Leider wurde das Qi Gong der Spontanbewegungen nach einer raschen Blütezeit von der chinesischen Regierung verboten.

Dies hatte zwei Gründe. Konservative Richtungen des Qi Gongs sahen es als unmöglich an, dass man sich so extrovertiert in der Öffentlichkeit präsentierte, Emotionen zeigte, denn es kam auch zum Fließen von Tränen oder Wutausbrüchen. Aus traditioneller asiatischer Sicht kam dies einem „Gesichtsverlust“ gleich.

Die chinesische Regierung sah bald eine mögliche Gefahr, die von den Menschenmengen mit ihren sich frei bewegenden Körpern, von denen es in China immer mehr und mehr wurden, ausging. Wer sich frei bewegt, denkt demnächst das Wort Freiheit, spricht es aus, schreit es heraus, vielleicht mit einem Plakat auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking. Schnell hatte man den einen oder anderen Grund dafür gefunden, dieses politisch ungeliebte Qi Gong der freien Bewegung zu stigmatisieren. Es habe Verletzungen, ja sogar den einen oder anderen Todesfall gegeben, sagte man ihm nach. So verschwand das Spontan-Qi Gong mit seinem freien Fluss, zu Unrecht gebrandmarkt, wieder von der Bildfläche in China, nachdem es für einige Zeit große Hoffnung auf Gesundheit unter den Menschen gebracht und Begeisterung entfacht hatte.

Wer näheres dazu wissen möchte, dem empfehle ich die ausführliche Dissertation von Prof. Dr.Dr.Ots, der zu dieser Zeit in China war und seine Doktor Arbeit über das Qi Gong der Spontanen Bewegung schrieb unter dem Titel: Stiller Körper – Lauter Leib – Aufstieg und Untergang der jungen chinesischen Heilbewegung Kranich-Qi Gong.         

 

Das Qi Gong der Spontanbewegungen im Westen

Das Qi Gong der Spontanbewegungen verschwand zwar in der chinesischen Öffentlichkeit, um vereinzelt im Westen wieder aufzutauchen. Qi Gong Meister wie Master Gao Yun, Master Bai Yin, Grandmaster Wong Kiew Kit u.a., die die Spontanbewegungen als die Essenz der Qi Gong Praxis erkannt hatten, brachten diesen Stil in die westliche Welt, in die USA, Australien und Europa. Hier lebt er weiter und findet langsam mehr und mehr begeisterte Anwender. Mein Glück war es, diesen Lehrern zu begegnen und von ihnen lernen zu dürfen, wie man diesen freien Fluss der Energie, der den Körper spontan bewegt, in Gang setzt und seiner Kreativität Ausdruck verleiht, wodurch ein Raum entsteht, in dem das Qi in den Körper fließen kann, wo sich der sogenannte Yin und Yang Ausgleich vollzieht, das Qi die Blockaden in den Meridianen durchbricht, und Heilungsimpulse gesetzt werden.

Ich wünsche allen Qi Gong Praktizierenden diese wohltuende Erfahrung. Weiterhin hoffe ich, dass ich alle, noch nicht Qi Gong praktizierende Leser, mit diesem Artikel inspirieren konnte.

 

 

 

 

Über Frithjof Krepp :

Er ist Diplom Pädagoge und arbeitet langjährig als Qi Gong Lehrer und Lehrer für Meridianklopftechniken. Er gibt Wochenendkurse, Spezialkurse in Firmen, für Lehrkräfte, das Heil- und Pflegepersonal in Krankenhäusern und Seminarwochen auf Kreta. Qi Gong unter seiner Leitung wird von den gesetzlichen Krankenkassen mit mindestens 75 € bezuschusst.

www.lebensenergie-coaching.de

Dieser Artikel Qi Gong der Spontanbewegungen: Ein Tanz! – Frithjof Krepp ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.

Durch den Schmerz in die Transformation – Eva Denk

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Wo sich unsere größte Kraft, unsere wahre Seelenessenz, verbirgt, sitzt auch unser größter Schmerz: die Urwunde. In jahrelanger Arbeit mit unzähligen Seelen hat die mediale Astrologin Eva Denk erkannt, dass wir uns diesem Schmerz stellen müssen, um wieder ganz die zu werden, als die wir zu Anbeginn unserer Reise auf Erden gedacht waren.

von Eva Denk

 

 

Als ich begonnen habe, die Urwunde in uns allen und den dahinter liegenden Kern, unsere Seelenessenz, zu erforschen, waren die intensiven Gefühle, die ich selbst in diesem Moment erlebte, meine hauptsächliche Motivation. Ich wollte dadurch meinen schier unerträglichen Schmerzes des Ungeliebtseins und der Ohnmacht, die ich dem Leben gegenüber empfand, lindern. Nach und nach jedoch machte die Suche nach dem „schnellen Trostpflaster“ der erstaunten Erkenntnis Platz, dass all dies, was ich erlebte, dazu diente, mich ein für alle Mal aus dem Drama, der Verletzlichkeit und dem Selbstwertmangel hinaus zu führen, um wieder ganz lebendig und präsent zu sein. Der Weg dahin war beileibe kein Spaziergang, sondern eine Reise in die Abgründe aller verdrängten, „unschönen“ und ungeliebten Anteile und Emotionen in mir.

Schon einige Zeit vor diesem Abstieg in meine eigene Schmerzenshölle bekam ich Botschaften von meiner geistigen Führung, dass viele Menschen, die schon länger auf der Suche nach Befreiung und Erwachen sind, in diesen Zeiten durch einen tiefen Prozess geführt werden, in dessen Folge die Urwunde und damit alle verdrängten Emotionen aufgeschlossen und völlig geheilt würden. Jeder von uns würde mit allem konfrontiert werden, was noch nicht in Liebe sei, damit wir in die Urform unserer Essenz zurückkehren könnten.

Das hörte sich gut an, fand ich. Natürlich wollte ich in die Liebe, wie alle anderen, denen ich davon erzählte. Dennoch waren wir alle überrascht, dass ganz zu lieben bedeutet, erst mal alles anzusehen, was nicht in Liebe ist, und dass der Wunsch, frei von Angst zu sein, durch den tiefen Tunnel aller Urängste führt.

Gerade in der Zeit der heftigsten Transformationsjahre von 2010 bis 2015 ließ der Sturm der Wandlung in mir keinen Stein auf dem anderen. Als Astrologin erkannte ich aufgrund der Konstellationen, worum es ging, und sprach in meinen Vorträgen davon. Tief berührt erfuhr ich, dass so viele von den Seelen, die schon lange auf der Suche sind, die gleiche intensive Transformation durchlebten. In all den herausfordernden Jahren fragte ich mich dennoch unablässig, wozu das Aufschließen unserer tiefsten Ängste notwendig sei. Warum waren gerade wir gebenden Seelen, wir Heiler, Therapeuten, Medien und spirituellen Führer so intensiv herausgefordert? Besonders die Seelen, die so viel an sich gearbeitet hatten, erfuhren plötzlich Lebensumstände, die ihnen so viel abverlangten, dass sie einfach aufgeben wollten. Ist das Universum nur ungerecht?

 

Damit begann meine Reise in die Erforschung, was die Seelenessenz eigentlich ist, warum wir sie nicht einfach fließen lassen können und was die Urgaben, die wir alle haben, blockiert. So kam ich immer mehr an das Thema der Urwunde, die wir alle in uns tragen.

Seit einigen Jahren wird nach und nach diese tiefe Wunde in den Seelen, die bereit für eine Transformation sind, geöffnet, damit die wahre Seelenessenz gelebt werden kann. Es ist für viele eine große Herausforderung, diesen Schmerz, der weit zurückreicht bis zum Moment des Gefühls der Getrenntheit vom Göttlichen, zu ertragen – für manche eine zu große. Denn wenn der innerste Kern berührt und etwas, das lange verschlossen und versteckt war, geöffnet wird, reagiert das ganze System erst mal mit Abwehr und Angst. Am meisten schmerzt dabei unsere Anspannung, die Schutzschichten geschlossen zu halten, damit niemand den weichen Kern entdeckt, der so verletzlich in uns ruht. Dadurch ist es aber auch nicht möglich, den strahlenden inneren Diamanten, den jeder trägt, zu erkennen und ans Licht zu bringen.

 

Wir alle sind jedoch in diesen so spannenden Zeiten hier, um wieder in unsere wahre Essenz zurückzukehren. In vielen Leben haben wir unsere Seelenessenz und unser Grundthema mit der Urwunde, die darüber liegt, bearbeitet und dadurch unseren Seelendiamanten geschliffen. Von allen Seiten mussten wir unsere Fähigkeit in vielen Leben beleuchten und betrachten. Jede Seele hier hat dieses Hin- und Her von Macht und Ohnmacht, Opfer- und Tätersein durchlebt. Immer war es das eine zentrale Grundthema, das uns auf Erden nicht ruhen ließ. Denn unsere größte Sehnsucht ist, das zu leben, wozu wir hierher gekommen sind.

 

Wenn sich der verletzte Kern öffnet

Es gibt nur einen Weg in die Essenz. Dieser führt über das Erkennen und Zulassen der Wunde, die sie verdeckt. Erst wenn du bereit bist, diesen Schmerz auszuhalten, startet die Transformation. Da wir uns gewöhnlich jedoch nicht freiwillig voller Enthusiasmus ins Feuer werfen und gegen die Öffnung unseres verletzten Kerns beträchtlichen Widerstand leisten, findet unsere Seele Wege, diese Bewegung in uns über Situationen und Menschen auszulösen. Wenn dein Sein bereit ist, wird der Druck immer stärker, bis die Mauer schließlich fällt. Als erste Reaktion sind wir aber meist völlig im Schock über die tiefen Gefühle von Ohnmacht und Angst, die dadurch ausgelöst werden. Diese meist überraschende Öffnung des Panzers über dieser Urerfahrung ist für jeden gleich in seiner Wirkung auf das ganze emotionale System. Denn wir sind kollektiv verbunden an die Erdenerfahrung von Unwertigkeit und Versagen.

Wenn der Orkan der Wandlung wütet, kannst du nicht viel tun. Dann geht es nur noch um das Zulassen all der Gefühle, die dabei nach oben gespült werden. Etwas in deiner Seele hat diese Zeit gewählt, alles hervor und heim zu holen, was du sorgsam versteckt und verdrängt hast. Du kommst nicht aus, gleichgültig wie viel Intelligenz, Therapiestunden und Widerstand du dagegen setzt – es muss und darf geschehen. Am wichtigsten ist dabei als erstes, dich hinauszunehmen aus all den Vorstellungen, die andere von dir haben, aus allen Idealen, allen Täuschungen. Der Weg ist, die Irrwege zu erkennen und dich auszurichten auf das, was du in Wahrheit bist.

Oft bist du mit deiner Verwirrung und dem Seelenschmerz zunächst allein, denn dein Umfeld kann nur schwer nachvollziehen, was gerade geschieht. Jeder hat ein anderes Thema ,und viele Menschen in deinem Umfeld werden deinen individuellen Auslöser für solch starke Emotionen etwas übertrieben finden. Gleichzeitig wird ihr eigener Schmerzkörper bei einem völlig anderen Geschehen ebenso heftig toben. Da wirst du sagen: Wegen dieser Lappalie?

Doch wenn jemand oder eine Situation den Kern in dir berührt, dann ist alles wieder da, all der Schmerz über die Getrenntheit, den Verlust des Zuhauses, der Verlust von Liebe und Selbstwert, die Vertreibung aus dem Paradies… Die Angst vor dem Schmerz ist anfangs meist so groß, dass wir alles tun, um diesen verletzten Kern zu schützen. Doch der Schutz wird immer mehr zum Gefängnis, in dem wir unlebendig und voller Angst dahin darben. Ein lebendiger, sich nach Freiheit sehnender Anteil in uns treibt uns dann gnadenlos und bestimmt in die Wahrheit.

Jeder öffnet nun die Urwunde in seinen Schritten. Das geschieht nicht auf einmal, sondern wie in Wellen. Dir wird genauso viel an Situationen zur Verfügung gestellt, wie deine Seele zulässt und du Widerstand und Verdrängung aufgibst. Immer wieder neigen wir dazu, Strategien oder Erklärungen aufzubauen, um uns nicht tief berühren zu lassen. Zu groß ist unsere Angst vor dem Urschmerz des Menschseins. Doch die Wunde wird erst gespürt durch das Fühlen… Nur, wenn du nach und nach aufgibst und den Verstand und die Kontrolle loslässt, kannst du deine innere Wahrheit fühlen.

Wenn die Transformation dann startet, fühlst du dich vielleicht erst einmal, als wärst du dem Schicksal ausgeliefert und unfähig, dich frei zu entscheiden. Du hast scheinbar den Schlüssel zum eigenen Willen verloren. Doch es geht nun um das ganze Fühlen des Traumas. Du musst deine Sehnsucht nach der Heimat nochmals tief empfinden und alles, was das Urgeschehen beinhaltet, nochmals aufbereiten mit allem, was da ist an Angst, Verzweiflung, Einsamkeit, Unfreiheit. Denn dein Gefühl der Trennung vom All-Eins-Sein überschattet deine Liebe zu allem, was ist – und somit auch zu dir selbst.

 

ES IST ZEIT, HEIMZUKEHREN

Wichtig ist, zu wissen, dass die Emotionen, die wir im Laufe unserer Transformation in diesem Leben erfahren, ein Echo der Emotionen sind, die wir in all unseren Leben immer wieder erfahren haben. Das ist auch der Grund, warum sich vermeintlich kleine Konfrontationen im Moment viel schlimmer und tiefer für uns anfühlen, als es von außen scheint. Wir erfahren es, als würden wir jetzt „wieder“ ausgestoßen, ermordet oder denunziert.

Der Schlüssel, diese heftigen Emotionen zu transformieren, besteht darin, durch all unsere Grundaufgaben noch einmal hindurchzugehen – dieses Mal jedoch aus der bedingungslosen Liebe zu uns und unserem Weg auf Erden. Wir alle haben enorm viele „alte“ Energien in den Zellen und unserem System eingelagert. Mit Hilfe unserer Urfrequenz, der bedingungslosen Liebe, können wir sie nun entlassen.

Dabei findet ein Prozess statt, der uns rückhaltlos unterstützt in der Auflösung dieser alten Strukturen und Muster und der uns in ein neues freies Sein führen möchte. Es steht ein Plan dahinter, der uns seit Jahrtausenden genau hierher geführt hat. Die Wandlung greift in unser aller Leben und in unsere Energiesysteme ein. Die Schwingungsveränderungen tilgen nach und nach alles, was uns beschwert und behindert, um unsere Zellen von allem Ballast zu befreien, so dass wir die freien Menschen in ihrer Essenz werden können, als die wir gedacht sind.

Mehr und mehr Seelen öffnen sich dem großen Wandlungsprozess hier auf Erden. Nun ist es Zeit, einander zu erkennen als das, was wir sind. Denn erst die Wahrheit über unseren gemeinsamen Weg öffnet ungeahnte Möglichkeiten des Ausdrucks unserer individuellen Aufgaben.

Wir sind die Erbauer der neuen Erde. Unsere Ausrichtung, unser Blick auf das, was ist, verändert DAS WAS IST.

Wenn sich die Herzen in der Wahrheit dessen, was sie sind, erkennen, beginnt der Himmel auf Erden, nach dem wir uns so sehnen.

Wenn du wieder in deiner Essenz ankommst und fühlst, dass du eingebunden bist in den großen Kreis der Wesen, dann bist du genau da, von wo aus du im Grunde am Anbeginn deiner Inkarnationsreise auf Erden gestartet bist, nämlich in deiner Essenz. Du bist im Fluss und ganz im Hier und Jetzt. Wenn du wieder einverstanden bist mit deinem Sein auf Erden, stellt dies einen wesentlichen Unterschied dar. Du kannst ihn nur erfahren, wenn du den Mut hast, alles zu lösen, was dieses freie Schwingen in allen Ebenen in dir behindert.

 

Buchtipp:

Eva Denk: Seelenessenz & Urwunde: Heimkehr in dein wahres Selbst
Verlag: SALIMUTRA Verlag
Umfang: 236 Seiten, broschiert und Kindle Edition
Preis: 17,90€
ISBN: 978-3981882001

Hier beim Verlag bestellen!

 

 

 

 

Über Eva Denk:

Die mediale Astrologin Eva Denk hat sich gemeinsam mit Klangheiler Christopher Amrhein sieben Jahre lang der Erforschung der zwölf verschiedenen Seelenessenzen sowie der Urwunde gewidmet. Mit ihren Erfahrungen und Erkenntnissen wollen sie als Gruppe SALIMUTRA den Menschen helfen, wieder in die eigene Kraft zu kommen, indem sie ihnen ihre Uressenz und ihren Seelenplan erfahrbar machen.

www.evadenk.de  

www.salimutra.de

Dieser Artikel Durch den Schmerz in die Transformation – Eva Denk ist zuerst auf MYSTICA.TV erschienen.

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